Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Flußpferd: Geſchichtliches. Verbreitung. Aufenthalt. 541

100 es Nüppell no< Anfang dieſes Jahrhunderts in ziemlicher Anzahl traf, ausgerottet worden. Der Stadt Chartum gegenüber liegt eine kleine, baumreihe Jnſel im Weißen Strome. Auf ihr ſah ih noh im Jahre 1851 das wohlbekannte Paar „Waſſerbüffel“, welches alljährlih mit der ſteigenden Flut vom oberen Gebiete herabkam, und ih habe manche VBüchſenkugel vergeblih nach ſeinen Köpfen entſandt. Gegenwärtig iſt das Flußpferd in den meiſten größeren Gewäſſern Afrikas vom 17. Grade nördlicher bis etwa zum 25. Grade ſüdlicher Breite eine gewöhnliche Erſcheinung, geht aber im Südoſten no< über dieſe Grenze hinaus.

Jn Oſtz, Süd- und Weſtafrika gehen die Flußpferde in den Gewäſſern viel weiter nah der Küſte herab: als in der nördlicheren Hälfte des Erdteiles, ſ<wimmen ſogar nicht ſelten ins Meer hinaus: von der Deen verſicherte mich, daß mehrmals Nilpferde auf Sanſibar geſehen worden ſeien, welche ſelbſtverſtändlih nur von der gegenüberliegenden Küſte herübergekommen ſein konnten. Daß ſie auh neuerdings noch von der Kinganimündung ſih ins Salzwaſſer begeben, berihtet Böhm; in Weſtafrika beobachtete ſie von Koppenfels mehrmals vor dem Mündungsgebiete des Ogomwefluſſes, F. Hertwig erlegte eines in der Brandung an der Loangoküſte, und O. Lindner erwähnt das Auftauchen der Tiere vor der Kongomündung. Ebenſo wandern ſie flußaufwärts, ſoweit es die Strömung ihnen geſtattet, find daher in dem 1940 m hoch gelegenen Tanaſee in Abeſſinien no< heimiſh. Jn allen Strömen, deren Waſſerſtand wechſelt, führen ſie ein förmlihes Wanderleben, indem ſie bei Abnahme des Waſſers aus dem oberen Flußgebiete geſellſhaftlih in das untere ziehen und umgekehrt wieder aufwärts ſteigen, wenn Negengüſſe jenen Teil des Flußlaufes von neuem gefüllt haben. Auch kann es vorkommen, daß ſie ſich gelegentlich ſolcher Streifzüge an einem Orte, welcher ihnen behagt, bleibend anſiedeln, wie dies nah Kerſten, auf der ſüdlih von Sanſibar gelegenen kleinen Fnſel Mafia geſchehen iſt.

Das Flußpferd iſ mehr als jeder andere Dickhäuter an das Waſſer gebunden; denn es geht eigentlih nur ausnahmsweiſe von ihm auf das Land. Dies geſchieht da, wo der Strom nicht ſelbſt reih an Pflanzen iſt, regelmäßig des Nachts, der Äſung halber, ausnahmsweiſe aber auch bei Tage, um ſi< auf den Sandbänken zu ſonnen. Wenige Meilen oberhalb der „Hauptſtadt der Hölle“, wie die im Sudan Reiſenden Chartum zu nennen pflegen, ſicht man in den Schlammbänken der Stromufer häufig Spuren unſeres Tieres, tief eingeſtampfte Löcher zu beiden Seiten einer muldenartig eingedrücften Furche. Die Löcher rühren von den Beinen her, die Furche von dem auf dem Schlamme dahingeſchleppten Bauche, bis zu welchem das Untier auf dem weichen, nachgiebigen Boden verſinkt. Die Ausſtiege an hohen, tro>enen Ufern ſtehen zu der Plumpheit des Tieres in keinem Verhältniſſe; denn ſie ſind oft ſo ſteil, daß ein Menſh nur, wenn er ſi< re<ts und links an den Zweigen feſthält, auf ihnen emportlettern fann: man begreift alſo nicht, wie es dem \{<weren Dickhäuter möglich iſt, ſolche Wege zu begehen. Von den Stiegen aus führt noch ein kurzer Gang in das Fnnere des Waldes; oft aber erſtre>en ſih, wie auh Böhm mitteilt, dieſe man<mal Hohlwegen gleichenden Wechſel weithin durh Wald und Savanne, ſchneiden auh große Flußbogen ab und ſind an den Djuv-Fällen des Lufire ſelbſt in den roten Sandödſtein gehöhlt. Selous bemerkte im Maſchunalande am Umniati einen jolchen deutli doppelſpurigen Wechſel, der eine Stromſnelle umging und etwa 10 em tief in ſehr hartes kryſtalliniſches Geſtein eingeſchliffen war.

An günſtigen Stellen eines Gewäſſers kann der Kundige das Vorhandenſein der rieſigen Tiere bald genug entde>en. Jn Zwiſchenräumen von etwa 8, höchſtens 4 Minuten gewahrt man bei ruhigem Wetter irgendwo Waſſerdunſt ſtrahlartig ungefähr einen halben Meter ho< aufpuffen und vernimmt zugleich ein brauſendes Schnauben oder Schnarchen: dort iſt ſoeben ein Flußpferd aufgetaucht, um Luft zu ſchöpfen. Wenn man nahe genug iſt, kann man auch von deſſen Kopf etwas wahrnehmen: eine formloſe, rote oder bräunlichrote Maſſe,