Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

“ Vampashirſ<. Notſpießhirſch. 491

Der erwachſene Hirſch. gibt, namentlich in der Brunftzeit, einen ſehr unangenehmen, den Ausdünſtungen des Negers ähnelnden Geruch von ſich, der ſo ſtark iſt, daß man ihn jogax an Stellen wahrnimmt, wo eine Viertelſtunde vorher ein Männchen vorbeigekommen iſt. „Jh warf einſt meine Bolas“, ſagt Nengger, „in die Geweihe des Guazuy und ließ ſie nur ſo lange daran, bis i<h das Tier getötet hatte; dennoch hatten ſie ſhon einen ſo ſtinkenden Geru<h angenommen, daß i<h mi< ihrer während 14 Tagen niht mehr bedienen fonnte. Auch beſiße ih ein paar Geweihe, an denen die no< vorhandene Hautbede>ung des Roſenſto>es, jeßt nah Verlauf von 8 Jahren, noch jenen Negergeru<h wahrnehmen laſſen. Der Geruch ſtellt ſi<h niht vor dem erſten Altersjahre ein und ſoll, wie mix ein Jäger verſichert, ganz wegbleiben, wenn man das Tier in der Fugend verſchneidet.“

Um den Guazuy zu erlegen, muß man Treibjagden anſtellen. Einige Jäger zu Pferde bilden auf dem Felde einen Halbkreis und erwarten das Wild, welches ihnen andere mit Hilfe der Hunde zutreiben. Sowie ſih einer dem Hirſche genugſam genähert hat, ſprengt er plößlih auf ihn zu und wirft ihm die Bolas in die Geweihe oder zwiſchen die Läufe. Eine Hauptregel iſt, daß ſih der Jäger nicht zu früh gegen das nahende Tier in Bewegung ſeßt, ſonſt wird er ſhon aus der Ferne von dieſem bemerkt und iſt dann niht mehr im ſtande, das flüchtige Geſchöpf einzuholen. Wird der Hirſh lange gejagt, ſo macht ex, wie unſer Reh, häufig Seitenſprünge, um die Hunde von der Spur abzubringen, und drückt ſih endli<h an einer Stelle, wo ex hohes Gras findet. Jm Falle der Not zeigt ex Mut und verteidigt ſih gegen Hunde und Menſchen entweder mit dem Geweihe oder dur<h Schlagen mit den Vorderläufen. Zuweilen gelingt es au<, wenn man mit Vorſicht die Felder durchreitet, vom Pferde herab einen Guazuy im Aufſpringen zu ſchießen. Außer dem Menſchen hat dieſes Wild bloß den Puma zu fürchten.

Das Wildbret der jungen Tiere iſt angenehm, das der alten Ricken etwas zäh, das der Hirſche, wegen der Ausdünſtung, gänzlih ungenießbar. Die Haut benußt man gegerbt zu Reitdecken und Bettunterlagen.

Jn Südamerika leben mehrere kleine Hirſche, welche ebenfalls eine beſondere Untergattung bilden, weil das Geweih der Böcke nur aus zwei einfahen Stangen beſteht. Sie heißen Spießhirſche (Coassus) und kennzeichnen ſi<h dur< geringe Größe, ſ{hlanken Bau, das aus zwei furzen, oft bis auf kleine Spigen verkümmerten, an der Wurzel ziemlich dien, allmählih ſih verſhmächtigenden und in eine ſcharfe Spige auslaufenden, eine mit runzeligen Furchen durchzogene Oberfläche zeigenden, ſchief nah oben und rückwärts, auch faſt gleihlaufend nebeneinander ſtehenden Spießen beſtehende Geweih, dur< ziemli<h langen, ſtark behaarten Shwanz, kleine Thränengruben, einen Haarſchopf auf der Stirne und einen Haarpinſel an der inneren Seite der Ferſe. Ecfzähne ſind bei beiden Geſchlechtern in der Jugend vorhanden, verſchwinden jedo< ſpäter vollſtändig.

Der Notſpi eßhirſ<h oder Guaſupita (Cariacus [Coassus] rufus, Subulo rufus, Cervus rufus, simplicicornis und dolichurus), die größte Art der Gruppe, übertrifft unſer Reh an Schwere und erreicht faſt die Größe eines Shmaltieres des Damwildes; ſeine Länge beträgt 1,1 m, die Shwanzlänge 10—11 ecm, die Höhe des Spießes 7 cm, die Höhe am Widerriſte 60 cm. Der Leib iſt geſtre>t, der Hals kurz und ſchlank, der Kopf kurz, vorn ſehr ſchmal, die Dhren ſind ziemlih groß, aber nicht beſonders lang, die Augen klein und lebhaft, die Thränengruben kaum bemerkbar, die Läufe hoch, ſlank und äußerſt zierlich gebaut. Die glatt und dicht anliegende Behaarung erinnert hinſichtlih ihrer Beſchaffenheit an die unſeres Nehes. An dem Kopfe und an den Läufen iſt ſie ſehr kurz, ſonſt ziemlih reihli<; längs der Mitte des Vorderkopfes erhebt ſie ſich mähnenartig. Jhre Geſamtfärbung iſt ein