Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Bartenwale: Allgemeines. 589

Faſern berühren, wenn niht überall, ſo doh an den Rändern die Zunge, ſ<ließen damit die Gaumenhöhle vollſtändig nah außen ab und halten wie ein Sieb auch die kleinſte und ſ<lüpferigſte Beute unentrinnbar feſt.

Die Bartenwale ſind ungeheuere Tiere mit ſehr großem Kopfe, weit geſpaltenem Rachen, doppelten Naſen- und Spriblöchern, verde>ter Ohröffnung und ſehr kleinen Augen. FJhre Wirbelſäule beſteht aus 7 Hals-, 14 oder 15 Bruſt-, 11—15 Lenden- und 21 und mehr Schwanzwirbeln. Nur eine Rippe verbindet ſich unmittelbar mit dem Bruſtbeine; alle übrigen find falſhe. Am Schädel ſind die Kiefer bogenartig gekrümmt und ſhnabelartig verlängert, gegen den äußerſt kleinen Hirnkaſten ungeheuer groß. Das Schulterblatt iſt ſehr breit, die Hände verſchieden geſtaltet, indem der Daumen bei den meiſten Arten verſhwunden iſt. Die ſhwere Zunge iſt ringsum im Maule feſtgewa<hſen und unbeweglich, die Speiſeröhre eng, der Magen dreiteilig. Erwachſen können die Bartenwale eine Länge von 20 bis 90 m und ein Gewicht von 20—150/000 ks erreichen: fie ſind demnach die größten aller Geſchöpfe, welche unſere Erde gegenwärtig beherbergt. Die Körpermaſſe eines Hauptwales entſpricht etwa der von 30—35 Elefanten oder 150—170 Olſen, und aus dem Spee eines ſolchen Rieſen find man<mal über 300 Hektoliter Thran gewonnen worden.

Gerippe des Nordwales. (Aus dem Berliner anatomiſhen Muſeum.)

Die Bartenwale leben ziemlih einzeln; denn bloß zufällig, vielleicht dur reichliche Nahrung herbeigelo>t, ſieht man ſie in Scharen beiſammen. Die meiſten wohnen im Cismeere und verlaſſen nur zuweilen die Buchten zwiſchen den Eisfeldern; andere ziehen ſüdlicher gelegene Meeresteile vor. Wie {hon erwähnt, halten ſie ſi< niht immer in einer Gegend auf, ſondern wandern. Ungeachtet ihrer ungeheuern Maſſigkeit bewegen ſie ſich im Waſſer raſh und gewandt; ja, die meiſten durziehen die Flut faſt mit der Shnelligkeit eines Dampfſchiffes. Sie ſchwimmen geradeaus, aber in beſtändigen Bogenlinien fort, indem ſie bald bis zur und teilweiſe bis über die Oberfläche des Waſſers emporkommen, bald wieder unter ihr fortziehen. Ungeſtört halten ſie ſich hauptſächlich an der Oberfläche auf, legen ſi< bisweilen auf den Waſſerſpiegel, bald auf den Rüen, bald auf die Seite, wälzen ſich, ſtellen ſi ſenkre<t und treiben andere Spiele, fahren mit halbem Leibe und ſchnellen ſogar manchmal den ganzen Körper über den Waſſerſpiegel empor. Bei ruhiger See überlaſſen ſie ſich wohl au<h dem Shlafe auf den Wellen, welche ſie hin- und hertragen.

Die Nahrung der größten Tiere der Erde beſteht aus Fiſchen oder aus kleinen, unbedeutenden Weich- und Schaltierchen, Kopffüßlern, Quallen und Würmern, unter denen ſih viele Arten befinden, welche dem bloßen Auge kaum ſihtbar ſind. Aber von dieſen Geſ<höpfen nehmen ſie Millionen mit einem Schlucke ¿u ſih. Den ungeheuern, weitgeſpaltenen Rachen aufgeſperrt, ſtreicht der Wal durch die Flut, füllt das ganze Mundgewölbe mit Waſſer und den darin ſ{<wimmenden und lebenden kleinen Tieren an und ſ{hließt, wenn dos Gewimmel derſelben ſeiner niht unempfindlichen Zunge fühlbar wird, endlich die Falle. Alle Faſern der Barten ſtehen ſenkrecht nah unten und bilden ſo ein Sieb, durch welches beim Schließen des Maules das Waſſer zwar entweichen kann, die ſämtlichen kleinen