Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
444 Elfte Drdnung: Paarzeher; fünfte Familie: Hirſche.
unterſhäßenden Waffen genügt, um einen Wolf für immer niederzuſtre>en oder ihn doch lendenlahm zu machen. Für dieſe Annahme liefern ſelbſt die Jbenhorſter Elche dann und wann überzeugende Belege. So wurde vor mehreren Fahren der Hund eines dortigen Forſt beamten, angeſichts ſeines Herrn, von einem alten Elchtiere, welches aus der bena<hbarten Feldmark zurü>getrieben werden ſollte, angenommen, verfolgt und, da ex in dem tiefen Schnee niht raſh genug flüchten konnte, bald eingeholt, zu Boden geſchlagen und auh nunmehr no< mit den Schalen der Vorderläufe ſo heftig bearbeitet, daß er binnen wenigen Minuten zu einer unförmlichen Maſſe geworden war. Alte Tiere mit Kälbern ſind regelmäßig angriffluſtiger als die Hirſche; aber auch dieſe nehmen, namentli<h in der Brunſtzeit, den Menſchen an. Dies erfuhr unter anderen der Jbenhorſter Forſtwart Müller, als er im September 1873 mit ſeinem Hunde über die Wieſen der tieferen Stellen des Forſtreviers ging. Ohne von dem Manne und ſeinem Hunde gereizt worden zu ſein, näherte ſich ihm ein ſtarker Elhhirſh, nahm ihn in der niht zu verkennenden Abſicht, ihm den Garaus zu machen, ohne weiteres an, zwang ihn unter einem auf erhöhten Roſten ſtehenden Heuhaufen Schuß zu ſuchen, belagerte 1hn hier, verfolgte ihn, als er ſi, von einem Heuhaufen zum anderen flüchtend, zu retten ſuchte, bis vor die Thüre eines Hauſes, welches er ſ{<hließli< glülih erreicht hatte, und wollte ſih ſelbſt von hier niht verjagen laſſen. Wahrſcheinlich erregte au< in dieſem Falle der unſeren Forſtwart begleitende Hund den Zorn des Elchhirſhes; es ſind jedo<h Fälle bekannt, daß auh niht von Hunden begleitete Männer von ergrimmten Elchen angenommen wurden. Nach Verſicherung Ramonaths ſoll man dem verfolgenden Elchhirſche übrigens verhältnismäßig leicht und zwar dadurch entgehen tönnen, daß man bei jedem von ihm unternommenen Angriffe raſh zur Seite ſpringt.
Abgeſehen von Raubtieren und läſtigen Shmaroßzern bekümmert ſich der Elh um andere Tiere ſehr wenig. Gleichwohl geſchieht es zuweilen, daß er ſih bei Rinderherden einfindet. So kamen, wie Radde mitteilt im Spätherbſte des Jahres 1851 ſe<s Elentiere an den Tarai-nor und geſellten ſi< zu Rinderherden, mit denen ſie einige Tage friedlih äſten. Beunruhigt dur< die Bewohner der Steppen, welche ſolche Tiere niemals geſehen hatten, kehrten ſie auf demſelben Wege, den ſie beim Kommen eingeſchlagen, wieder zurü>, hielten ſih noch einige Zeit bei der Grenzwaht Duruluginsk auf und wanderten ſodann von hier aus in die Wälder. Anfang September 1867 trug ſih im Jbenhorſter Forſte eine ähnliche Geſchichte zu. Eines Nachmittags ſieht der das Vieh beaufſihtigende Hirt aus dem bena<barten, etwa 800 Schritt entfernten Walde einen ſtarken Elchhirſh hervortreten und ſ{<nurſtra>s auf ſeine Kuhherde lostrollen. Als derſelbe ſih genähert hat, bemerkt ihn der Herdenſtier, ſtürmt auf den Fremdling los und greift ihn an. Ein gewaltiger Kampf entſpinnt ſich; denn der dur die gerade ſtattfindende Brunft aufs höhſte erregte Elhhirſ<h nimmt die Herausforderung an. Bald hat er den Sieg errungen und den Bullen zu Boden geworfen. Und nunmehr forkelt er den geſchlagenen Feind unter lautem Gebrülle, das Geſchrei des Hirten niht beahtend, ſo unbarmherzig in die Rippen, daß dieſer nicht im ſtande iſt, wieder auf die Beine zu kommen. Der Hirt läuft nah dem benachbarten Gehöfte, um Hilfe zu holen; aber auh noc, als mehrere Menſchen hinzukommen und gemeinſchaftlich ſchreien und lärmen, läßt ſich der Elchhirſh nicht abhalten, den Bullen mit ſeinem Geweihe weiter zu bearbeiten, und erſt, als er wahrnimmt, daß der unvorſihtige Angreifer gedemütigt, erſhöpft und wehrlos am Boden liegt, entfernt er ſich ſiegesſtolz und ruhig, um nah demſelben Walde, aus welchem er erſchienen, zurückzukehren. Der Bulle war arg zerſtoßen und hatte mehrere ſhwere Verlezungen davongetragen.
Jung eingefangene Elche werden zahm und können ſelbſt zum Aus- und Eingehen gebracht werden; bei uns halten ſie jedo<h die Gefangenſchaft ſelten längere Zeit aus. Jn Schweden ſollen früher gefangene ſo weit abgerichtet worden ſein, daß man ſie zum Ziehen