Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

550 Elfte Ordnung: Paarzeher; neunte Familie: Plumptiere.

Sparrmann berichtet, friſ<h gefangenen Nilpferden mehrmals mit der Hand über die Schnauze, um ſie auf dieſe Weiſe an ihre Ausdünſtung zu gewöhnen. Das Euter der Kuh nimmt ein junges Nilpferd gern an; mit einer einzigen Saugamme iſt es freilich bald niht mehr gethan, denn der junge Rieſe verlangt ſhon nah turzer Zeit die Milch von 2, 8 und 4 Kühen oder 8—12 Ziegen.

Nach allen bisherigen Beobachtungen hält das Nilpferd die Gefangenſchaft leiht und dauernd auh in Europa aus. Wird das Tier paarweiſe an einem Orte untergebracht, wo es ſih ſeinem natürlihen Weſen gemäß bewegen, alſo bald ins Waſſer, bald aufs Trockene gehen fann, ſo darf man au< auf Nachkommenſchaft rehnen. Es nimmt mit jeder Koſt vorlieb, namentlih mit allem, was man dem Hausſchweine zu reichen pflegt. Jh ſah das erſte gefangene Flußpferd, welches in der Neuzeit wieder nah Europa fam, in Kairo. Es hatte ſih dort ſo an ſeinen Pfleger gewöhnt, daß es ihm wie ein Hund überall nahlief und ſi<h mit Leichtigkeit behandeln ließ. Ein Gemengſel von Milch, Reis und Kleie bildete ſeine Nahrung; ſpäter nahm es mit friſchen Pflanzenſtoffen vorlieb. Man baute zur Überfahrt einen eigenen Kaſten für das Tier und führte mehrere große Fäſſer Nilwaſſer mit ſi<h, um dem Flußbewohner täglih mehrere Bäder geben zu können, brachte ihn auch glü>li<h nah London.

Später gelangten zwei Nilpferde nah Paris und im Jahre 1859 die erſten beiden nah Deutſchland, wo ſie überall umhergeführt und zur Schau geſtellt wurden. SWhließlich kamen beide Tiere nah Amſterdam, wo ſie viel von ihrer früheren Gutmütigkeit verloren. Fm September des Jahres 1861 zeigten ſie ſi< paarungsluſtig; Mitte des Monats erfolgte die Begattung. Sie wurde im Waſſer vollzogen, oft nacheinander, und währte, wie bei den Pferden, nur ſehr kurze Zeit. Die Geburt erfolgte am 16. Juli 1862, die angenommene Trächtigfeitsdauer von 10 Monaten war jedoch zu hoch gegriffen. Auffallenderweiſe behandelte die Mutter ihr wohlausgebildetes, munteres Junges von der erſten Stunde an roh und hart, ließ es niht ſaugen, warf es hin und her und zeigte ſi, als ſie vom Männchen getrennt worden war, höchſt aufgeregt. Das Junge ſtarb trot aller Verſuche, es künſilih zu ernähren, bereits zwei Tage nah ſeiner Geburt. Einen Tag ſpäter nahm die Alte ſhon wieder auf. Sie hatte ſi um ihr Männchen, welches dur den Anbli> des Jungen ſehr wütend geworden war, von Anfang an weit mehr bekümmert als um ihr Kind.

Weſterman, der Vorſteher des Amſterdamer Tiergartens, hat mir ſpäter mündlich mitgeteilt, daß dieſelbe Alte no< andere Junge zur Welt brachte, und zwar regelmäßig 7—8 Monate (genau 7 Monate 20—25 Tage) nah beobahtetem Sprunge; die meiſten dieſer Zungen wurden von der Mutter ſ{le<t behandelt. Der Vater ſchien ſtets eiferſüchtig zu ſein auf ſeinen Sprößling und gebärdete ſih wie toll, erregte dadur<h die Alte ebenfalls und veranlaßte mittelbar die Entfernung des Säuglinges, welcher in den drei erſten Fällen niht lange lebte. Man verſuchte zwar, das Junge mit Kuhmilch aufzuziehen, füllte lebtere in große Saugflaſchen und gewöhnte das Tierchen auch daran, die ſolcherart gebotene Nahrung anzunehmen, erhielt ihm jedo<h im günſtigſten Falle bloß 2 oder 3 Wochen lang ein kümmerlihes Daſein. Erſt bei dem vierten Jungen, welches im Auguſt 1865 geboren wurde, war man glü>liher. Zwar wendete man auch bei ihm in den erſten Wochen die Saugſlaſche an, lernte dann aber dur verſchiedene Verſuche ein weit einfaheres Mittel fennen, um den Säugling zu ernähren, indem man lauwarme verdünnte Kuhmilch einfa in einen Napf ſchüttete, das junge Flußpferd herbeilo>te, die Hand in die Milch ſte>te und das Tier dadur veranlaßte, an den Fingern zu ſaugen. Solcherart leerte es einen Napf Milch nach dem anderen und gedieh zuſehends. Weſterman ſelbſt unterzog ſih dieſer Mühwaltung, und ſeiner Aufopferung gelang es wirklich, das junge Nilpferd groß zu ziehen. Vom zweiten Monate ſeines Lebens an nahm es dann und wann bereits Salat, Gras und andere Pflanzennahrung zu ſi<, und im Alter von 6 Monaten gebärdete es ſich wie die