Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

520 Elſte Drdnung: Paarzeher; ahte Familie: Schweine.

Das Fleiſh des Schwarzwildes wird mit Recht ſehr geſchäßt, weil es neben dem Ge{made des Schweinefleiſches den des echten Wildbrets hat. Kopf und Keulen gelten für beſondere Lekerbiſſen. Auch die Wurſt, welhe man aus Wilt ſchweinfleiſch bereitet, iſt vortrefflih, ebenſo das Feiſt, das Weiße, das in guter Zeit eine Hand hoh aufliegen fann. An den ägyptiſchen Seen, wo die Schweine in gewaltigen Rudeln hauſen, beſchäftigten ſih manchmal europäiſche Fleiſcher monatelang mit der Jagd des von den Mohammedanern mißachteten „unreinen“ Wildes und bereiteten aus dem Fleiſche der erlegten Tiere bloß Würſte, welche ſie dann mit ſehr gutem Gewinne verkauften, Die Shwarte wird ebenfalls verwendet, und die Borſten ſind ſehr geſuht. Aber ſo groß auch der Nuzen ſein mag: den Schaden, welchen das Tier anrichtet, kann er niemals aufwiegen.

Nicht allein unſer Wildſhwein, ſondern auh mehrere ſeiner indiſchen, malayiſhen und hinteraſiatiſhen Verwandten ſcheinen bereits ſeit uralter Zeit in den Hausſtand übergegangen zu ſein. Nah Anſicht Fuliens züchtete man bereits um das Fahr 4900 vor unſerer Zeitrehnung im Himmliſchen Reiche Hausſhweine; nah Rütimeyers Unterſuchungen der Pfahlbauten gab es in der Schweiz ſhon zwei verſchiedene Raſſen des nußbaren Haustieres. „Das Schwein“, ſo ſ{<hreibt mir Dümichen, „obgleich zu den typhoniſchen (der böſen Gottheit Typhon geweiheten) Tieren gehörig, wurde ſicher von den alten Ägyptern als Haustier gehalten. Die Fnſchriften ſprechen von ihm, und herdenweiſe wie einzeln wird es abgebildet. Doch ſcheint man es nur gehalten zu haben zum Zwe>e des Opferns an einzelnen Feſten des Jahres.“ Jn der Bibel wird ſeiner oft gedacht; die Odyſſee ſpricht von ihm wie von einem allgemeinen bekannten Pfleglinge des Menſchen.

Seit jenen Zeiten ſind unzählige Raſſen entſtanden und vergangen, und noch gegenwärtig entſtehen neue und verſhwinden ältere, je nah Bedürfnis oder Laune und Zufall. Fitßinger wie von Nathuſius nehmen an, daß alle jeßt lebenden Raſſen auf zwei verſchiedene Formen oder Arten zurü>geführt werden können: auf unſer Wildſchwein und auf eine ſüdaſiatiſhe Art (Zus cristatus) nämlich; dies ſ<ließt jedo<h niht aus, daß auch andere indiſh-malayiſ<h-<ineſiſhe Arten an der Erzeugung beteiligt ſein können. So groß die Verſchiedenheit unter dieſen Raſſen ſein mag: ſie wie das Entſtehen und Vergehen der unter Einwirkung des Menſchen erzeugten Formen erklären ſih durch ſelbſtändig oder gezwungen geübte Zuhtwahl wie dur<h die wehſelreihen Verhältniſſe, unter denen die Hausſhweine leben. Schweine, welche wühlen können, behalten, laut von Nathuſius, ihren geſtre>ten Rüſſel auh als gefangene Tiere, bekommen abex einen kürzeren, wenn ſie von Jugend an im Stalle gehalten werden. Dieſes eine Beiſpiel zeigt, wie leicht es möglich iſt, durch eine beſtimmte Behandlungsweiſe wihtige Merkmale eines Tieres abzuändern, und es bedarf deshalb nur noch des Hinweiſes auf die Bedeutung und Wirkung der mit Sachverſtändnis ausgeführten Kreuzungen, um es erklärlih erſcheinen zu laſſen, daß wir gegenwärtig Hausſ\<weine beſizen, welche ſih von ihrer Stammart weſentlih unterſcheiden. Künſtliche Erzeugniſſe des Menſchen ſind ſie alle, die gegenwärtig beliebten oder angeſtaunten Raſſen: das ſtämmige Berkſhire- wie das fettleibige Harriſſon- oder das UAumpige Zwerg\<wein; ein Kunſterzeugnis iſt auh das Maskenſchwein, in welchem die Laune japaniſcher Züchter ihren Ausdru> gefunden hat. Wir überlaſſen es anderen, ſie und alle übrigen Raſſen zu ſchildern, und werfen noch flüchtig einen Bli auf Lebensweiſe und Eigenſchaften des Tieres.

Heutzutage iſt das Hausſhwein über den größten Teil der Erde verbreitet. Soweit nach Norden hin Landbau betrieben wird, lebt es als Haustier, in den ſüdlichen Ländern mehr im Freien. Da eigentlih nur ſumpfige Gegenden ihm zuſagen, verändert es ſich, wenn man es ins Gebirge bringt. Je höher es hinauſſteigt, um ſo mehr nimmt es das