Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Allgemeines. Sinne. Bewegung. 569

Walen, bilden ſich, laut Carus, in Längsgruben der Kieferſchleimhaut Zahnkeime, die indes nur bei den Zahnwalen zu bleibenden Zähnen, welche niht gewe<hſelt werden, ſih weiter entwideln. „Bei den Bartenwalen verſchwinden ſie, und es entwid>elt ſih ein dieſen Tieren eigentümliher Befaß der Oberkiefer und Gaumenflächen. Jn queren Furchen entſtehen hornige, frei in die Mundhöhle herabhängende Platten, von denen die äußeren, am Oberkiefer befeſtigten, die längſten, die an der Gaumenfläche ſtehenden die kürzeſten ſind: die Ela3mia, welche das Fiſchbein bilden.“

Zm übrigen dürfte noh folgendes zu bemerken ſein: die Zunge iſt außerordentlih groß; Speicheldrüſen fehlen; die Speiſeröhre geht in einen vielfach geteilten, d. h. in 4, 5 und ſelbſt 7 Abteilungen geſchiedenen Magen über; doch ſtehen dieſe niht ſämtli, wie bei den Wiederkäuern, mit der Speiſeröhre in Verbindung, ſondern die auf die weitere Magenmundabteilung folgenden Abſchnitte ſind einzelne, mittels trihterförmig durhbohrter Scheidewände miteinander verbundene Abſchnitte des Pförtnerteiles. Eine Gallenblaſe iſt niht vorhanden. Die Nieren ſind gelappt, die Hoden im Jnneren des Leibes gelegen ; die Gebärmutter iſt zweihörnig.

Veſonders merkwürdig find die Atmungswerkzeuge. Die Naſe hat ihre Bedeutung gänzlich verloren und iſt ausſ{hließli<h Luftweg geworden. Jhre auf der höchſten Erhebung des Schädels gelegene Öffnung, das Atem- oder Sprißzlo<h, führt ſenkre<t in die Naſenhöhle und durch dieſe in den Kehlkopf, welcher, wie Carus beſchreibt, kegelförmig in die Rachenhöhle hinaufragt und hierdurh den Speiſeweg in zwei ſeitliche Zweige teilt. Bei dem Mangel eines eigentlichen Kehlde>els wird das Schlucken dadur< ermöglicht, daß die Speiſen niht über die Stimmrige hinweg, ſondern zu beiden Seiten neben ihr in die Speiſeröhre treten. Der Kehlkopf iſt niht geeignet, eine wohllautende Stimme hervorzubringen, wohl aber eine Menge Luft mit einem Male dur<hgehen zu laſſen. Die Luftröhre iſt ſehr weit, die Lunge hat einen beträhtlihen Umfang, und alle Luftröhrenäſte ſtehen untereinander in Verbindung, ſo daß von einem aus die ganze Lunge gefüllt werden kann. Dazu kommen noch andere Hilfsmittel, welche die Atmungsfähigkeit erhöhen: ſo beſißen die Herzund Lungenſchlagader weite Säcke, in welchen ſi gereinigtes und der Reinigung bedürſtiges Blut anſammeln kann.

Die Muskeln ſind einfa, der Größe der Tiere angemeſſen und ungemein kräftig. Die Nervenmaſſe iſ äußerſt gering: bei einem 5000 kg ſ{<weren Walfiſche von 6 m Länge wog das Gehirn noh niht 2 kg, niht mehr als bei dem ſelten an 100 kg ſ{<weren Menſchen! Alle Sinneswerkzeuge ſtehen auf tiefer Stufe. Die Augen ſind Élein, die Ohren äußerlich kaun: ſichtbar, ſozuſagen nur angedeutet. Gleichwohl läßt ſich niht annehmen, daß Geſicht und Gehör verkümmert ſein müſſen. Alle Wale beweiſen, daß ſie niht allein ſehr ſ<harf, ſondern auch in weite Ferne ſehen, ebenſo, daß ſie Geräuſche aller Art gut wahrnehmen. Der Geruchsſinn iſt ſehr gering entwi>elt, Die Riechnerven fehlen ſogar gänzlich bei den Zahnmwalen, mit Ausnahme der Entenwale, welche wie die Bartenwale ſ{<wache Niehnerven beſizen. Über den Geſhma> vermögen wix nicht zu urteilen; vom Gefühle aber wiſſen wir, daß es einigermaßen entwid>elt iſt.

Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß ſoler Leibesbau für das Waſſerleben der Wale durchaus geeignet iſt. Die wagerecht geſtellte Schwanzfloſſe befähigt zu ſpielendem Auf- und Niedertauchen oder müheloſer Ausbeutung verſchiedener Schichten der Höhe und Tiefe. Die Glätte der Haut erleichtert die Fortbewegung der ungeheueren Maſſe, die Fettlage verringert ihr Gewicht, erſeßt das wärmende Haarkleid und gibt zugleich den nötigen Widerſtand für den kaum zu bere<hnenden Dru> welchen ein Wal auszuhalten hat, wenn er in die Tiefe des Meeres hinabſteigt. Die ſehr große Lunge ermöglicht, außerordentlich lange unter dem Waſſer zu verweilen, und die erweiterten Schlagadern, welche Herz und Lunge