Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Elch: Lebensweiſe. Nahrung. Weſen. 441
hatten.“ Auch von Meyerin> bemerkt: „Getreidefelder beſuchen ſie gar niht, au< Kartoffeln und andere Feld- und Baumfrüchte nehmen ſie niht. Sie nähren ſi<h von Weiden: werft, den kleinen Torfweiden, Heide- und Heidelbeerkraut, Kiefernadeln und ſogar von Kien- oder Sumpfporſt (Ledum palustre), welches Gewächs ſonſt von keiner Wildart angerührt wird. Den Feldern ſchaden ſie höchſtens einmal dadurt, daß ſie zufällig dur< das Getreide wechſeln und mit ihren großen Fährten dasſelbe niedertreten.“ Nach den Mitteilungen meiner Fbenhorſter Gewährsmänner behält Wangenheim re<t. Junge Saat nimmt der El< allerdings ebenſowenig wie in den Ähren ſtehendes Getreide, wohl aber leßteres, während es ſchoßt, den Hafer, während ex in Milch ſteht. Dem entſprehend beſuht er Getreidefelder im Mai und Juni ſehr regelmäßig, wogegen er ſie früher oder ſpäter niht betritt. Die Angabe von Meyerin>s, daß unſer Tier auh Kienporſt angehe, ſcheint nah Anſicht der Jbenhorſter Forſtleute irrig zu ſein, da keiner von dieſen eine dieſelbe beſtätigende Wahrnehmung gemacht zu haben verſichert. Falls der El<h Weidenſchößlinge in genügender Menge und Auswahl haben kann, äſt er ſi< oft aus\{ließlih von dieſen: den Wanſt der vom Prinzen Friedrich Karl von Preußen und von Meyerin> erlegten Elchhirſhe fand man einzig und allein mit zermalmten Blättern und Holzfaſern des Weidits angefüllt.
Jn Oſtſibirien äſt der Elch hauptſählih von den niedrigen Gebüſchen der Zwerg- und Buſchbirke, mit beſonderer Le>erhaftigkeit aber auh von den fleiſhigen Wurzeln einiger Waſſerpflanzen, denen zuliebe er im Sommer zu den Thalſeen herabſteigt, und welche er tauchend gewinnen muß. Ähnlich verfährt er auh in Fbenhorſt, um ſi einzelner im Waſſer ſtehender Pflanzen zu bemäthtigen. Graſend zu äſen, wie andere Hirſche thun, vermag er niht, weil ihn die lange, ſ{<lotternde Oberlippe daran hindert, wohl aber iſt er im ſtande, ebenſo -wie ſchoſſendes Getreide, höhere Grashalme abzupflü>en. Hierzu wie zum Abbrechen von Gezweigen weiß er ſeine rüſſelförmige Hängelippe ſehr geſhi>t zu gebrauhen. Beim Abrinden ſett er ſeine Schneidezähne wie einen Meißel ein, ſchält ein Stü>chen Rinde los, pat dieſes mit den Zähnen und Lippen und reißt dann nath oben zu lange Streifen der Ninde ab. Höhere Stangen biegt er mit dem Kopfe nieder und bricht dann die Kronen ab; hierbei bevorzugt er, wie leicht erklärlich, alle ſaftrindigen Bäume und Geſträuche, als da ſind Eſpe, Eſche, Weide und Pappel, derart, daß er nicht ſelten ſelbſt ſehr ſtarke Eſpen no vollſtändig entrindet. Unter den Nadelbäumen zieht er die Kiefer allen übrigen vor, wogegen er die Fihte nur im höchſten Notfalle angeht. Fn Jbenhorſt kümmert er \ih fo wenig um die Waldarbeiter, daß er während deren Gegenwart auf friſchen Kieferſhlägen ſih einfindet, um die Nadeln der gefällten Bäume zu verzehren. Wie man beobachtet hat, liebt er, wohl ſhon der Bequemlichkeit halber, das Gezweige der Fallbäume mehr als das vom Winde abgebrochener Äſte, weshalb man, ihm zu Gefallen, im Winter in regelmäßigen Zeiträumen größere Kiefern zu werfen pflegt. Selbſt mehr als fingerdi>e Zweige vermag er auSzunußen; er zermalmt dieſelben ſo vollſtändig, daß man in der Loſung ſtets nur ſehr fein zerſhrotene Holzfaſern findet. Waſſer zum Trinken iſt ihm jederzeit Bedürfnis, und er bedarf davon viel, um ſi< zu ſättigen.
Die Bewegungen des Elentieres ſind weit weniger ebenmäßig und leicht als die des Edelwildes. Es vermag niht anhaltend flüchtig zu ſein, trollt aber ſehr ſ{<nell und mit unglaublicher Ausdauer; manche Schriftſteller behaupten, daß es in einem Tage 30 Meilen zurüclegen könne. Beim Sichtbarwerden eines Menſchen oder vor dem Nehmen eines Hinderniſſes pflegt es einen Augenbli> Halt zu machen und dann erſt weiterzugehen, bei Gefahr ſi ſelten zurü>zuwenden, vielmehr mit derſelben Gemächlichkeit wie früher fortzutrollen,
Eine höchſt ſonderbare Bewegungsart in waſſerreichen Mooren ſchildert Wangenheim. Der Elch läßt ſich da, wo der Boden ihn niht mehr tragen kann, wenn er läuft, auf die