Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Hirſcheber: Verbreitung. Weſen. Fortpflanzung. 529

Innenſeite der Beine iſt die allgemeine Färbung; über die Mittellinie zieht ein heller, bräunlihgelber Streifen, gebildet dur<h Spigßen der Borſtenhaare. Die Ohren ſind {<wärzli<h.

Es ſcheint, daß der Hirſcheber ſhon den Alten bekannt geweſen iſt; wenigſtens haben ſih die Spralforſcher bemüht, einige unverſtändliche Namen auf ihn zu deuten. Schädel des Babiruſas kannte man ſchon ſeit mehreren hundert Jahren, Välge aber kamen, wie no< heute, von jeher ſelten nah Europa; die Abbildungen waren Zerrbilder und die Naturgeſchichte des Tieres eine Zuſammenreihung der abgeſ<ma>teſten Fabeln. Seitdem einige lebende Hirſcheber na< Europa gelangt und hier beobachtet worden ſind, hat man Abbildung und Beſchreibung möglichſt zu berichtigen geſu<t, obwohl leßterer, was das Wildleben anlangt, immer noh mancherlei Fabeln anhaften mögen.

Außer Celebes, welches als das eigentliche Vaterland des Babiruſas angeſehen werden muß, ihn aber, wie von Roſenberg anführt, auh nur auf ſeiner Nordhälfte beherbergt, findet er ſi< nur noth auf den oben angegebenen Jnſeln, während er auf den übrigen Fnſeln des Auſtraliſhen Mittelmeeres und ebenſo auf dem aſiatiſchen und auſtraliſchen Feſtlande fehlt. Seine Lebensweiſe iſt die anderer Schweine. Sumpfige Wälder, Rohrbeſtände, Brüche und Seen, auf denen viele Waſſerpflanzen wachſen, ſind ſeine Lieblingsorte. Hier rudelt er ſich zu größeren oder fleineren Geſellſchaften, ſchläft bei Tage und geht nachts auf Fraß aus, alles Genießbare annehmend. Der Gang iſt ein raſcher Trab, der Lauf leihter als bei dem Wildſchweine, ſelbſtverſtändlih aber nicht mit der federnden Bewegung der Hirſche zu vergleichen, wie man früher behaupten wollte. Um die auffallend gebildeten E>zähne des Ebers zu erklären, hat man gefabelt, daß er ſi< damit manhmal an niedere Äſte hänge, teils um ſeinen Kopf zu ſtüßen, teils aber, um ſi< gemählih hin und her zu ſchaukeln. Begründet iſt, daß der Babiruſa als vortreffliher Shwimmer niht bloß in den ſüßen Gewäſſern alle Nahrungspläße beſucht, ſondern auch dreiſt über Meeresarme ſet, um von einer Jnſel zur anderen zu gelangen.

Unter den Sinnen des Tieres ſind Geru<h und Gehör am beſten entwi>elt. Die Stimme iſt ein gedehntes, hwaches Grunzen. Die geiſtigen Eigenſchaften ähneln denen anderer Sqweine. Der Hirſcheber weiht dem Menſchen aus, ſolange es geht, ſegt ſih aber bei unvermeidbaren Angriffen mit der Tapferkeit aller Eber zur Wehr, und ſeine unteren Eckzähne ſind ſo tüchtige Waffen, daß ſie au< dem mutigſten Manne ein gewiſſes Bedenken einzuflößen vermögen. Die Eingeborenen ſollen ihn mit Lanzen erlegen und man<mal Treibjagden veranſtalten, bei denen die Babiruſas ihr Heil in der Flucht zu ſuchen pflegen.

Die Sau ſoll etwa im Monat Februar ein oder zwei Friſchlinge werfen, kleine, nette Tierchen von 15—20 em Länge, welche von der Mutter warm geliebt und verteidigt werden. Weiter weiß man nichts über die Fortpflanzung. Fängt man ſolche Junge frühzeitig ein, ſo nehmen ſie nah und nach einen gewiſſen Grad von Zahmheit an, gewöhnen ſich an den Menſchen, folgen ihm unter Umſtänden und bezeigen ihm ihre Dankbarkeit dur<h Schütteln der Dhren und des Schwanzes. Bei den Häuptlingen findet man zuweilen einen lebenden Babiruſa, weil auch die Eingeborenen ihn als ein ganz abſonderlihes Geſchöpf betrachten und ſeiner Sehen3würdigkeit wegen in der Gefangenſchaft halten. Döch geſchieht dies noh immer ſelten, und man verlangt hohe Preiſe für gezähmte Schweine dieſer Art.

Markus, der holländiſche Statthalter der Molukken, ſchenkte den franzöſiſhen Naturforſhern Quoy und Gaimard, welche ihn bei ihrer Erdumſegelung beſuchten, ein Paar Hirſcheber; dieſes Paar war das erſte, welches man (1820) lebend nah Europa brachte. Beide Tiere wurden ziemlih zahm. Das Weibchen zeigte ſich wilder als das Männchen, kam, als man dieſes meſſen wollte, von hinten herbei und biß den Leuten in die Kleider. Gegen die Kälte erwieſen ſich die gefangenen Babiruſas außerordentlih empfindlih, zitterten fortwäh-

rend, frohen zuſammen und verbargen ſi ſelbſt im Sommer unter Stroh. Jm März Brehm, Tierleben. 3. Auflage. II. 34