Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

470 Elfte Ordnung: Paarzeher; fünfte Familie: Hirſche.

des Bildungsgeſeßes bedingende Abweichungen angeſehen werden. Die Hauptſtange hat anfangs nur eine einzige, gleihmäßige und ſ{<wache Krümmung; dann erhält ſie eine plößliche, Énieförmige Biegung an der Stelle, wo die Mittelſproſſe entſteht, na< rü>wärts, während die Spize immer na< innen gerichtet bleibt. Eine zweite knieförmige Biegung erhält ſie in der Krone des Zwölf:Enders: ſie biegt ſich wieder rü>wärts und mat am Fuße der Krone einen Winkel; eine dritte tritt beim Vierzehn-Endexr, eine vierte beim Zwanzig-Ender immer höher hinauf in der Krone ein, während die Spiße oder Außenſeite ſi<h na< innen fehrt. Jede dieſer Biegungen bleibt für alle folgenden Entwi>elungsſtufen als Grundlage. Ebenſo auffallend iſt die Veränderung der Augenſproſſe im Verlaufe der Entwickelung. Zuerſt ſteht ſie ziemli<h hoch, ſpäter tritt ſie der Roſe immer näher. Anfangs macht ſie mit der Hauptſtange einen ſpißen Winkel, ſpäter vergrößert ſih dieſer immer mehr. Ähnliche Veränderungen gehen die Mittelſproſſe, die Eisſproſſe und die Krone ein.

„Der Spießhirſh trägt ſ{<lanke und zerteilte Hauptſtangen mit gleihmäßiger Krümmung nah außen, ohne alle knieförmige Biegung; die Spigen ſind wieder nah innen gerichtet. Dex Gabelhirſch hat an einer entſprechenden Hauptſtange ſchwache, aufwärtsſtrebende, von der Nofe ſehr entfernte Augenſproſſen. Beim Sehs-Ender hat die im ganzen no< ähnlih gebogene Hauptſtange gegen die Mitte eine plößliche, knieförmige Biegung; ihre beiden Hälften verlaufen in untergeordneten, nah hinten gekrümmten Bogen; an dem nah vorn gekehrten Knie ſteht die aufſtrebende, hwache Mittelſproſſe; die Augenjſproſſe hat ſi<h mehr geſenkt. Sowie an einer Stange, kann auch an beiden die Mittelſproſſe fehlen: dann hätte man der Form nah einen Sechs-Ender, welcher jagdmäßig als Gabelhirſch zählen würde; fehlt au< die Augenſproſſe, ſo hätte man einen Spießer, den man der Form nah als SechsEndex anſprechen müßte. Beim Acht-Ender tritt eine Endgabel zur Augen- und Mittelſproſſe, welche ſtärker und mehr ſenkrecht geſtellt find. Auch hier ſind die Nebenſproſſen offt nur dur< die Winkelbildung der Hauptſtange angedeutet: man kann der Form nah Acht-Ender haben, welche jagdmäßig nur als Se<s-Ender angeſprochen werden dürften. Beim ZehnEnder tritt zum erſtenmal die Eisſproſſe oder zweite Augenſproſſe auf; ſie kann aber auh durch eine bloße ſcharfe Kante an der Hauptſtange angedeutet ſein: dann hat man AchtEnder, welche als Zehn-Ender angeſprochen werden müſſen. Nun kann auch die äußere Gabelſproſſe verkümmern: dann hat man Se<hs-Ender, anſtatt der Zehn-Ender;z ja es kann vorfommen, daß auch die Mittelſproſſe verkümmert, und man hat Gabelhirſche, welche tierkundlih als Zehn-Ender angeſprohen werden müſſen. Beim Zwölf:-Ender zeigt ſih zum erſtenmal die Krone. Die Hauptſtange tritt rü>wärts knieförmig heraus, mit der Spiße nah innen getehrt. Hier liegen zuerſt niht mehr alle Enden in einer und derſelben gleihmäßig gefrümmten Fläche; das Ende der Hauptſtange ma<ht durch die zweite knieförmige Biegung eine Ausnahme. Es tritt mit den beiden Enden der Gabel des Hornes von der unzerteilten Oberhälfte der Hauptſtange in einem und demſelben Punkte hervor, und dies bedingt das Gepräge der Krone.

„Hier treten oft Verkümmerungen auf. Am häufigſten fehlen die Eisſproſſen: dadur<h entſtehen die ſogenannten Kronen-Zehner, welhe mit vollem Rechte tierkundlih als Zwölf Ender angeſprochen werden; es fehlt auh die äußere Nebenſproſſe der Gabel, der Gipfel des Geweihes iſt dann wieder eine Gabel; allein die Enden liegen noch in einer und derſelben gleihmäßig gekrümmten Fläche: auh ſolche Zehner müſſen als Zwölfer gelten. Die Verkümmerung fann ſo weit gehen, daß Hirſche jagdmäßig als Sehs-Ender angeſprochen werden, welche tierkundlih betrachtet Zwölf-Ender ſind; ſolhe Geweihe ſind aber ſelten. Am Vierzehn-Ender bildet die nah hinten gerichtete Spiße des Zwölf-Enders wieder eine regelmäßige Gabel, d. h. es tritt nah außen eine Nebenſproſſe an ihr hervor; hierdurch bildet ſich eine zweite Gabel hinter der erſten, deren Teilung etwas höher als die der vorderen Gabel