Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

542 Elfte Ordnung: Paarzeher; neunte Familie: Plumptiere.

auf welcher man zwei Spigen, die Ohren, und vier Hügel, die Augen und die Naſenlöcher, unterſcheidet. Mehr als den Oberteil des Kopfes wird man von einem ſih im Waſſer haltenden Flußpferde ſelten zu Geſicht bekommen, und dieſen Kopf kann man, wenn man ihn zum erſten Male ſieht, leiht verkennen. Hält man ſi unter dem Winde und bleibt ruhig, ſo kann man das auf- und niederſhwimmende, im Waſſer gleichſam ſpielende Tier mühelos beobachten; man ſieht dann auh, daß auf der eingedrüten Stirn zwiſchen Augen und Ohren ein kleiner Teich zurückbleibt, waſſerreih genug, um einem Goldfiſhchen oder einem Paare Schmerlen das Leben zu friſten. Höchſt ſelten bleibt einer der Rieſen etwas länger als angegeben unter Waſſer, ohne zu atmen: die Angaben der Reiſenden, welche von 10 oder 15 Minuten währendem Untertauchen des Tieres ſprechen, entſpringen wohl unrihtigen Beobachtungen. Wenn nämli<h ein Flußpferd beunruhigt iſt, kommt es ſehr behutſam zur Oberfläche, ſchiebt nur die Naſenlöher hervor und atmet ganz leiſe, ſo daß es ſehr leiht überſehen werden kann; oder es macht ſi in der Tiefe ſtill davon und ſteigt an einer anderen Stelle empor, während darauf ſtatt ſeiner vielleicht ein zweites an den erſten Ort gelangtes Stü>k beobachtet wird. '

Das Flußpferd lebt geſellig; nur alte Bullen findet man einzeln. Einer Geſellſchaft genügt oft ſhon ein großer Tümpel zu längerem Aufenthalte. Bewohnen ſie engere, weniger tiefe Gewäſſer, in denen die dürre Jahreszeit viele Stellen tro>en legt, fo bemerkt man, daß ſie den ganzen Tag über gewiſſe Pläße nicht verlaſſen. Dort haben ſie ſih auh wohl, wie von Heuglin zuerſt beobachtete, inmitten des Flußbettes Gruben angelegt: lange, tiefe Mulden in der Richtung des Stromſtriches, in denen ſie bequem tauchen und bei Verfolgung ſih verbergen können. Mehrere ſoler Mulden ſtehen zuweilen dur grabenartig eingetiefte Gangſtraßen untereinander in Verbindung und bilden unter Waſſer liegende Wechſel der Tiere. Jſſtt an einer Stelle die Weide knapp geworden, ſo zieht ſi das Nilpferd langſam nach einer anderen Stelle.

Bei Tage verläßt die Geſellſchaft nur an ganz menſchenleeren Orten das Waſſer, um in der Nähe des Ufers teils auf ſeichten Stellen, teils auf dem Lande ſelbſt ſih zu ſonnen und einem träumeciſhen Halbſhlummer hinzugeben. Dabei zeigen die bequem dahingeſtre>ten Tiere ganz die Behaglichkeit der Schweine, welche ſih ſuhlen, oder der Büffel, welche im Strome baden. Von Zeit zu Zeit grunzen die männlichen Tiere nah Art der Schweine, und erhebt eins um das andere den Kopf ein wenig, um zu ſichern. Sonſt bekümmern ſie ſi< niht viel darum, was um ſie her vorgeht, und bloß an ſolhen Drten, wo ſie den Menſchen und ſein furhtbares Feuergewehr kennen lernten, nehmen ſie ſfih vor ihrem Haupt-, ja alleinigen Feinde mehr in acht.

Gegen Abend kommt Leben in die Geſellſchaft. Das Grunzen der Männchen erſtarkt, und die ganze Herde taucht ſpielend auf und nieder im Strome; dann und wann beginnt ſogar ein luſtiges Jagen. Namentlich in der Nähe von Schiffen ſcheinen ſie ſi< gern zu zeigen und auch Boote bei abendlichen Fahrten auf größere Stre>en hin zu begleiten. Zuweilen verurſachen ſie einen Höllenlärm dur ihr Schnauben und Grunzen, Brüllen und Waſſergurgeln, ſo daß ſie förmlich ermüden können. Sie {hwimmen mit erſtaunlicher Leichtigkeit in jeder Waſſertiefe, tauchen auf und nieder, bewegen ſich ru>- oder ſaßweiſe, wenden ſih mit überraſchender Gewandtheit nah allen Seiten und durchſchneiden die Wellen mit dem beſten Ruderboote um die Wette. Jh habe bei ruhigem Shwimmen des Tieres niemals eine heftige Ruderbewegung bemerken können : das Waſſer bleibt glatt und unbeweglih; aber das Gegenteil findet ſtatt, wenn das Tier wütend auf einen Feind ſtürzt oder nah einer Verwundung im Fluſſe umhertobt. Dann ſchnellt es die Hinterbeine überaus heftig zurü>, ſchießt in förmlichen Säßen vorwärts und bringt einen ganzen See in Aufruhr, ſo daß er hohe Wellen wirft; ja, die Gewalt ſeiner Bewegungen iſt ſo groß, daß es,