Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Flußpferd: Lebensweiſe. Bewegung. Stimme. Nahrung. 548

wie erwieſen, mittelgroße Fahrzeuge emporheben und zertrümmern kann. Auch wenn Flußpferde, ruhig am Flußufer ſi ſonnend und ſchlafend, plößlich aufgeſtört und erſhre>t werden, beweiſen ſie, daß ſie ſo plump nicht ſind, wie ſie ſcheinen; denn ſie ſpringen unter Umſtänden mit einem mächtigen Sage ſelbſt von einem erhöhten Plage aus in das Waſſer, wie Sir Samuel Baker behauptet, ſogar dann, wenn dieſes 6 m tief unter ihnen liegt, und werfen dabei Wellen auf, als ob ein kleiner Raddampfer in raſcher Fahrt die Wellen durdſhnitten habe.

„Die Stimme dieſer Nieſen einigermaßen annähernd zu beſchreiben“, ſagt von Heuglin mit vollſtem Rechte, „liegt wohl nicht in der Macht des Wortes. Sie beſteht in einem Brüllen, welhes entfernt mit dem des Büffelſtieres verglichen werden kann, wird entweder in einem einzelnen gezogenen Tone oder mehrmals hintereinander aus8geſtoßen und iſt ein tiefer, weithin hallender Baß, welcher aus einer großen hohlen Tonne zu fommen ſ{heint. Man iſt verſuht, zu glauben, daß das Brüllen der höchſten Wut und Gereiztheit Ausdru> geben ſolle, während das Tier doh ganz friedlih ſpielt. Das Gebrüll von mehreren wetteifernden Bullen, welches plößlih durch die ſtille Naht der Einſamkeit ſchallt, verbunden mit dem Rauſchen, Blaſen und Plumpen der tauchenden Flußpferde, macht einen unendlih großartigen Eindru>, den auch die Tiere der Wildnis zu empfinden ſcheinen: denn der Schakal, die Hyäne und ſelbſt der Löwe ſ{<weigen und lauſchen, wenn, dem Rollen des Erdbebens vergleihbar, Behemots Donnerſtimme ſich über die Waſſerflächen wälzt und, vom fernen Urwalde gedämpft, auf weithin widerhallt.“ Zedenfalls übertrifft die Stimme des Flußpferdes die aller anderen Tiere an gewaltiger Kraft, wird aber in ihrer vollen Wucht immerhin verhältnismäßig ſehr ſelten gehört.

Jn den ſeeartigen, pflanzenreichen Stellen der Gewäſſer des oberen Nils verläßt das Flußpferd auh zur Nachtzeit das Strombett niht oder nur höchſt ſelten. Es frißt dort bei Tage und bei Nacht von den im Waſſer ſelbſt wachſenden Pflanzen. Wie das Zarte und Erhabene ſo oft dem Rohen und Gemeinen unterliegen muß, ſo auch hier: der durch die Sinnigkeit längſt vergangener Völker geheiligte, als Bild der Gottheit betrachtete Lotos, der herrlidhe, föniglihe Bruder unſerer ſtillen, lieblichen Waſſerroſe, dient zur Hauptnahrung der Nilpferde. Schilf und ſelbſt Rohr dienen unter Umſtänden ebenfalls zur willkommenen Speiſe. Jn jener Fnſelflur des Abiad, wo dieſer bald zum ſtillen, klaren See, bald zum faulenden Sumpfe und bald wieder zum Bruche mit paradieſiſcher Pflanzenpracht und aller Züde ſolchen Reichtums wird, ſich ſelbſt nur hier und da als langſam dahin ſ{<leihender Fluß bekundend, leben Nilpferd und Krokodil zu Hunderten ausſ{ließli< im Strome, ohne ſich um die Außenwelt viel zu bekümmern. Hier bieten der berühmte Papyrus, der Lotos, der flaumleihte Ambatſh und hundert andere Pflanzen dem Dickhäuter Nahrung in Hülle und Fülle. Man ſieht ihn an ſolchen Stellen fortwährend auf- und niedertauchen, um ſich Nahrung vom Grunde loszureißen. Ein ſolche Pflanzen freſſendes Nilpferd iſt eine wahrhaft ekelhaſte Erſcheinung. Der ungeſchlachte Kopf verſchwindet in der Tiefe, wühlt unter den Pflanzen herum, und auf weithin trübt ſich das Waſſer vom aufgerührten Schlamme ; dann erſcheint Behemot wieder mit einem großen, diden Bündel abgeriſſener Pflanzen, wel<es für ihn eben ein Maul voll iſt, legt das Bündel auf die Oberfläche des Waſſers und gerfaut und zermalmt es hier langſam und behaglih. Zu beiden Seiten des Maules hängen die Ranken und Stengel der Gewächſe weit heraus; grünlicher Pflanzenſaft, mit Speichel untermiſcht, läuft beſtändig über die wulſtigen Lippen herab; einige halbzerkaute Grasballen werden ausgeſtoßen und von neuem verſchlungen; die blöden Augen gloßen bewegungslos ins Weite, und die ungeheuern Schneide- und Eckzähne zeigen ſi in ihrer vollen Größe.

Anders iſt es in den Gegenden, wo das Flußpferd ans Land gehen muß, um zu weiden. Etwa eine Stunde nah Sonnenuntergang entſteigt es, mit größter Vorſicht lauſchend