Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Gabelbod>: Verbreitung. Lebensweiſe. Nahrung. : 425

großgezogen. Kaum ein Tag iſt vergangen, ohne daß ſie in Sicht meines Hauſes vorübergegangen oder um zu trinken zu dem etwa 100 Schritt von meiner Wohnung entfernten Waſſer gekommen wären. Es war niht eben ſchwierig, ſie bei leßterwähnter Gelegenheit mit einem Coltſchen Revolver zu erlegen. Sie erſchienen in Rudeln von 6—®8 oder in Herden, welche mehrere Hunderte zählten.

„Von 1. September an bis zum 1. März bemerkt man ſie ſtets in zahlreiheren Geſellſhaften und zwar in ſolchen, welche von den Böcken, Tieren und Kälbern gemeinſchaſtlih gebildet werden. Gegen das Ende der angegebenen Zeit ſondern ſih, eine nah der andern, die Geißen, um zu ſeßen; geraume Zeit ſpäter vereinigen ſie ſih wieder mit anderen Muttextieren und deren Kälbchen, möglicherweiſe zu gemeinſchaftliher Abwehr des Heulwolfes. Die alten Böe treiben ſi< mittlerweile einſam oder höchſtens zu zweien umher und überlaſſen die jüngeren ihres und des weiblichen Geſchlechtes, welche zuſammen eigene Nudel bilden, ihrem Schi>ſale. Fene wandern nun, ſcheinbar weltmüde und der Geſellſchaft überdrüſſig, einen oder zwei Monate lang und beſuchen dabei Gegenden, in denen man ſie im Laufe des übrigen Jahres niht zu ſchen bekommt. Nach 2 oder 8 Monaten vereinigen ſih die jüngeren Böke wiederum mit den alten Tieren und deren Kälbern, und endlih finden ſi< auh die alten Böe bei jenen ein, ſo daß man vom 1. September an ebenſogut Herden von Hunderten wie ſolche von Tauſenden beobachten kann. Kein Rudel aber verläßt die Stätte ſeiner Geburt, und niemals wechſelt es weiter als auf einige Meilen. Jin Sommer zieht es dem Waſſer nah und kommt dann regelmäßig einmal im Laufe des Tages oder zweimal innerhalb dreier Tage zur Tränke; wenn es aber friſches Grünfutter gibt, trinken die Gabelbö>e gar niht, und dies iſt der Fall im weitaus größeren Teile des Jahres. Selbſt zu Zeiten, in denen man weit und breit kein grünes Hälmchen oder BlättGen mehr gewahrt, habe ih zu meiner größten Überraſhung den Wanſt der Tiere mit Grünfutter gefüllt gefunden.“

Die Äſung des Gabelbo>es beſteht, wie wir ſhon durch die früheren Beobachter wiſſen, hauptſähli<h aus dem furzen, ſaftigen Graſe der Prairie, aus Kräutern, Moos und vielleiht Gezweige. Salziges Waſſer oder reines Salz lieben die Gabelböcke, wie die meiſten übrigen Wiederkäuer ganz außerordentlich, und man ſieht ſie daher in der Nähe ſalzhaltiger Stellen mit beſonderer Vorliebe ihren Stand nehmen, auh um die Sulzen herum, nachdem ſie ſi ſatt gele>t haben, ſtundenlang der Ruhe pflegen. Erſt der Hunger, ſo ſcheint es, treibt ſie wieder von dannen. Bei guter Weide werden ſie im Herbſte ſehr feiſt, leiden dagegen im Winter oft große Not, wenn der Schnee fußho<h ihren Weidegrund de>t und ſie ſih mit der ſpärli<hſten Nahrung begnügen müſſen. Unter ſol<hen Umſtänden kommen ſie raſh vom Leibe, weil ſie das Laufen im Schnee ermattet, und oft genug gehen ſie erbärmli<h zu Grunde.

Alle Beobachter ſtimmen überein in der Bewunderung der Schnelligkeit und Behendigreit der Gabelbö>e. Wenn auch vielleiht von einzelnen Antilopen überboten, ſtehen ſie doch unter den Tieren der Prairie unübertroffen da. Leicht und gewandt, mit den hohen Läufen weit ausgreifend und dabei an Ausdauer jedes andere amerikaniſche Säugetier beſchämend, „Jagen ſie wie der Sturmwind über die Ebene dahin“. Zwar hat ihr Schritt, laut Finch, etwas Shhleppendes, und macht ihre gewöhnliche Gangart, ein kurzer Paß, wegen der dabei erfolgenden Senkung des Kopfes ihre Erſcheinung zu einer wenig anmutigen, um ſo ſchöner aber nehmen ſie ſi< aus, wenn ſie flüchtig dahinſtürmen. „Eine aufgeſcheuchte Herde von Gabelbö>en“, ſagt der leßtgenannte Beobachter, „gewährt ein unvergleichliches und für alle Zeiten unvergeßliches Bild.“ Die Tiere bewegen ſich, längs der Hügel dahineilend, bergauf oder bergab mit derſelben Gewandtheit und Sicherheit wie auf der Ebene und ſchnellen, nah Audubons Ausdru>, ihre vorderen Läufe ſo raſh nacheinander auf den