Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

622 Dreizehnte Drdnung: Waltiere; dritte Familie: Delphine.

wirſt 10 Monate na< der Paarung ein Junges von 50—60 ecm Länge und beweiſt ihm geraume Zeit die größte Zärtlichkeit. Wie behauptet wird, ſind die Fungen erſt nah 10 Jahren vollkommen erwachſen; dafür follen ſie aber auch, wie ein alter griechiſcher Schriftſteller angibt, bis 130 Fahre alt werden. Fiſcher, welche gefangenen Delphinen Stücke aus der Shwanzfinne geſchnitten hatten, wollen in Erfahrung gebracht haben, daß die Lebensdauer 25—830 Fahre beträgt.

Der Delphin hat in dem Schwertwale einen {limmeren Feind als in dem Menſchen: denn dieſer verfolgt ihn nur, wenn ihn Mangel an friſchem Fleiſche dazu treibt. Noch heutigestags genießt unſer Wal ſeitens des Menſchen eine gewiſſe Verehrung. Doch vereinigen ſih hier und da wohl einige Fiſcher, umringen mit ihren Booten nach altgriehiſ<her Fangweiſe eine Shar von Delphinen, erſchre>en ſie dur plöbliches Geſchrei uud verſuchen, ſie nah dem Strande hinzutreiben, wo ſie angſterfüllt auf das Trocene laufen. Dann vernimmt man ein ſeuſzerartiges Geſtöhn von den zu Tode geängſtigten Tieren. Au<h Walſänger, welche fih nah friſchem Fleiſche ſehnen, erlegen dann und wann einen Delphin, während dieſer in gewohnter Weiſe das Schiff umſpielt. „Die ganze Mannſchaft“, ſo ſchildert Pehuel-Loeſche, „verſammelt ſi< am Buge und pfeift in allen Tonarten eine wahre Kaßenmuſik zu dem Tanze im Waſſer; denn dex ſehr muſikliebende Delphin ſoll hierdur< zum Bleiben ermuntert werden, bis die Harpune an eine kurze Leine befeſtigt und dieſe durch einen im oberen Tauwerke befeſtigten Blok gezogen iſt. Nun ſ{hwingt ſih der Harpunier hinaus in das Tauwerk während 20—380 Hände das innere Ende der Leine faſſen. Ein halbes Dußbend Delphine ſchießt eben unter ihm vorüber; einen Augenbli> folgt ex, mit der Waffe zielend, einer der ſchlanken Geſtalten: dann ſendet er ſie mit ſiherem Wurfe ihr in den Nücken. „Feſt!“ ſchreit er, und die das innere Ende der Leine haltenden Leute laufen trampelnd nach hinten und entreißen im Nu den Getroffenen ſeiner kryſtallenen Heimat. Eine Schlinge wird über des Zappelnden Schwanz geworfen, und bald liegt der luſtige Springer tot auf dem Deke. Seine Genoſſen ſind verſ<wunden: fo ſ{hnöder Undank mußte ſie vertreiben. Doch eine Meile vom Schiffe entfernt tauchen ſie wieder auf und ſeßen in gleicher Weiſe, wie ſie gekommen, die Reiſe fort. Vielleicht umſpielen ſie ſhon in der nächſten Stunde ein anderes Schiff.“

Früher verzehrten auh die meiſten Küſtenbewohner das Fleiſch erlegter Delphine mit Behagenz; namentli<h geſchah dies in katholiſhen Ländern während der Faſtenzeit, weil der Delphin als echter Fiſh angeſehen wurde. Engländer und Franzoſen rihteten das Fleiſch in künſtlicher Weiſe zu und erzielten dadur< eine wenigſtens ziemlih ſ<ma>hafte Speiſe. Gegenwärtig iſt man aber faſt überall von dem Genuſſe abgekommen. Bei den alten Römern ſpielte der Delphin eine Rolle in der Heilkunde. Die Leber galt als ein vortreffliches Mittel bei Anfällen von Wechſelfieber; mit dem Leberthrane heilte man Geſchwüre, mit dem Rauche des angezündeten Spe>es Unterleib8beſhwerden. Es wurden ganze Delphine verbrannt, die gewonnene Aſche mit Honig vermiſcht, und die Salbe dann zu allerhand Quakſalbereien verwandt. i

Schon im Jahre 1819 veröffentlichte A. von Humboldt Beobachtungen über einen die ſüßen Gewäſſer Südamerikas bewohnenden Delphin, ohne jedoh eine nähere Beſchreibung von ihm zu geben. Desmareſt erhielt im folgenden Jahre das fragliche Tier aus dem Muſeum zu Liſſabon und beſchrieb es, aber no< immer ſehr kurz und unvollſtändig. Genauere Nachrichten übergaben im Fahre 1831 unſere verdienſtvollen Landsleute Spix und Martius der Öffentlichkeit; erſt dem Franzoſen D'ODrbigny jedoh verdanken wir die endgültige Beſchreibung. Dieſer Forſcher, welcher bald nah Spix und Martius Peru bereiſte, wax ſo glü>li<, das Tier ſelbſt zu erhalten. Mit den Forſchungen unſerer Landsleute