Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Tümmler: Bewegungen. Fortpflanzung. Gefangenleben. 609

Fiſchen nachgeſtellt hat oder niht, vermag ih niht zu ſagen. Um die Shwimmvögel auf dem Gewäſſer bekümmerte er ſich niht; ſie dagegen betrachteten ihn mit entſchiedenem Mißtrauen. Wo auh das ſchwarze Tier auftauchen mochte, entſtand Unruhe. Die Schwäne re>ten ihren Hals lang empor und bli>ten mit größter Verwunderung und Teilnahme nah dem Störenfriede; die Gänſe und Enten verließen das Waſſer und flüchteten ſih aufs Land, von wo aus ſie dann aufmerkſam den Bewegungen des Tieres folgten. So trieb es der Tümmler während des ganzen Tages. Er ſ{hwamm ruhelos auf und nieder, mied die flahen Stellen des Teiches ſorgfältig und bevorzugte dafür die Mitte, blies in regelmäßigen Zeitabſchnitten und gab uns Gelegenheit, ſein Treiben zu beobachten, freili<h nur auf Augenbli>e; denn das trübe Waſſer hinderte zu meinem Bedauern, ihn auh unter der Oberfläche zu verfolgen. Schon am anderen Morgen war er verendet.

Dieſes ſchnelle Dahinſcheiden iſt mir rätſelhaft geblieben. Es liegt kein Grund vor, zu glauben, daß Süßwaſſer einem luftatmenden Seetiere ſo ſhnell verderblih werden könne; unſere Erfahrungen widerſprechen einer ſolchen Annahme auch geradezu. Ebenſowenig läßt ſih denken, daß ein Tier von der Größe des Braunfiſches ſhon innerhalb 48 Stunden dem Mangel an Nahrung erliege, und gleihwohl iſt kaum etwas anderes als Todesurſache anzunehmen; denn die Leichenſchau ergab, daß der gedahte Gefangene vollkommen unverlest war. Somit ſcheint es wirklih, als wäre die bekannte Gefräßigkeit der Wale, wie beim Maulwurfe, unumgänglihes Bedürfnis zum Leben. Wie hoch ein freilebendes Meerſ<hwein ſein Alter bringt, iſt zur Zeit no< vollkommen unbekannt.

Wegen ſeiner oft höchſt läſtigen Räubereien wird der Braunfiſch allerorten gehaßt und um ſo eifriger verfolgt, als auh Fleiſh und Fett noh einen guten Ertrag liefern. Überall, wo die Heringszüge regelmäßig ankommen, ſenkt man zur Zeit des Zuges ſtarke, weitmaſchige Nebe in die Tiefe der Flüſſe, dur< welche wohl die Heringe, niht aber auch die Braunfiſche ſ{<hlüpfen können. Auf Jsland ſtellen die Fiſcher ihre Nege bei Beginn der Paarungszeit aus, welche den Braunfiſh in einen ſo großen Rauſch verſeßt daß ex blind wird, wie die Leute ſagen. Hier und da erlegt man ihn auch mit dem Feuergewehre, mehr um Gewandtheit im Schießen zu zeigen, als um ſih mit leichterer Mühe in ſeinen Beſiß zu ſeen. Jn früheren Zeiten wurde ſein Fleiſch ſehr geſhäßt. Schon die alten Nömer verſtanden die Kunſt, wohlſhme>ende Würſte aus ihm zu bereiten; ſputere Köche wußten es ſo herzurihten, daß es, wie beiſpielsweiſe in England, ſogar auf die Tafel des Königs und der Vornehmen gebra<t werden konnte. Heutzutage bildet es für ärmere Küſtenbewohner und für die oft an friſhem Fleiſhe Mangel leidenden Schiffer eine notdürſtige Speiſe, wird jedoch von allen Fiſchern zurü>gewieſen, ſolange noch ein Erſaß zu beſchaffen iſt. Das Fleiſch alter Tiere ſieht <wärzlih aus und iſt derb, grobfaſerig, zäh und thranig, deshalb auh ſchwer verdaulich; dasjenige aber, welches von jüngeren Tieren ſtammt,

æd als ſein und wohlſ<me>end gerühmt. Eingeſalzen und geräuchert findet es bei den niht verwöhnten Nordländern günſtige Aufnahme. Der Thran iſt fein und wird geſchäßt; die Grönländer benußen ihn zum Shmalzen ihrer Speiſen oder ſ{hlürfen ihn mit Wohlgefallen. Die Haut endlih wird gegerbt und dann als Leder verwendet.

Martens, welcher als Schiffsbarbier eines Walfängers im Jahre 1671 Spißbergen beſuchte und über nordiſche Seetiere berichtete, erwähnt zuerſt eines der auffallendſten Delphine: des Weißfiſches oder der Beluga, welche die Gattung der Weißwale (Beluga) vertritt. Als das wichtigſte Merkmal der hierher gehörigen Tiere mag das Fehlen einer Rückenfloſſe angeſehen werden. Die ſtark gewölbte Stirn fällt ſenkrecht gegen die breite, furze, abgeſtußte Schnauze ab, deren Kiefer mit wenigen kegelförmigen, im hohen Alter

Brehm, Tierleben. 3, Auflage. TIT. 39