Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

618 Dreizehnte Ordnung: Waltiere; dritte Familie: Delphine.

Wachtſold bezahlt die Leute, welche des Nachts oder ſolange die Fiſche niht verteilt worden ſind, bei dieſen wachen müſſen, damit ſie niht wegtreiben. Was nun noch bleibt wird in zwei gleiche Hälften geteilt, von denen die Leute des Kirthſpieles, in welchem der Fang geſchehen iſt, die eine und das Land die andere bekommt. Jedes Dorf hat eine beſtimmte Anzahl Boote, und zu jedem Boote gehören beſtimmte Leute. Die Wale werden deshalb bootweiſe verteilt. Sobald „Grindabud‘ erſchallt, werden- Boten an alle Dörfer verſandt, welche bei der Verteilung in Frage kommen, und dieſe müſſen dann ſogleih ihre Boote abſchi>en, um ihren Anteil zu holen. Kommen ſie niht innerhalb 24 oder höchſtens 48 Stunden nach der allgemeinen Verteilung zu dem Walplate, ſo wird ihr Anteil den Meiſtbietenden verkauft, und das daraus gelöſte Geld fällt der Armenkaſſe zu. Der Grund iſt der, daß nah 2 Tagen die Wale verderben; der Färinger ſagt: die Leber brenne nah außen.

„Nachdem jedem Boote ſein Anteil zugewieſen war, wurden die Fiſche zerlegt. Dies geſchieht in folgender Weiſe. Sobald ſie auf das Land gezogen ſind, werden zuerſt die Finnen ab- und dann der Körper in der Mitte durhgeſchnitten. Nun wird der Spe> in breiten Streifen, darauf das Fleiſch in Stücken abgelöſt, Leber, Herz und Niere, die <hma>hafteſten Biſſen für die Färinger, herau3genommen und darauf der Rumpf umgekehrt und mit der anderen Seite ebenſo verfahren. Der Nuten dieſer Tiere für das Land iſt ehr groß. Man rechnet im Durchſchnitte auf jeden Wal eine Tonne Thran. Fleiſ<h und Spe> werden friſh gegeſſen und eingeſalzen getro>net. Je friſcher das Fleiſch zerſchnitten wird, deſto beſſer der Geſ<hma>. Jh habe das friſhe Walfleiſh gekocht re<ht gern gegeſſen: es hat Ähnlichkeit mit grobem eingepökelten Rindfleiſhe. Der Spe> hat faſt gar keinen Geſhma>, war mir aber widerlih. Wenn die Färinger 14 Tage lang friſhes Walfleiſch gehabt haben, glänzen ihre Geſichter und Hände, ſogar die Haare von Fett. Nach 48 Stunden iſt das Fleiſh niht mehr zu genießen und wirkt als Brechmittel. Die Haut an den Finnen wird zu Riemen an den Rudern gebraucht, und von den Gerippen werden Einfriedigungen um das Land gemacht; der Magen wird aufgeblaſen und zur Aufbewahrung von Thran angewandt, ſo daß nur die Eingeweide unbenußtt bleiben, welche dur< Boote in die See hinausgeſ<hleppt werden, damit ſie niht am Lande faulen.“

Auf hohem Meere jagt man nur ausnahmsweiſe auf Shwarzwale. Walfänger, welche no< beſſere Jagd erhoffen, laſſen ſeinethalben kein Boot herab, und nur ein oder das andere Schiff beſchäftigt ſih gelegentli<h au<h mit ſeinem Fange. Die Jagd beginnt in ähnlicher Weiſe wie auf andere Wale, nux mit dem Unterſchiede, daß jedes Boot ſich ſeine beſondere Beute erwählt und alle höchſtens inſofern zuſammenwirken, als ſie ſih bemühen, die Herde zu ſprengen. Jn der Regel bekundet der Shwarzwal bei Ankunft ſeiner Gegner die größte Angſt und dieſelbe Kopfloſigkeit wie in der Nähe der Küſten, ſ{<hwimmt langſam nah allen Richtungen davon und gibt ſomit den Jnſaſſen der verfolgenden Boote gute Gelegenheit, ihm die Wurflanze in den Leib zu ſhleudern. Sehr oft erliegt er dem erſten Wurfe, wenn niht, einigen na<hfolgenden Lanzenſtihen. Jn ſeltenen Fällen ereignet es ſih, daß einer oder der andere das Boot annimmt.

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Kein anderer Wal, kein anderes Seetier überhaupt, hat die Dichter und Naturforſcher der Alten in gleicher Weiſe beſchäftigt, zu den glühendſten Schilderungen und zu der wunderlichſten Fabelei begeiſtert wie der Delphin. Er iſt es, welher Arion nah Tänarium zurück: bringt, bezaubert von dem herrlihen Spiele und Geſange des Dichters, den räuberiſche Schiffer gezwungen hatten, ins Meer zu ſpringen; er iſt es, von dem Plinius die hübſche Geſchichte des Knaben erzählt, welcher durch ſein wiederholtes Füttern mit Brot in ſolchem Grade die Liebe eines Delphins ſich erwarb, daß dieſer ihn mehrere Fahre lang täglih über