Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

602 Dreizehnte Drdnung: Waltiere; dritte Familie: Delphine.

der Spitze oft ſeitli<h umgebogen, die große Schwanzfloſſe zweilappig, in der Mitte eingebuchtet und an den Enden in Spiben vorgezogen, die Haut vollkommen glatt und glänzend. Die Färbung ſcheint vielfah abzuändern. Ein mehr oder minder dunfles Schwarz erſtre>t ſih über den größten Teil der Oberſeite, ein ziemlich reines Weiß über die Unterſeite, mit Ausnahme der Schnauzen- und Shwanzſpiße; beide Farbenfelder ſind zwar ſcharf begrenzt, jedo<h bei den verſchiedenen Stücken niht übereinſtimmend verteilt. Hinter dem Auge ſteht in der Regel ein länglicher, weißer Fle>en; ein von oben geſehen halbmondförmiger ſ<hmußgigbläulicher oder purpuxfarbener Streifen zieht ſi< vom hinteren Rande der Rückenfloſſe aus nah vorn herab, kann jedo<h au< gänzlih fehlen. Es kommen auch ſehr helle, lihtbraun und elfenbeinweiß gefärbte Stücke vor.

Es ſcheint, daß die Shwertwale in früheren Zeiten verbreiteter waren als gegenwärtig. Die römiſchen Naturforſcher geben au<h das Mittelmeer als ihre Heimat an. Unter Tiberius, erzählt Plinius, ſtrandeten einmal gegen 300 Stü Elefantenwale und Widderwale, bei denen die weißen Fle>en wie Hörner ausſahen. Dem fügt Aelian hinzu, daß der Widderwal die Stirn mit einer weißen Binde geziert habe, welche ausſehe wie das Diadem eines makedoniſchen Königs. Bei Corſica und Sardinien gäbe es viele dergleihen Tiere.

In der Neuzeit hat man von ſeinem Vorkommen im Mittelmeere nihts mehr vernommen. Er bewohnt das nördliche Atlantiſche, das Eismeer und das nördliche Stille Meer, ſ<hwärmt jedo<h regelmäßig bis zu den Küſten Englands, Frankreihs und Deutſchlands hinab. Auffallenderweiſe erſcheint er nicht in den Winter-, fondern in den Sommermonaten in den ſüdliheren Gewäſſern, indem er im Mai anzukommen und im Spätherbſte zu ver{<winden pflegt. Nah Tileſius ſieht man ihn im Nordmeere gewöhnlih zu fünf und fünf, wie einen Trupp Soldaten, Kopf und Shwanz nah unten gekrümmt, die Rü>enfloſſe wie ein Säbel aus dem Waſſer hervorſtehend, äußerſt ſ<nell dahinſhwimmen und wachſamen Auges das Meer abſuchen; nah Pechuel-Loeſche vereinigen ſih mindeſtens ihrex vier und niemals mehr als ihrer zehn. Sie ſind nirgends häufig, finden ſih aber ebenſowohl inmitten der Weltmeere wie nahe an den Küſten, dringen hier au nicht ſelten in Buchtewr ein und ſteigen ſelbſt in den Flüſſen empor. Schwimmen ſie in bewegter See, ſo ſieht es aus, als ob ihnen die aufrechte Haltung der hohen Rü@enfinne viel Beſchwerden verurſache, weil dieſelbe zu dem ſ{hlanken Leibe in keinem Verhältnis zu ſtehen ſcheint; der erſte Eindru> aber verſhwindet gänzlich bei genauerer Beobachtung. „Sieht man dieſe Mörder“, ſagt Pehuel-Loeſche, „in der ihnen eigentümlihen Shwimmweiſe dur< das Waſſer ſtreichen oder bei hohgehender See in ſhön gerundeter Bewegung Welle auf und ab eilen, ſo ſtellt man unwillkürlih Vergleiche mit dem kunſtvollen Fluge der Schwalben an, Vergleiche, welhe durch die eigentümliche Art der Farbenverteilung nur an Berechtigung gewinnen. Fedenfalls muß man unter allen Walen gerade ihnen den Preis dev Schönheit zuerkennen. Sie halten ſi< gewöhnlich ſehr lange unter Waſſer auf, verweilen ungefähx 5 Minuten an der Oberfläche und blaſen 3—10mal kurz und ſcharf einen einfachen, dünnen und niedrigen Strahl. Doch bleiben ſie niht während der ganzen Zeit mit dem Oberteile des Kopfes und Rückens über Waſſer, ſondern „runden“, indem ſie nach jedem einmaligen Blaſen untertauchen, dicht unter der Oberfläche hinziehen, wieder einen Augenbli> erſheinen, um zu blaſen, und ſo fort, bis ſie endlich in ſchräger Richtung in die Tiefe gehen.“

Jhre Jagd gilt nicht bloß kleineren Fiſchen, ſondern auch den Rieſen des Meeres; denn ſie ſind niht nur die größten, ſondern auh die raubſüchtigſten und gefräßigſten aller Delphine. Schon Plinius ſagt: „Der Widderwal wütet wie ein Räuber; bald verſte>t ev ſih in dem Schatten großer Schiffe, welche vor Anker liegen, und lauert, bis jemand die