Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
442 __ Elfte Ordnung: Paarzeher; fünfte Familie: Hirſche.
Heſſen nieder, ſtre>t die Vorderläuſe gerade vorwärts aus, greift mit den Schalen ein, ſtemmt mit den Heſſen nach, und gleitet ſo über die ſ<hlammige Fläche; da, wo dieſe ganz __ſhlotterig iſt, legt er ſich ſogar auf die Seite und hilft ſi< dur<h Schlagen und Schnellen mit den Läufen fort. Ramonath verſichert, dasſelbe wiederholt geſehen zu haben, und beſtätigt Wangenheims Mitteilungen in jeder Beziehung. „Jn gar zu grundloſen Sünpfen“, bemerkt O. von Loewis hierzu, „bleibt der Elen übrigens zuweilen doch jämmerlich ſte>den. So verſank im April des Jahres 1866 auf dem Gute Ohlershof in Livland ein ſtarker Hirſh derartig im Schlamme eines abgelaſſenen Sees, daß herzukommende Leute ihn mit Stricken anbinden konnten, hierauf mit vieler Mühe herauszogen und auf das Gehöft brachten, woſelbſt er ſodann 3 Wochen lang in einem Pferdeſtalle gehalten wurde.“ Gefährli<h werden ihm insbeſondere ſ<hlammige Stellen mit ſteilen Ufern, deren Höhe er mit den Vorderläufen niht erreichen kann, wogegen er auch ſolche Hinderniſſe leiht überwindet, wenn er die Vorderläuſe zuſammengekni>t auf niht na<hgebendes Erdreich legen kann, worauf er dann den Leib ohne ſonderliche Anſtrengung nachzieht und damit wieder feſten Boden gewinnt. Jm Schwimmen iſt der Elch Meiſter. Er geht niht bloß aus Not in das Waſſer, ſondern wie manche Rinderarten zu eigener Luſt und Freude, um ſih zu baden und zu kühlen, ſucht au< in Oſtſibirien die tieferen Gebirgs\{<hlu<ten auf, in denen der Schnee lange liegen bleibt, um ſi auf dieſem herumzuwälzen. Auf glattem, ſhneefreiem Eiſe kann er nicht lange gehen, und wenn er auf dem glatten Spiegel einmal gefallen iſt, tommt ex nur ſehr ſ{hwer wieder auf die Läufe.
Anfänglich, ſo verſichern meine Jbenhorſter Freunde, läuft unſer Hirſh auh auf glattem Eiſe re<t gut, bald aber „erwärmen ſih“ oder, was wohl richtiger ſein dürfte, erweichen die Schalen ſeiner Hufe, und dann ſtürzt er ſehr leiht und öfters nacheinander. Während des Trollens vernimmt man ein hörbares Anſchlagen der Afterklauen an die Ballen; dieſes Geräuſch nennt der Weidmann „Schellen“. Bei eiligem Laufe legt der Elhhirſ{ das Geweih faſt wagereht zurü> und hebt die Naſe hoh in die Höhe; deshalb ſtrauchelt er öfters und fällt auh leiht nieder; dann zu>t er, um ſi< wieder aufzuhelfen, in eigentümlicher Weiſe mit den Läufen und greift namentlih mit den Hinterläufen weit nah vorwärts. Hierauf gründet ſih die Fabel, daß das Tier an der Fallſucht leide. Ein Elentier, welches einmal im Laufe iſt, läßt ſih dur<h nichts beirren, weder dur< das Dickicht des Waldes, no< dur< Seen oder Flüſſe, no< dur<h Sümpfe, welche vor ihm liegen. Die Fährte macht den Eindru>, „als wenn ſie ein großer, ſhwerer Maſtochſe hinterlaſſen hätte“, und hat auch inſofern etwas Eigentümliches, als es keine ſicheren Merfmale gibt, um die Fährten der Hirſche von denen der Tiere zu unterſcheiden. Nach Axt kennzeichnet ſich allerdings auch die Fährte des Elchhirſches durch ihre rundere, mehr zuſammengedrü>te Form, wogegen die des Tieres länglicher und mehr eigeſtaltig iſt; es gehört jedo<h ein ungemein geübtes Auge dazu, um dieſe wenig bemerklihen Unterſchiede herauszufinden, um ſo mehr, als die Schalen ſelten gänzlih unverleßt, vielmehr in der Regel vorn und ſeitlih abgeſtoßen oder ſonſtwie verunſtaltet ſind.
Der Elch vernimmt ausgezeihnet, äugt und wittert oder windet aber weniger gut. Hinſichtlich ſeiner geiſtigen Fähigkeiten ſcheint ex ſein plumpes und dummes Ausſehen niht Lügen zu ſtrafen. Seine Handlungen deuten auf geringen Verſtand. Er iſt wenig ſeu und noch viel weniger vorſichtig, lernt kaum wirklihe Gefahr von bloß eingebildeter zu unterſcheiden, betrachtet ſeine Umgebung im ganzen teilnahmlos, fügt ſi< nur ſchwer in veränderte Verhältniſſe und bekundet überhaupt ein wenig bildſames Weſen. Seine geſelligen Eigenſchaften ſind in keiner Weiſe entwi>elt; von einem feſten Zuſammenhalte des Nudels bemerkt man nichts: jedes einzelne Stü handelt vielmehr na< eigenem Ermeſſen, und nur das Kalb folgt ſeiner Mutter, nicht aber das geſamte Nudel einem Leittiere, wie