Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Dujong: Verbreitung. Lebensweiſe. Stimme. 561

Naſe oder au< wohl den halben Leib aus den Fluten heraus, {öpft Atem und verſinkt langſam und gleihmäßig wieder in die Tiefe.

Die Fiſcher ſagen, daß der Dujong paarweiſe und nur ſelten in kleinen Familien lebe; doch gilt dieſe Angabe mehr für den Arabiſchen Meerbuſen als für andere Teile des Jndit[hen Weltmeeres, weil er dort zuweilen in Scharen beobachtet worden ſein ſoll. Nach Angabe der arabiſchen Fiſcher teilt mir Klunzinger mit, daß man im Roten Meere ſtets mindeſtens zwei, niht ſelten aber bis zehn Seejungfern beiſammen findet. Jhre Bewegungen werden als langſam und ſ{<werfällig geſchildert, obgleich die Kraft ihres Schwanzes ſehr bedeutend iſt. Zufällig hat man beobachtet, daß ſie beim Freſſen faul auf dem Grunde des Meeres liegen und gemählih die an den Felſen oder auf dem Meeresboden wachſenden Tange, ihre Hauptnahrung, mit den harten, di>en Lippen abweiden oder aber vom Boden losreißen. Solange es no< Nahrung an einer Stelle gibt, verändert der Dujong ungezwungen ſeinen Aufenthalt wahrſcheinlich niht; hat ex aber eine ſeiner Meerwieſen abgeweidet, ſo ſiedelt er langſam nah anderen Stellen über, welche ihn dann wieder auf einige Zeit feſſeln. Möglicherweiſe haben die heftigen Stürme, welche zu gewiſſen Fahreszeiten das Jndiſche Meer aufwühlen, einigen Einfluß auf ſeine Wanderungen, und das unruhige Gewoge zwingt ihn unter ſolchen Umſtänden, Buchten und Sunde zu ſuchen, in denen ſeine angeborene Faulheit niht weiter geſtört wird. Daß er dur< Stürme zum Wandern bewogen wird, ſchließt man aus ſeinem zeitweiligen Erſcheinen an gewiſſen Stellen, wo man ihn während der ruhigen Zeit des Jahres niht beobachtete. Jn der ſüdlichen Hälfte des Roten Meeres, an der nubiſchen und abeſſiniſchen Küſte alſo, findet man ihn zu jeder Jahreszeit; weiter im Norden dagegen trifft er bloß in den Wintermonaten ein.

Mit der Unbeweglichkeit und Schwerfälligkeit des Leibes ſcheinen die geiſtigen Eigenſchaften der Seemaid im Einklange zu ſtehen. Die Sinne ſind {<hwach entwi>elt; Verſtand ſpricht ihr nur Klunzinger zu. Die Stimme beſteht aus einem Schnauben oder dumpfen Stöhnen, die der Jungen in ſ{härferen Lauten. Nur während der Paarungszeit bemerkt man eine gewiſſe Erregung an den ſtumpfen Geſchöpfen; die Männchen ſollen ſogar hartnä>ig um das Recht der Paarung kämpfen und dabei ſo weltvergeſſen ſein, daß ſie den JZäugern gerade jeßzt die beſte Zeit geben, ſich ihrer zu bemächtigen. Es wird berichtet, daß gepaarte Dujongs bei Gefahr ſi gegenſeitig zu Hilfe eilen. Man hat beobahtet daß das Männchen ſeinem verwundeten Weibchen beſorgt na<hſ<hwamm und es dur heftiges Herumſchlagen mit der kräftigen Shwanzfinne aus der Gemalt ſeiner Verfolger zu befreien ſuchte. Wurde einer der Gatten in Abweſenheit des anderen getötet, ſo ſhwimmt dieſer lange Zeit an den gewohnten Aufenthaltsorten umher, beſucht alle Lieblingspläße und ſteht erſt dann von ſeinen Nahforſchungen ab, wenn er merkt daß ein Wiederfinden unmöglich iſt.

Über die Fortpflanzung erfuhr Klunzinger durch ſeine Fiſcher das Nachſtehende: Die Paarungs- wie die Saßtzeit fällt in den Winter; das Weibchen geht alſo faſt ein volles Fahr trächtig. Bei der Begattung vereinigt ſi das Männchen mit dem erwählten Weibchen „dreimal“ nacheinander in Zwiſchenräumen von je einer halben Stunde. Während des Gebärens dreht ſi leßteres mit der Unterſeite gegen die Oberfläche des Waſſers und erſt na< Verlauf von 2 Tagen ſinkt es mit dem Jungen wieder auf den Grund des Meeres hinab. Das Junge mißt bei der Geburt mindeſtens dritthalb Armlängen, ſaugt aber wenigſtens ein volles Fahr und wird. dabei von der Mutter gegen die Bruſt gedrü>t. Später beſteigt es zuweilen den Rücken dex Alten, um, auf ihm liegend, behaglich auszuruhen. Die Mutter bekundet die wärmſte Liebe für ihren Sprößling, verläßt ihn nie und ſett ſich ſeinetwegen rü>haltlos der Todesgefahr aus. Nach Verlauf eines Jahres etwa wird leßlerer entwöhnt und wandelt nunmehr ſelbſtändig ſeine Wege. Wie viel Wahres an dieſen Angaben, läßt Klunzinger dahingeſtellt ſein. ;

Brehm, Tierleben. 3. Auflage, II. 36