Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Elch: Angriffe. Zähmbarkeit. Gefangenleben. 445
der Sllitten verwenden konnte; ein Geſeß verbot aber derartige Zugtiere, „weil deren Schnelligkeit und Ausdauer die Verfolgung von Verbrehern unmögli<h gemacht haben könnte“. Spätere Verſuche, Elche zu Haustieren zu gewinnen, ſind geſcheitert. Die Jungen ſchienen zwar anfangs zu gedeihen, magerten aber ſpäter mehr und mehr ab und ſtarben regelmäßig bald dahin.
Ein junger El<h, welchen ih im Berliner Tiergarten ſah, war von Ulrich in den Zbenhorſter Waldungen verlaſſen aufgefunden uud aufgezogen worden. „Das Tier“, ſagt A. Müller, welcher von Ulrich ſelbſt berihtet wurde, „wuhs heran, lief den Menſchen nah wie ein zahmer Hammel und le>te ſeinem Herrn beim Wiederſehen zärtlichſt Hand und Geſicht. Für den Garten, in welchen es anfangs nurx zur Geſellſchaft ging, entwi>elte der junge Elch bald eine beſondere Teilnahme, da ihm, nahdem er der Amme entwachſen war, auch die Nüglichkeit ſolher Anlagen einleuhtend wurde. Da ſi< bald der Garten vor ihm ſ{loß, ſprang er gewandt über den Zaun. Dieſer wurde bis gegen 2 m erhöht; aber au dieſe Probe beſtanden ſeine wohlgeratenen Glieder. Wenn ſein Herr in den Forſt ging, mochte er ihn gern begleiten und mußte oft gewaltſam zurückgetrieben werden. Einſt wurde ihm geſtattet, mitzugehen. Er folgte kreuz und quer und fand im Walde auch ſeinesgleichen. Die fah er aufmerkſam an, und ſie ſchienen ihn auch lebhaft anzuregen; jedo< gefiel es ihm beim Herrn Oberförſter beſſer, und er kehrte getreulih mit ihm aus dem Walde zurü>.“ Über die weiteren Schi>fſale dieſes Elches berihtet Bolle: „Anfang Februar 1861 fam er wohlbehalten in Berlin an und wurde in einem Gehege untergebracht, welches ihm Bewegung geſtattete. Man hielt ihn möglichſt nah den gegebenen Vorſchriften, und er befand ſich dabei bis gegen den Sommer hin anſcheinend wohl. Als die erſte Hiße kam, ſcien ihm dies unbehaglih, obwohl er niht förmlich erkrankte. Überhaupt iſ das Tier, ſeinem Benehmen nach zu ſchließen, bis ganz kurz vor ſeinem Tode nicht krank geweſen. Es erlag der erſten Krankheit, welche es befiel.“
Ähnliches habe ih ſpäter bei mehreren von mir in Gefangenſchaft gehaltenen Elentieren ebenfalls erfahren. Das erſte, welches unter meine Pflege kam, ſtammte aus Schweden und berechtigte bei ſeiner Ankunft durchaus nicht zu erfreulihen Hoffnungen für die Zukunft. Der ausgeſuchteſten Pflege ungeachtet kränkelte es fortwährend, und wenn ih wirfli<h einmal glaubte, es herausgefüttert zu haben, fiel es immer bald wieder ab. Daß daë Tier unter ſolhen Umſtänden ſeinem Ende mit Rieſenſchritten entgegeneilte, konnte kaum zweifelhaft ſein. Lange Zeit zerſann ih mir den Kopf, wie dem armen Geſchöpfe wohl zu helfen: endlich fam mir der Gedanke, daß die Gefangenenkoſt, welche wir bisher gereicht, dur< einen Zuſaß von Gerbſtoff nur verbeſſert werden könnte. Der Gedanke wurde ausgeführt und — unſer Elch fraß von Stund an ohne Widerſtreben, ja ohne Auswahl das ihm vorgeworfene Futter, beſſerte ſih fortan in jeder Hinſicht und befand ſi< ſo wohl, als ein derartiges Tier überhaupt in der Gefangenſchaft ſih befinden kann. Niemals habe ih geſehen, daß er auh nur ein Hälmchen Gras abgebiſſen hätte; es wird ihm ſ<on ſ{<wer, das auf den Boden geworfene, abgeſchnittene Futter zu ſih zu nehmen, weshalb ihm auh ſeine Nahrung in einer ziemli<h hoh an der Wand befeſtigten Krippe verabreiht werden muß.
Die Umhegung, in welcher man einen Elch hält, muß hoh ſein; denn ungeachtet der Plumpheit aller ſeiner Bewegungen ſett er ohne Beſchwerde über eine Wand von 2 m Höhe hinweg, nimmt dazu niht einmal einen Anlauf. Ex geht ruhig bis an die betreffende Um¿äunung, ſtellt ſi< plößlih auf die Hinterläufe, hebt die vorderen zuſammengebogen über das Gitter weg und wirft ſi< nun gemächli<h nach vorn, die langen Hinterläufe nah ſih ziehend. Mein Gefangener verließ wiederholt ſeinen Pferch, um im benachbarten Gebüſche des Gartens zu weiden. Es würde ihm leiht geweſen ſein ſein, auh die Umhegung des Gartens ſelbſt zu überſpringen; daran date er jedoh nie. Gewöhnlith legte er ih ruhig