Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

544 Elfte Ordnung: Paarzeher; neunte Familie: Plumptiere.

und ſpähend, dem Strome; in der Nähe bewohnter Ortſchaften zieht es nah den Pflanzungen. Hier fällt es verheerend ein und vernichtet in einer einzigen Nacht oft ein ganzes Feld. Seine Gefräßigkeit iſt ungeheuerlih, und troß der Fruchtbarkeit ſeiner Heimat kann es, wenn es nur einigermaßen zahlreih wird, zur wahren Landplage werden; denn weit mehr no, als es wirkli zur Nahrung bedarf, zerſtampft es mit den plumpen Füßen oder knit es um, wenn es ſih, nachdem es ſatt geworden, nah Schweineart behaglich in einer ſeiten Vertiefung hin und her wälzt. Es verzehrt alle Getreidearten und ebenſo ſämtliche Gemüſe, welche im Lande gebaut werden, ſo, laut Baker, au<h Waſſermelonen, von denen jede, trozdem ſie Kürbisgröße hat, eben nur einen einzigen Biſſen ausmacht. Seine Loſung, in welcher man niemals Aſt- und Wurzelreſte, Rinde oder andere holzige Teile findet, entleert es gewöhnlih beim Ausſteigen aus dem Waſſer unter ſ<hüttelnder oder ſ<leudernder Bewegung des Schwanzes, ſo daß die Spuren ringsum am Buſchwerke und ziemli<h ho< an Baumſtämmen zu finden ſind.

Auf ſeinen Weidegängen ſchadet das Flußpferd übrigens niht bloß dur< ſeine Verheerungen unter den Pflanzen, ſondern wird auch gelegentli<h zu einem das Leben des Menſchen und der Tiere bedrohenden Ungetüme. Die vier gewaltigen E>zähne der Kiefern ſind, anderen Tieren gegenüber, fur<htbare Waffen: Rüppell berichtet, daß ein Nilpferd vier Zugochſen zermalmte, welche ruhig an einem Schöpfrade ſtanden. „Am Kingani“, erzählt Böhm, „wurden zwei Frauen, welche abends laut miteinander ſprechend nahe bei einigen äſenden Flußpferden vorübergingen, von einem ſi plöglih auf ſie ſtürzenden Tiere mit einigen Biſſen ſo zugerichtet, daß der Tod beider erfolgte.“ Nah Baker wurde ein Araber, welcher ſeine Melonen gegen ein brandſchaßendes Ungetüm verteidigen wollte, von dieſem ſofort angegriffen und mit einem Biſſe getötet. Hierdurch dreiſt gemacht, wagte es dasſelbe Tier, bei verſchiedenen Gelegenheiten Hirten und ihre Herden anzufallen und hatte die umwohnenden Leute bald derartig eingeſhüchtert, daß ſih niemand mehr in die Nähe des von ihm beherrſchten Gewäſſers wagte. Nicht überall werden indeſſen die Flußpferde als Tiere angeſehen, die ungewöhnlich gefährlich, weil immer zu Übelthaten aufgelegt ſind; in manchen Gebieten fürhtet man ſie niht zu Lande, wohl aber zu Waſſer. Größere Fahrzeuge greifen ſie allerdings ſelten an, leihten Kähnen aber ſpielen ſie manhmal zufällig oder abſichtlich übel mit. „Das Weſen der Flußpferde“, ſhreibt Böhm aus Oſtafrika, „iſt keineswegs immer friedfertig, wie wir es z. B. im Kingani fanden. Auf dem Ugallafluſſe verſperrten ſie uns häufig geradezu den Weg, griffen au< untertauhend und wieder emporkommend unſer Boot unmittelbar an, ſo daß wir uns ſo ſchnell wie mögli unter die Uferbüſche zurüdziehen mußten. Einmal erhielt dabei der Kahn von dem Zahne eines daneben auftauchenden Tieres einen gewaltigen Stoß, ſo daß er faſt gekentert wäre.“ Derartige ſ{<lihte und genaue Angaben ſind aber ziemlih ſelten zu finden; meiſt wird Gehörtes nacherzählt, niht Erlebtes geſchildert und verbürgt. „Leutnant Vidal“, ſo berihtet Owen, „hatte in einem leihten Boote eben ſeine Fahrt auf dem Fluſſe Tembi in Südweſtafrika begonen, als er plößlih einen überaus heftigen Stoß von unten fühlte, ſo daß der hintere Teil des Fahrzeuges faſt über das Waſſer emporgehoben und der Steuermann über Bord geſchleudert wurde. Jm nächſten Augenbli>e erhob ſich ein rieſiges Flußpferd aus dem Waſſer, ſtürzte wild und drohend mit offenem Rachen auf das Boot los, faßte es mit ſeinen fürchterlichen Kinnladen und riß ſieben Bretter auf einmal los; hierauf verſchwand es, kam jedo<h wieder herauf, um ſeinen Angriff zu erneuern, und wurde nur durch einen Schuß ins Geſicht von ſeinem Vorhaben abgehalten. Das Boot, welches ſih ſofort mit Waſſer füllte, war glüdlicherweiſe ſo nahe am Ufer, daß man dieſes noh erreichen konnte, bevor es unterging. Wahrſcheinlih hatte das Fahrzeug den Rücken des Tieres geſtreift und es dadur<h zum Angriffe gereizt.“