Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Edelhirſ<h. Wapiti. Baraſinga. 473

die Fagdfreude ſehr hoh anſchlagen darf: der vom Wilde verurſahte Schade wird hierdur< niht aufgehoben. Ein ſtarker Hohwildſtand verträgt ſih mit unſeren forſtwirtſchaſtlichen Grundſäßen durchaus niht mehr.

Jn früheren Zeiten beſchäftigte ſi< der Aberglaube lebhaft mit allen Teilen des Hirhes; heutzutage ſeinen bloß die Chineſen, welche die noh weihen Hirſhgeweihe als Arzneimittel verwenden und mit außerordentli<h hohen Preiſen bezahlen, an ähnlichen Anſhauungen feſtzuhalten. Bei uns zu Lande wurden vormals die ſogenannten Haarbeine, die Thränendrüſen, die Eingeweide, das Blut, die Geſhhlechtsteile, die im Magen nicht ſelten vorkommenden Bezoare, ja ſelbſt die Loſung als vielverſprechendes Heilmittel in hohen Chren gehalten. Aus Hirſ<hklauen verfertigte man ſi< Ringe als Schußmittel gegen den Krampf; Hirſhzähne wurden in Gold und Silber gefaßt und von den Jägern als Amulette, werden auh heute no< als Andenken an glü>liche Fagden getragen. Von dem Leben des Tieres erzählte man ſih allerlei Fabeln, und ſelbſt die Jäger hielten lange daran feſt, bis erſt die genauere Beobachtung den Hirſh uns kennen lehrte.

Jn Nordweſtafrika lebt ein Hirſh, welhen man unter dem Namen Ceryus barbarus vom Edelhirſche getrennt, aber keine8wegs allſeitig als beſondere Art anerkannt hat, ſondern eher als Abart betrachten will, weil er dem Edelhirſche in jeder Hinſicht am ähnlichſten iſt. Von den übrigen Arten der Untergattung verdient noch die größte Art der ganzen Gattung, der Wapiti Nordameriïas (Cervus canadensis), beſonders erwähnt zu werden.

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Unter den übrigen Arten der Gattung ſtellen wir den Baraſinga, Baraya, Maha, Yinkar der Fnder, den Sumpfhirſ< der Engländer (Cervus [Ruceryus] duyaucelli, C. bahrainja und elaphoides) obenan, der als Vertreter einer beſonderen Untergattung, der Za>enhirſche (Rucervus), betrahtet wird. Er erreicht eine Körperlänge von etwa 2 m, wovon 20 cm auf den Wedel kommen, und eine Schulterhöhe von 1,15 m, iſt [<lank gebaut und hoch geſtellt, der Kopf verhältnismäßig kurz, nah der Muffel zu Ppyramidenförmig zugeſpibt, das Gehör groß, namentli<h auffallend breit, das Auge ſehr groß und ſchön; die Läufe ſind hoh, aber kräftig; der Wedel iſt kurz, beträchtlih länger als bei unſerem Edelwilde, aber nur etwa halb ſo lang wie bei dem Damwilde. Die Behaarung iſt reih und dict, das einzelne Haar lang und ziemlich fein; die De>e erſcheint aber ſtruppig, weil die Haare niht gleih lang ſind. Das Gehör iſt außen kurz und gleihmäßig, innen ſehr lang und ungleihmäßig, faſt zottig behaart. An der Wurzel iſt das einzelne Leibeshaar dunkel graubraun, hierauf goldigbraun, an der Spitze endlih etwa 2 mm lang wieder duntler. Die Geſamtfärbung erſcheint im Sommer goldig rotbraun, geht aber nah unten hin dur< Grau in Lichtgelb über, weil die Spigen der Haare hier grau und bezüglich lichtgelb gefärbt ſind. Über den Rücken verläuft ein breiter Streifen von dunkelbrauner Färbung, welcher auch den größten Teil des an der Spige lichtgelben Wedels einnimmt und jederſeits dur< eine Reihe von kleinen goldgelben Fle>en beſonders gehoben wird. Der Kopf iſt auf Stirn und Schnauzenrüen rotbraun, goldig geſprenkelt; Kopf und Schnauzenſeiten ſind grau, die Unterſeite der Schnauze, Kehle und Kinn grauweiß. Hinter der na>ten Muſfel verläuft ein ziemlich breites, dunkelbraunes Band, welches auf der faſt weißen Unterlippe noh angedeutet iſt. Ein zweites, wenig bemerkbares Band, gewiſſermaßen die Fortſebung der dunkeln Braue, verläuft, nah der Muffel zu ausgeſ<hweift, von einem Auge zum anderen. Eigentümlich ſind lange borſtenartige Haare, welche, einzeln ſtehend, die Muffel und das Auge umgeben. Das Gehör iſt bräunlich, auf der Außenſeite dunkel gerandet, an der Wurzel hingegen gelblihweiß; dieſelbe Färbung zeigen die Haare der Jnnenmuſchel.