Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

582 Dreizehnte Ordnung: Waltiere.

norwegiſchen Regierung eine Schonzeit eingeführt worden und außerdem das Töten des Wales unterſagt, wenn das Tier ſi< innerhalb 2 Meilen von der Küſte befindet. Die Strafe iſt auf 3000 Kronen feſtgeſeßt worden; die ruſſiſche Regierung, welche eine ähnliche Beſtimmung getroffen hat, läßt dagegen nur 25 Rubel Buße zahlen.“ Nach unſerem Gewährsmanne werden in jenen Gewäſſern vier Finnwalarten gefangen; der Ertrag eines Tieres an Thran und Fiſchbein hat, je na<h Art und Größe des Wales, einen Wert von 800—5000 Mark.

Die Wale zerfallen naturgemäß in zwei Hauptgruppen, welche man mit Fug und Recht als Unterordnungen bezeihnen darf: in die Zahn- und Bartenwale. Bei erſteren finden ſi in beiden oder mindeſtens in einem Kiefer Zähne, welche niht gewechſelt werden, bei einzelnen jedo< zum Teil oder gänzlich ausfallen Éönnen. Dieſes Merkmal genügt, um ſie in allen Fällen von den Bartenwalen zu unterſcheiden. Wie Kükenthal neuerdings ausgeführt hat, ſollten Barten- und Zahnwale nicht in einer Ordnung vereinigt, ſondern in zwei. ſelbſtändigen Ordnungen untergebraht werden. Beide Ordnungen ſtammen nach ihm „von landlebenden Mutterkuchentieren ab, und zwar haben ſich die Zahnwale von einer viel älteren Gruppe abgezweigt als die Bartenwale; was beide gemeinſam haben, ſind Ähnlich: feiten, die ſi< auf gleichartige Anpaſſung an das Leben im Waſſer zurütführen laſſen.“

Die zux artenarmen Unterordnung der Bartenwale (Mysticet e) gehörenden Wale kennzeihnen ſih vornehmlih dadurch, daß beiden Kiefern die Zähne fehlen, Dberkiefer und Gaumen dagegen Barten tragen. Anderweitige Merkmale liegen in dem ſehr großen, breiten Kopfe, den getrennten , längsgerichteten Sprißlöhern, dem engen Sthlunde, den großen Felſenbeinen und dem Mangel an Thränenbeinen. Das bedeutſamſte Kennzeichen ſind und bleiben die Barten. Sie vertreten weder die Stelle der Zähne, no< ähneln ſie ihnen hinſichtlih ihrer Anlage, ihrer Befeſtigung am Kieſer und ihrer Geſtaltung. Bei ganz jungen Malen hat man in den Kiefern kleine, knochenartige Körperchen gefunden, welche man als Zahnkeime deuten konnte; dagegen ſiven die ſpäter erſcheinenden Barten gar niht an den Kiefern, ſondern am Gaumen und ſind niht unmittelbar an den Kopfknochen befeſtigt. Zhre Querſtellung im Gewölbe der Mundhöhle erinnert an die Gaumenzähne der Fiſche. Die Barten, hornige, nicht knochige Oberhautgebilde, ſind dreiſeitige, ſeltener vierſeitige Platten, an denen man eine Rinden- und Markmaſſe unterſcheiden kann. Erſtere beſteht aus dünnen, übereinander liegenden Hornblättern; leßtere bildet gleihlaufende Röhren, welche am unteren Ende der Platte in borſtenartige Faſern, zerſchliſſene Teile der Platte ſelbſt, auslaufen. Gefrümmte Hornblätter verbinden die einzelnen Barten an deren Wurzel, mit welcher ſie an der ſie ernährenden, etwa 2 cm dien, gefäßreichen Haut des Gaumengewölbes angeheftet ſind. Jede einzelne Bartenplatte rihtet ſih quer dur< das Rachengewölbe gegen das als Kiel hervortretende, nur mit Schleimhaut bekleidete Flugſcharbein, in deſſen Nähe ſie verläuft; die längſten dieſer Platten, deren man im ganzen zwiſchen 250—400 zählt, finden ſih in der Mitte des Kiefers, die kürzeſten an der Spiße und an der Einlenkungsſtelle desſelben, da ſie von der Mitte aus ziemlih gleihmäßig nah beiden Seiten ſih verkleinern. Von vorne nach hinten ſteht eine dicht hinter der anderen; nah hinten werden die Zwiſchenräume größer. Von der Seite geſehen, erinnert die geſamte Bartenreihe an einen Kamm, deſſen Zinken die hier mit gerader Fläche endigenden Bartenplatten darſtellen. Die geſamte Bebartung läßt ſich mit einem Gewölbe vergleichen, von deſſen De>e, den mittleren Kiel ausgenommen, unzählige biegſame, mehr oder minder lange Faſern herabhängen. Sthließt der Bartenwal ſein Maul, ſo nimmt der Unterkiefer den ganzen Oberkiefer in ſih auf; die