Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Atmung. Stimme. Nahrung. Fortpflanzung. 575

Dagegen ſ{hreibt Pehuel-Loeſche: „Das „Blaſen“ größerer Wale iſt weithin hörbar. Man könnte es mit dem Geräuſche vergleichen, unter welhem aus einer langſam anziehenden Lokomotive der Dampf entweicht, nur iſt es um vieles gedehnter und klingt, je nah der Art der Tiere, etwa wie „hu-u--#}“/ „ur-rr-rr-ff“ oder „blurr-rr“. Zuweilen wird dabei ein eigenartiges Stöhnen oder Schüttern wie beim lauten Schnarchen hörbar; beſonders auffällige oder gar furhtbare Laute habe ih aber niemals vernommen, nicht einmal bei ſehr erregten und umhertobenden oder angreifenden Walen. Von manchen exfahrenen Leuten wurde mir zwar verſichert, daß gewiſſe große Bartenwale in gereiztem Zuſtande häufig ein Gebrüll hören laſſen; aber ebenſo erfahrene und niht minder glaubwürdige andere Leute, denen ih beipflihten muß, behaupteten ebenſo beſtimmt, daß auch dieſe Wale ſtumm ſeien. Vielleicht haben jene in der Aufregung der Jagd das beſonders laute Schnauben harpunierter Tiere für ein Gebrüll gehalten.“ Auch Kükenthal und Alfred Walter haben uns nihts Gegenteiliges berihten können.

Alle Wale nähren ſi< von Tieren und nehmen wahrſcheinlih nur zufällig Pflanzen mit auf; wenigſtens bedarf es noh genauerer Beobachtung, bevor man behaupten kann, daß eine Art, der Finnwal nämlich, die Tange, welche man oft in großer Menge in ſeinem Magen findet, abweidet oder ein Delphin die in das Flußwaſſer gefallenen Früchte frißt. Größere und kleinere Meertiere der verſchiedenſten Klaſſen ſind die Beute, welcher ſie naŸſtreben. Gerade die größten Arten nähren ſi von den kleinſten Meertieren, und umgekehrt z die fleineren ſind die tüchtigſten Räuber. Sämtliche Zahnwale ſind Raubtiere im eigentlichen Sinne des Wortes, und manche von ihnen verſchonen ſelbſt die Shwächeren ihrer eigenen Sippſchaft niht; dagegen begnügen ſi die Bartenwale mit ſehr kleinen Tieren, mit winzigen Fiſchen, Krebſen, ſchalenloſen Weichtieren, Quallen und dergleichen. Man kann ſich leiht vorſtellen, wel< unſhäßbare Maſſen von Nahrung die Nieſen des Weltmeeres zu ihrer Erhaltung bedürfen: ein einziger großer Bartenwal verzehrt wahrſcheinlich täglich Millionen und ſelbſt Milliarden winziger Geſchöpfe. |

Über die Zeit der Fortpflanzung fehlen noh genauere Nachrichten. Vielleicht geſchieht ſie zu jeder Jahreszeit, am häufigſten aber wohl gegen das Ende des Sommers. Es ſcheint, daß ſih dann die Herden in beſtimmte Paare auflöſen, welche längere Zeit zuſammenhalten. Vor der Begattung zeigt das Männchen ſeine Erregung durch Plätſchern mit den gewaltigen Floſſen an und verurſacht bei ſtillem Wetter Donnergetöſe. Gar nicht ſelten wirft es ſich auf den Nüen, ſtellt ſih ſenkrecht auf den Kopf und bewegt die Wogen auf weithin, ſpringt auh wohl, mit der rieſigen Maſſe ſeines Leibes ſpielend, über die Oberfläche des Waſſers heraus, taucht ſenkre<ht in die Tiefe, erſcheint von neuem und treibt andere Scherze zur Freude des Weibchens. Die Begattung geſchieht in verſchiedener Weiſe, indem ſih das Männhen entweder auf das umgedrehte Weibchen legt, oder beide zur Seite geneigt ſih aneinander ſ<miegen, odèr endlih beide, Bruſt gegen Bruſt gekehrt, eine mehr oder weniger ſenkrete Stellung im Waſſer annehmen. Beider vereinigte Kraft ermögliht, wie Scammon jagt, jede beliebige Stellung während der Begattung. Wie lange die Tragzeit währt, iſt zur Zeit noh niht ermittelt. Man nimmt zwar an, daß ſie bloß 6—10 Monate dauert, dürſte aber ſhwerli<h dieſe Annahme beweiſen können. Bei den kleineren mag die angegebene Zeit der wahren wohl ziemlih nahe kommen; die großen aber können ebenſogut 21 oder 22 wie 9 oder 10 Monate trächtig gehen. Für letzteres ſpricht die mitgeteilte Beobachtung Steenſtrups, daß die Mutter in jedem zweiten Jahre an gewiſſen Orten erſcheint, um zu gebären. G. A. Guldberg iſt dur eingehende vergleichende Unterſuchungen zu dem Erxgebniſſe gelangt, daß die Trächtigkeitsdauer der größeren Finmwalarten höchſt wahrſcheinlih 10—12 Monate, die der größten aber über ein Jahr umfaßt. Das neugeborene, bereits ſehr entwidelte Junge beſißt !/¿—/2 der Länge des Muttertieres.