Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Feinde, Fangbetrieb. Geſchichtliches. Erträge. 5ST.

großartigen Erfolge aber mochten die Habſucht anderer Seevölker erwe>t haben: denn ſhon im 16. Fahrhundert zeigten ſih engliſche und bald darauf holländiſche Fangſchiſfe in den grönländiſchen Meeren. Man ſagt, daß die ausgewanderten baskiſchen Fiſcher den beiden nördlichen Völkern die Kunſt des Walfanges gelehrt haben. Die Stadt Hull rüſtete im Jahre 1598 die erſten Schiffe aus; in Amſterdam wurde 1611 eine Geſellſchaft gebildet, welche ihre Jagdfahrten nah den Meeren von Spibßbergen und Nowaja Semlja richtete. Bald nahm dieſer Teil der Seefahrt einen bedeutenden Aufſhwung. Schon 60 Jahre ſpäter verließen 133 Fangſchiffe die holländiſchen Häfen. Die Blütezeit des Fanges trat ſpäter ein. n den Jahren 1676 bis 1722 ſendeten die Holländer 5886 Schiffe aus und erbeuteten in dieſer Zeit 32,907 Wale, deren Geſamtwert damals mindeſtens 300 Millionen Mark betragen haben mag. Noth zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die gewinnreiche Fagd eifrig betrieben. Friedrich der Große ließ im Jahre 1768 Walfänger ausrüſten; die Engländer hatten etwa um dieſelbe Zeit 222 Schiffe auf den nördlichen Meeren. Bald aber wurden die Amerikaner die eifrigſten Walfänger. Nach einer von Scammon gegebenen Zuſammenſtellung beſchäftigten ſih in dem Zeitraume von 1835 bis 1872, alſo in 38 Fahren, 19,943 Fahrzeuge mit dem Walfange, gewannen 3,671,772 Tonnen oder Fäſſer Walrat ſowie 6,553,014 Tonnen Thran und erzielten dafür die Summe von 272,274 916 Dollars. Nah Scammons Schäßungen wurden, um dies zu erreichen, alljährli<h 3865 Pott- und 2875 Bartenwale getötet, wozu no< ein Fünftel an verwundeten und verlorenen gerechnet werden muß, ſo daß man die Geſamtſumme aller innerhalb des gegebenen Zeitraumes erbeuteten oder doh vernihteten Wale auf niht weniger als 292,714 annehmen darf. Der Fang ſelbſt, obwohl dabei Unglücksfälle vorkommen, iſt im ganzen weniger gefährlih als die Fahrt an ſi, wenn ſie in eisreihe Meeresteile führt. Manches Jahr bringt der Großfiſcherei ſ<were Verluſte. Jm Jahre 1819 gingen von 63 Schiffen 10, 1821 von“ 79 : 11, 1880 von 80 aber 21 zu Grunde; die Amerikaner verloren im Norden der Beringſtrafe dur das Eis im Jahre 1871 ſogar 33 und 1876 nohmals 12 Schiffe. Zum Glü> gehen bei ſolchen Schiffbrüchen nur ſelten Menſchenleben verloren, da das Meer faſt immer ruhig iſt und die Mannſchaft Zeit genug hat, ſi auf andere Schiffe zu retten. Der Walfang iſt aber niht nur ein gefährliches und anſtrengendes, ſondern auch ein höchſt unzuverläſſiges Geſchäft, ſo daß bei ihm das alte Sprichwort: „Viſcherie — Lotterie“ ſich vollfommen bewährt. „Wie ſehr der Walfang von den Launen des Zufalls abhängt“, ſagt Hartwig, „geht aus folgenden amtlichen Angaben deutlich hervor. Fm Jahre 1718 wurden von den 108 Schiffen der holländiſchen Grönlandflotte 1291 Wale gefangen, deren Wert etwa 14 Millionen Mark betrug; im folgenden Fahre dagegen erbeuteten 137 Schiffe bloß 22 Wale. Fnfolge dieſes entmutigenden Ergebniſſes rüſtete man das nächſtemal nur 117 Schiſſe aus; dieſe fingen aber 631 Wale und entſchädigten die Reeder einigermaßen für den erlittenen Verluſt.“ Daß bei einer ebenſo unumſchränkten wie unvernünftigen Verfolgung auch die früher reiſten Jagdgründe verarmen müſſen, iſt ſelbſtverſtändlich. „Die arttiſche Fiſcherei der deutſchen Seeſtädte“ von M. Lindemann bringt eingehende Nachweiſe hierüber ſowie über die we<ſelnden Schiefſale der Großſfiſcherei der meiſt beteiligten Völker. Bis vor einigen Jahrzehnten betrieben hauptſächli< für lange Kreuzfahrten ausgerüſtete Schiffe den Fang und jagten vornehmlich drei der größten Walarten: Nord- oder Grönlandwale, Rechtwale und Pottwale, von denen ein Stü, je nah ſeiner Ergiebigkeit und dem Stande des Marktpreiſes etwa 15/000— 30,000 Mark, unter Umſtänden auh 40/000 Mark wert war. Der Fangbetrieb geſchieht folgendermaßen: Wenn das Schiff auf dem Walgrunde angelangt iſt, kreuzt es hin und wieder, während vom Maſte gewöhnlich zwei Männer ſcharf auslugen. Jhr Ruf: „Dort blaſen ſie!“ bringt die geſamte Mannſchaft in Aufregung. „Das Gebaren der geſichteten Tiere“, ſchildert Pehuel-Loeſche „die Weiſe des Brehm, Tierleben, 3. Auflage. II. 37