Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

482 Elfte Ordnung: Paarzeher; fünfte Familie: Hirſche.

Das Haar iſt no< immer grob, rauh und brüchig, jedo<h weit feiner, auh weniger gewellt als bei dem Mähnenhixrſche und ſeinen nächſten Verwandten. Die Färbung ſcheint mannigfah abzuändern, und darauf gründet ſich der Mangel an Übereinſtimmung, welcher ſich in den verſchiedenen Beſchreibungen des Schweinshirſches kundgibt. Gewöhnlich iſt die allgemeine Färbung ein {hönes Kaffeebraun, welches beim Hirſche bis zum Shwarzbraun dunfeln, beim Tiere bis zum Lederbraun ſich lihten kann, die des einzelnen Haares an der Wurzel aſ<hgrau, in der Mitte ſ{hwarzbraun, vor der dunkeln Spite hellzimtbraun geringelt. Die lichten Ringe kommen jedo<h in der allgemeinen Färbung verhältnismäßig wenig zur Geltung, wie es ſcheint bei dem Tiere mehr als bei dem Hirſche. Dunkler gefärbt, faſt ſ<warz, ſind ein Rückenſtreifen, eine Binde hinter der Muffel, welche ſih ringsum zieht, eine zweite, nah der Muffel zu hufeiſenförmig eingebogene Binde zwiſchen den Augen und ein Längsſtreifen auf der Stirnmitte; graulicher, dunkelaſhfarben etwa, die Unterſeite des Leibes und die Läufe; lichter, nämlich hellfahlgrau, der Kopf und die Halsſeiten, die Kehle, das Gehör und unregelmäßig geſtellte Fle>en auf beiden Seiten des Leibes; weiß endlich die Spißen des Unterkiefers, der Wedel auf ſeiner Unterſeite und an der Spiße ſowie der ſhmale, vom Wedel bede>te Spiegel. Lichtere Fle>en habe ih bei allen Shweinshirſchen bemerkt welche ih lebend ſah, aber ſie treten bei den heller gefärbten Tieren immer mehr hervor als bei den dunkelfarbigen, bei denen ſie zuweilen faſt zu verſ<winden ſcheinen und nur dann ſi zeigen, wenn das Haar geſträubt wird. Das Fugendkleid unterſcheidet ſich bloß dadur< von dem des alten Tieres, daß die Fle>en anſcheinend größer und heller find. Nach Jerdon ſind gewöhnlih nur die Kälber bis zum ſe<ſten Monate ſchön gefle>t, obwohl manche alte Tiere au< im Sommerkleide no< matte Fle>en zeigen; McMaſter, von den Schweinshirſhen in Barma redend, beſtätigt Jerdons Angabe nur ſo weit, wie ſie die Kälber betrifft, und betont, daß er bei älteren Stücken überhaupt niemals Fle>en wahrgenommen habe. Das Geweih des Hirſches hat in der Regel ſehs Enden; die Stangen ſind ſchwa, ſtehen auf ziemlih hohen Roſenſtö>ken und erreichen eine Länge von 35—40 em.

Die Heimat des Shweinshirſches iſ der größte Teil von Britiſh-Fndien und Barma. Am gemeinſten iſt er in den Gangesländern, ſeltener in Zentralindien, und in Malabar ſoll er gänzlih fehlen und durch eine nahe verwandte Art vertreten werden, laut Ferdon au auf Ceylon, während Sterndale ihn als Bewohner dieſer Fnſel anführt. Gewöhnlich leben die Tiere einzeln, man<hmal werden aber auch zwei oder drei beiſammen gefunden. Sie hauſen lieber in Gras- und eingeſtreuten Buſchbeſtänden als im Dſchangel oder vollwüchſigen Walde, obwohl ſie auch hier gelegentlich auf größeren Lichtungen vorkommen. Am Tage liegen ſie in Verſte>en verborgen und äſen des Nachts; aufgeſheucht flüchten ſie mit niedrig gehaltenem Kopfe in eigentümlicher und ziemlich unbeholfener Weiſe, die ihnen eben ihren Namen verſchafft hat. Der Hirſh wirft ſein Geweih in der Regel im April ab und brunftet Ende September oder im Oktober.

Die meiſten Schweinshirſche, die unſere Tiergärten bevölkern, erhalten wir aus Bengalen. Unſer Klima vertragen ſie recht gut, verlangen aber bei ſtrenger und rauher Witterung einen geſhüßten Ort zum Rückzuge; ſie pflanzen ſih leicht fort und vermehren ſih auh im engen Raume ſtark. Laut Sterndale haben ſie ſih mit dem Arishirſhe erfolgreich gekreuzt und fruchtbare Nachkommenſchaft erzielt. Nach gefangenen zu urteilen, gehören ſie niht zu den begabten unter ihren Verwandten. Das Tier iſt furchtſam, ſcheu und unklug, der Hirſh mutig, auh dem Menſchen gegenüber raufluſtig, herrſ{ſü<htig und zu Gewaltthätigkeiten geneigt. Vor der Brunft übt er ſeine Kraft an allen denkbaren Dingen, rennt gegen die Bäume und Gitter, wühlt mit ſeinem kurzen Geweihe den Raſen auf und wirft die losgeriſſenen Stücke hin und her, bedroht jeden, welcher ſih nähert, indem er den Kopf zur Seite biegt und mit boshafter Miene in ſchiefer Richtung hevanſchreitet, geht auh ohne