Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Allgemeines. Lamantin. 999

große Mengen auf einmal in den weiten Schlund hinab. Jhre Loſung, in Form und Ausſehen dem Rindermiſte ähnelnd, bede>t an ihrem Aufenthaltsorte bald in Menge die Oberfläche des Waſſers.

Wie alle gefräßigen Geſchöpfe ſind auch die Sirenen träge, ſtumpfſinnige und ſ{<wachgeiſtige Weſen. Man nennt ſie friedlih und harmlos und will damit ſagen, daß ſie nichts weiter thun als freſſen und ruhen. Weder fur<tſam noch kühn, leben ſie mit allen übrigen Tieren im Frieden, bekümmern ſich überhaupt um nichts weiter als um ihre Nahrung. Zhr Verſtand iſt außerordentlih gering; an dem wirklichen Vorhandenſein desſelben darf aber niht gezweifelt werden. Beide Geſchlehter bekunden große Anhänglichkeit zu einander und ſuchen ſich gegenſeitig zu verteidigen und zu ſhüßen, und die Mütter pflegen ihre Kinder mit viel Liebe und Sorgfalt, ſollen ſie ſogar, während ſie ſäugen, wie Menſchenweiber an der Bruſt tragen und eine ihrer Floſſen als Arm verwenden, um die Kleinen gegen ihren diden Leib zu drü>en. Bei Gefahr oder im Shmerze entrollen ihren Augen Thränen; gleihwohl dürſte es gewagt ſein, von dieſen auf beſondere Empfindſamkeit zu ſchließen: die Thränen unſerer Sirenen ſind bedeutungslos und haben mit jenen der Heldinnen des Märchens keine Ähnlichkeit. Auch die Stimme der Manaten erinnert durchaus nicht an den Geſang der Meerweiber, ſondern beſteht nur in einem ſ{<wachen, dumpfen Stöhnen. Während des Atmens vernimmt man auch noch ein heftiges Schnauben.

Bemerkt zu werden verdient, daß dieſe plumpen Geſchöpfe nicht allein die Gefangen[haſt ertragen, ſondern ſogar in ziemli<h hohem Grade gezähmt werden tönnen.

Fleiſh und Spe>, Haut und Zähne finden Verwendung; von einer anderweitigen Nußbung wird nichts berichtet.

Bei den Manaten (Manatus) iſ die Shwanzfloſſe abgerundet; den etwas unförmig geſtalteten Fiſchleib bekleiden ſehr ſpärlich kurze Haare, welche nur an der Schnauze dichter und hier zu Borſten umgewandelt ſind. An den Zehen der abgerundeten Bruſtfloſſen bemerft man vier kleine Plattnägel. Nur junge Tiere beſitzen Schneidezähne, da dieſe ſehr bald ausfallen und bei alten bloß Ba>enzähne übrigbleiben. Von ihnen ſind 7—8 in Thâtigkeit, weil die Backenzähne der Manaten wie die der Elefanten ſih abnußen, wenn ſie unbrauchbar geworden ſind, ausfallen und von hinten her dur neuere erſeßt werden, ſo daß die Reihe unter Umſtänden aus 8—10 Baenzähnen beſtehen kann. Als Vaterland der beiden amerifaniſchen Arten dieſer Gattung ſind die zwiſchen dem 25. Grade nördlicher und 19. Grade ſüdlicher Breite in das Atlantiſche Meer fließenden Flüſſe und die bena<hbarten Meeresgeſtade zu betraten. Die afrikaniſche Art (M. senegalensis) bewohnt außer dem Tſadſee die Oberläufe der großen weſtlihen Ströme und die kleinen Küſtenflüſſe, welche zwiſchen dem 20. Grade nördlicher und 10. Grade ſüdlicher Breite ins Atlantiſche Meer münden; wahrſcheinlih irrtümlih wurde ihr Vorkommen in ſüdafrikaniſchen Gebieten berichtet.

Der Lamantin oder der Ohſenfiſch der Portugieſen, Apia der Fndianer (Manatus latirostris, australis, americanus, atlanticus, Trichechus manatus) die am genaueſten beobachtete Art, wird etwa 3 m lang und 300 ks, nah Kappler manhmal bis 400 kg ſhwer; do behaupten die Amerikaner, noch weit größere, 5, ja ſelbſt 6 m lange Ochſenfiſche geſehen zu haben. Eine faſt völlig na>te Haut, welche kurze, etwa 2 cm weit voneinander ſtehende Borſtenhaare trägt, bede>t den Leib. JZhre Färbung iſt ein ziemlich einförmiges Bläulichgrau, welches auf dem Rüden und den Seiten etwas mehr dunkelt als auf der Unterſeite des Leibes. Die Borſten ſehen gelblih aus.