Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Moſchus8tier. — Kantſchil: Allgemeines. 509

Naſe zu folgen brauchte, um das Tier aufzufinden. Kinloch kannte ein Moſchustier, das 1867 jung eingefangen worden wax, vollkommen zahm wurde und bei Milch und Brot, Laub und Blüten vortreſſlih gedieh, au<h nachdem man es in das indiſche Tiefland verſeßt hatte. Es erwies ſi< mutig und furchtlos und pflegte mit den Kindern des Hauſes und einem Hündchen munter zu ſpielen und zu ſcherzen. Ein zweites, zahm gehaltenes Moſchustier erwies ſih genau ſo geartet.

Die lebte Familie der Wiederkäuer umfaßt die jene mit den Shweinen verbindenden Zwergmoſchustiere (Tragulidae). Von allen anderen Wiederkäuern unterſcheidet die hierher gehörigen Arten der in nur drei Abteilungen geſchiedene Magen, von dem Moſchustiere der Mangel einer Moſchus abſondernden Drüſe und der na>te, ſhwielige Rand des Mittelfußes. Der Schwanz iſt ſehr kurz, aber ziemlich lang behaart. Eine Gattung und Art, Uyaemoschus aquaticus von der Guineaküſte tritt beſonders dadur<h in Gegenſaßz zu allen anderen Wiederkäuern, daß der dritte und vierte Mittelfußknochen an den Vorderzehen gar niht und an den Hinterzehen erſt ſpät miteinander verwachſen.

Die hierher gehörigen Tiere, über deren Einteilung in Arten die Forſcher ſi< no< niht geeinigt haben, bewohnen Weſtafrika und Südaſien und ſind überaus niedliche Geſchöpfe. Man denke ſi ein rehartiges, zierliches Tierchen mit ziemli<h di>em Rumpfe, ſhlankem, wohlgeformtem Kopfe, ſhönen, hellen Augen und Läufen, welche kaum mehr als Bleiſtiftsdi>e haben, mit äußerſt niedlichen Hufen, einem kleinen, netten Stumpfſhwänzchen und weichem, anliegendem Haarkleide mit anſprehender Färbung: ſo hat man ein Zwergmoſchustier.

Der Kantſchil (Tragulus kanchil oder Tragulus pygmaens) iſt etwa 45 cm lang, wovon nur 4 em auf den Schwanz kommen; die Höhe am Widerriſte beträgt 20 cm, die am Kreuze 2 cm mehr. Das ziemlich feine Haar iſt am Kopfe rötlichfahl, an den Seiten heller, auf dem Scheitel dunkel und faſt <warz, auf der Oberſeite des Körpers rötlichgelbbraun, längs des Rückens ſtark mit Shwarz gemengt, gegen die Seiten zu liter, an der oberen Seite des Halſes weiß geſprenkelt und auf der Unterſeite weiß. Vom Unterkiefer aus verläuft jederſeits ein weißer Streifen längs der Halsſeiten bis zur Schulter hin, hierauf folgt nah unten zu jederſeits ein dunkler Streifen, welcher in der Mitte alſo unten in der Mitte des Halſes, einen dritten weißen Streifen in ſih ſ<hließt. Bisweilen zieht ſich auch ein gelblicher Streifen längs des Bauches hin. Die Glieder ſind fahlgelb, die Oberarme und Unterſchenkel lebhaft roſtrot, die Füße blaßgelblihfahl. Die Verſchiedenheit der Färbung wird durch die eigentümliche Zeihnung der Haare hervorgebracht. Auf dem Rücken ind dieſe in der unteren Hälfte weiß, weiter nah der Spiße zu dunkler, hierauf \charf abgeſchnitten hochgelb oder pomeranzenfarbig und an der Spitze endlich {<warz. Je nachdem nun dieſe ſhwarze Spigze wegfällt oder ſih zeigt, je nachdem der lichte Ring vor derſelben mehr oder weniger hervortritt, ändert ſih die Zeichnung des Felles; an den weißen Stellen aber ſind die Haare reinweiß. Die älteren Männchen tragen ſtark gekrümmte, von innen na< außen und von vorn nach abwärts gekehrte, ſeitlich zuſammengedrüd>te, auf der Seite ausgehöhlte und an dem Hinterrande ſchneidende E>zähne, welche gegen 3 cm über das Zahnſfleiſh hervorſtehen. Die kleinen, feinen Hufe ſind lihtbräunlich hornfarben. Junge Tiere unterſcheiden ſi<h niht von den alten.

Java, Singapur und die Malayiſche Halbinſel ſind die Heimat dieſes reizenden Ge[<öpfes, auf Sumatra, Borneo und Ceylon ſowie in Jndien von der Südſpitze bis zum Himalaja in Höhen bis zu 600 m wird es dur< verwandte Arten erſeßt. Es lebt auf Java mehr im Gebirge als in der Ebene, am unteren Rande der alle Gebirge bede>enden