Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Dod Zwölſte Oxdnung: Sirenen.

Kiefer. Hierauf begründet man die Gattungen, die, wenn man den neueren Unterſuhungen Dollos folgt, der das erſt unlängſt au3gerottete Borkentier als eine Halicore betrachtet, welche die Zähne verloren hat, auf zwei beſchränkt ſein würden: Halicore und Manatns.

Die äußeren Merkmale der no< lebenden Sirenen ſind die bereits angegebenen der Ordnung: hinſichtlih des Gerivpes und der Eingeweide habe ih, Carus folgend, nahſtehendes zu bemerken. Der Schädel iſt verhältnismäßig kurz, hinten mäßig gewölbt, am hinteren Teile des Stirnbeines am ſ{<mälſten, der Jochbogen kräftig, ein vom Schläfenbeine ausgehender, ſehr breiter Johbogenfortſaß vorhanden; die an der Schädeloberfläche freien Stirnbeine bilden die hintere bogenförmige Begrenzung der Naſenöffnung und tragen an ihrem Vorderrande die kleinen Naſenbeine; die Zwiſchenkiefer ſind bei den Seejungſern zur Aufnahme der großen ſtoßzahnartigen Schneidezähne ſtark geſhwollen, bei den Manaten mäßig verlängert; das Felſenbein iſ nur durc eine Naht mit den umgebenden Knochen verbunden, der Unterkiefer kurz, dur< hohes Gelenkſtü> und entwi>elten Kronfortſaß ausgezeichnet, der Ober- wie der Unterkiefer mit Zähnen bewehrt. Außer den ſieben Halswirbeln beſteht die Wirbelſäule, da ein Kreuzbein nicht vorhanden iſt, nur aus Rü>ken-, Lenden- und S<hwanzwirbeln mit ſehr einfachen Fortſäßen, das Bruſtbein aus mehreren hintereinander liegenden Stücken. Das dreie>kige Schulterblatt iſt am inneren vorderen Winkel abgerundet und mit einer Scultergräte verſehen, das Knochengerüſte dem der übrigen Säugetiere noh ſehr ähnli, das der Hand noch inſofern wohl entwi>elt, als die Finger ſehr beweglih ſind und nur aus drei Gliedern beſtehen; das Be>en wird dur einen kurzen, rippenähnlihen Knochen dargeſtellt, welher mit dem kurzen Querfortſaße des dritten, auf den leßten rippentragenden folgenden Wirbels verbunden iſt und am unteren Ende ein mit dem der unteren Seite zuſammentretendes kurzes Schambein trägt; bei den Manaten findet ſi< auch ein niht mit der Wirbelſäule verbundenes Sißbein. Das Gebiß ändert je nah den Gattungen ab. Speicheldrüſen ſind nur bei den Seejungfern vorhanden; der Magen wird durch eine ſentrete Einſhnürung in einen weiten Mund- und einen engeren Pförtnerteil geſchieden; am blinden Ende des erſteren hängt ein drüſenartiger Blindſa>; an der Einſhnürungsſtelle finden ſi<h zwei blinde Magenanhänge.

Seichte Ufer und Meerbuſen heißer Länder, Flußmündungen und die Ströme ſelbſt, zumal deren Untiefen, bilden die Wohnſiße und Aufenthaltsorte der Sirenen. Jn dem gemäßigten Gürtel ſcheinen ſie nur ausnahmsweiſe vorzukommen; doh können wir hierüber etwas Sicheres nicht ſagen, weil ſie ſi< der Beobachtung meiſt entziehen. Dagegen wiſſen wir, daß ihr Aufenthalt niht immer derſelbe iſt: ſie wandern oft viele Meilen weit, unter anderem auch bis tief in das Jnnere der Länder, bis in die Seen, welche mit großen Flüſſen in Verbindung ſtehen. Man trifft ſie entweder paarweiſe oder in Éleinen Geſellſchaften an; doh wird behauptet, daß ſie in ſtrenger Ehe leben und ein Männchen ſi< immer mit feinem Weibchen zuſammenhalte. Sie ſind ſhon weit mehr Waſſertiere als die Robben. Nurx ſehr ausnahmsweiſe ſchieben ſie ihren maſſigen Leib über den Saum des Waſſerſpiegels heraus. Die Gewandtheit anderer Seeſäugetiere geht ihnen ab; ſie ſ{<hwimmen und tauchen zwar vortrefflich, meiden aber doh größere Tiefen, wahrſcheinlih weil ſie zu abwe<hſelndem Auf- und Niederſteigen zu unbeholfen ſind. Auf tro>enem Lande \<leppen ſie ſih mit der allergrößten Anſtrengung kurze Stre>en dahin; ihre Floſſenbeine ſind viel zu {<wa<h, um die Maſſe des Körpers zu bewegen, um ſo mehr, als dieſer die Biegſamkeit des Seehundleibes in keiner Weiſe zu beſißen ſcheint.

Seepflanzen, Tange und Gräſer, welche in Untiefen oder hart am Ufer wachſen, ſowie verſchiedene Waſſerpflanzen, welche auf ſeichten Stellen der Flüſſe wuern, bilden die Nahrung der Sirenen: ſie ſind alſo die einzigen im Waſſer lebenden Säugetiere, welche Pflanzenſtoffe verzehren. Dieſe reißen ſie mit den dien Lippen ab und {lingen wie das Flußpferd