Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Delphin: Verbreitung. Bewegungen. Geſelligkeit. 621

Zeit, ehe ſie wieder eine andere Richtung nehmen, tauchen ohne Unterlaß auf und nieder, erheben den Rücken des Kopfes auf Augenbli>e über die Oberfläche des Waſſers, blaſen unter ſ{<naubendem Geräuſche und verſchwinden wieder in die Tiefe. Sie ſhwimmen ſo außerordentli<h raſch, daß ſie nicht allein dem Gange des ſ{hnellſten Dampfſchiffes mit Leichtigkeit folgen, ſondern dabei noh allerlei Gaukeleien treiben und, wenn ſie wollen, das Schiff nach Belieben umſhwärmen, ohne dabei zurüczubleiben. Gelegentlih ſ<hnellt dieſer oder jener in die Luft empor, fällt, ohne lautes Geräuſch zu verurſachen, kopfüber wieder in das Waſſer hinab und nimmt eilfertig ſeine frühere Stellung wieder ein. Pechuel-Loeſche \cildert, meine Beobachtungen beſtätigend und erweiternd, ihr heiteres Treiben in trefflicher Weiſe. „Zeder Seemann“, ſagt er, „freut ſih immer wieder, wenn er eine ſogenannte „Schule“ oder Schar von Delphinen ſieht. Jn einen langen und verhältnismäßig ſt{hmalen Zug geordnet, eilen die luftigen Reiſenden durch die leiht bewegte See; mit hurtigen Sprüngen und einer Schnelligkeit, als gälte es ein Wettrennen, verfolgen ſie ihren Weg. Mehrere Meter weit ſchnellen ſih die glänzenden Leiber im Bogen durch die Luft fallen fopfüber in das Waſſer und ſchießen von neuem heraus, immer dasſelbe Spiel wiederholend. Die Übermütigſten der Schar überſchlagen ſich in der Luft, indem ſie dabei in urkomiſcher Weiſe mit dem Schwanze wippen; andere laſſen ſi fla auf die Seite oder auf den Nüen fallen; no< andere ſpringen kerzengerade empor und tanzen, indem ſie ſich drei-, viermal mit Hilfe des Schwanzes vorwärts ſchnellen, aufrecht ſtehend oder wie Sprenkel gebogen über die Oberfläche dahin. Kaum ſehen ſie ein Schiff, welches unter allen Segeln vor der leichten Briſe herläuft, ſo ſhwenken ſie ab und eilen hinzu. Nun beginnt erſt die wahre Luſt. Fn weitem Bogen umkreiſen ſie das Fahrzeug, hüpfen vor ihm her und an den Seiten entlang, kehren zurü> und geben ihre ſhönſten Kunſtſtücke zum beſten. Je ſchneller das Schiff ſegelt, deſto ausgelaſſener iſ ihr Treiben.“

Sie bilden enggeſchloſſene Schulen von 10, 100 und noch viel mehr Mitgliedern; Pechuel-Loeſche hat in den Meeren unter den Wendekreiſen ſolche geſehen, welche vielleicht viele Tauſende zählten. Geſelligkeit iſt in der That ein Grundzug ihres Weſens, ſcheint aber mehr auf der Gemeinſamkeit der von ihnen verfolgten Zwe>e als gegenſeitiger Anhänglichkeit zu beruhen. Die Alten glaubten freilih das lebtere und wußten die gegenſeitige Liebe und Zuneigung der Delphine nicht hoch genug zu rühmen. „Die Delphin““, ſagt unſer alter Freund Gesner, „haben ein ſonderbahre Geſellſchafft und Liebe zuſammen, nicht allein ſie gegen einander, ſondern auc gegen ihre Jungen, Eltern, Abgeſtorbenen, auch gegen etlihe andere Wallfiſhe, und Menſchen. Dann daß ſie eine ſonderliche Liebe gegen ihre Jungen tragen, erſheinet auß dem, daß ſih das Männlein und Weiblein paaren gleich einer Ehe, allzeit ein Paar bey einander, zu zeiten ganße Hauffen geſehen werden, ſie ſole erziehen, ernehren, ſäugen, mit groſſer Freud tragen, in ihren Schnabel faſſen, beleiten, führen und weiſſen zu jagen, und ſo ſie in der Ordnung fahren zu kämpfen, ſo ſtellen ſie die Jungen zu End, ſonſten aber zu ſ{hwimmen, ſtellen ſie die Jungen vornen an, demnach die Weiblein, zu End die alten Männer, welche auff ſie liegen, ſie beſchüßen und nicht verlaſſen, ob ſie gleich gefangen, mit dem Haen dur<hſhlagen, und an das Ufer geſchleiffet, ſo folgen fie doh ſo ſtreng hernach die Jungen zu erretten, daß man ſie auh mit der Hand ſchlagen und beſchädigen könte, und alſo die alte Mutter mit dem jungen gefangen wird. Fhre Eltern ſo krafftloß worden, ernehren und ſpeiſen ſie, und ſind ihnen behülffli<h in ihrem Schwimmen.“

Das Gebiß bekundet deutlich genug, daß der Delphin zu den {limmſten Räubern des Meeres gehört; er ſoll ſelbſt über ſeine verwundeten Genoſſen herfallen. Seine Nahrung beſteht aus Fiſchen, Krebſen, Kopffüßlern und anderen Seetieren. Am liebſten jagt er den Sardellen, den Heringen und mit beſonderer Gier den fliegenden Fiſchen nah. Das Weibchen