Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Wildſchwein: Allgemeines. Verbreitung. Verſte>e. 515

Deutſchland lebt es in einzelnen Gebirgswäldern Frankreihs und Belgiens und ebenſo in Polen, Galizien, Ungarn, den Donautiefländern, Südrußland, auf der Balkan- und Iberiſchen Halbinſel. Fn Aſien verbreitet es ſi< vom Kaukaſus an bis zum Amur und vom 55. Breitengrade an bis zum Nordabhange des Himalaja, iſ wahrſcheinlih auh mit dem in Kleinaſien, Syrien und Paläſtina lebenden, von Gray Sus lybicus genannten Wildſchweine gleichartig, tritt aber nur auf ihm zuſagenden Örtlichkeiten auf, fehlt z. B. den Hochſteppen gänzlich, ſteigt jedoh im Tien-ſchan-Gebirge bis über die Waldgrenze oder bis zu 3300 m Höhe empor; in Afrika bewohnt es alle geeigneten Örtlichkeiten des ganzen Nordrandes dieſes Erdteiles. Erſt jenſeits der angegebenen Verbreitungsgrenzen wird es durch andere, teilweiſe noh näher zu unterſuchende, alſo noh niht endgültig feſtgeſtellte Arten und zwar im feſtländiſhen Jndien dur< das Mähnenſhwein (Zus cristatus), auf den Andamanen dur< das Andamanenſ<hwein (Zus andamanensis), auf Borneo dur das Bartſchwein (Sus barbatus), das Bindenſ<hwein (Sus vittatus) und das Pu ſtelſ<wein (Sus verrucosus), von denen erſteres au<h auf Java, Amboina und Bangka, leßteres auh auf Java und Ceram vorkommt, auf Celebes dur<h das Celebesſ<wein (Sus celebensis), auf Timor dur das Timorſhwein (Sus timorensìis), auf Neuguinea dur das Papuaſchwein (Sus papuensis) und das S<hwarzſhwein (Sus niger), in Japan und auf Formoſa dur das Weißbartſhwein (Zus leucomystax), im Fnneren Nordoſtafrikas endlih dur< das Sennarſhwein (Sus Sennarensis) vertreten. Der ſtarke indiſche Eber ſcheut den Zweikampf mit dem Tiger durchaus nicht und bleibt niht ſelten Sieger; nur ein re<t unerfahrener Tiger wagt es überhaupt laut Sterndale, ſih mit ſol< einem alten Reden einzulaſſen.

Feuchte und ſumpfige Gegenden bilden vielfach den Aufenthaltsort des Wildſhweines, gleichviel ob hier ſih ausgedehnte Waldungen finden oder die Gegend bloß mit Sumpfwuchs beſtanden iſt; eine große Vorliebe hat es aber auch für ausgedehnte junge und dichte Nadelholzbeſtände. An vielen Orten Ägyptens hauſen die Wildſhweine jahraus jahrein in Zu>errohrfeldern, ohne dieſe jemals zu verlaſſen, freſſen die Nohrſtengel, ſuhlen ſi in dem Waſſer, welches über die Felder geleitet wird, und befinden ſih hier ſo wohl, daß ſie durch keine Anſtrengungen zu vertreiben ſind. Auch in Aſien verlaſſen ſie hier und da die Waldungen, um im Hochgraſe an fließenden und ſtehenden Gewäſſern wenigſtens zeitweilig Stand zu nehmen. Um zu ruhen bricht ſi< das Schwein eine Vertieſung, gerade groß genug, um ſeinen Leib aufzunehmen; wenn es ſein kann, füttert es dieſes Lager mit Moos, tro>enem Graſe und Gelaube aus und ruht hier ſo bequem wie möglih. Das Rudel bereitet ſih an ähnlichen Orten den Keſſel, pflegt ſih aber ſo in ihm einzuſchieben, daß aller Köpfe nach der Mitte hin gerichtet ſind. Der Wärme wegen benußzen die wilden Sauen im Winter gern zuſammengerehte Streu- oder Schilfhaufen anſtatt der Lager und Keſſel, um ſih darunter einzuſchieben, und der Jäger, welcher ſolhe Orte beſucht, kann dann das ſonderbare Schauſpiel genießen, daß der Haufe, dem man ſih, ohne etwas zu ahnen, näherte, mit einem Male bewegli< zu werden anfängt und ein ganzes Rudel Sauen ausſendet.

Als ſehr geſellige Tiere pflegen ſich die Wildſchweine zu rudeln, und zwar die Bachen mit Friſhlingen, Überläufern und geringen Keilern; ſtärkere Keiler bilden niht ſelten ein Nudel grober Sauen für fih; Hauptſchweine leben als Einſiedler und ſ<hlagen ſi< erſt zur Paarungszeit, zur Nauſchzeit, zu den Rudeln. Bei Tage liegen ſie till und faul im Keſſel; gegen Abend erheben ſie ih, um nah Fraß auszugehen. Zuerſt gehen ſie, wie der Weidmann ſagt, im Holze und auf den Wieſen ins Gebreche, d. h. ſtoßen wühlend den Boden auf, oder ſie laufen einer Suhle zu, in welcher ſie ſi< ein halbes Stündchen wälzen. Solche Abkühlung ſcheint ihnen unentbehrlih zu ſein, denn {ie laufen oft meilenweit nah dem Bade. Erſt wenn alles ruhig wird, nehmen ſie die Felder an, und wo ſie ſich nunmehr

33%