Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Narwal. — Dögling. 631

Der Vollſtändigkeit halber will ih die dritte Familie der Unterordnung, welche die Schnabelwale (Hyperoodontidae) umfaßt und namentli<h in den füdlihen Meeren dur verſchiedene Arten vertreten wird, wenigſtens erwähnen. Die hierher gehörigen Zahnwale unterſcheiden ſih von den Delphinen ebenſowohl dur die mehr oder weniger ſ{hnabelförmig ausgezogene Schnauze wie dur< das Gebiß, da im Unterkiefer jederſeits nur einer oder zwei und außer dieſen höchſtens noh verkümmerte, niht über das Zahnfleiſh hervorragende Zähne vorhanden ſind.

Eines der bekannteren Mitglieder dieſer Familie iſt der Entenwal oder Dögling, Bottlenoſe der Engländer, Nebbhval der Norweger, Andarnefia oder Andhvalur der Fsländer, Anarnatk der Grönländer 2c. (Hyperoodon bidens, Delphinus bidens, hyperodon und hunteri, Hyperoodon borealis, rostratum, butskopf und hunteri, Cetodiodon hunteri 2c.), Vertreter der gleihnamigen Gattung (Hyperoodon), ein ſehr kräftig gebauter Zahnwal von 6—8 m Länge. Der Körper erinnert entfernt an den des Butskopfes, iſt jedoh mehr geſtre>t, vor der Mitte ſeiner ganzen Länge am meiſten verdi>t, gegen den Shwanz hin raſh verſ<hmächtigt. Das kleine Auge iſt hinter dem Mundwinkel, das faum bemertbare Ohr hinter dem Auge, das halbmondförmige Atemloch auf der Oberſeite der Stirn zwiſchen den beiden Augen gelegen, die verhältnismäßig ſehr kleine, kurze und ſ<hmale, länglih und eiförmig geſtaltete, an der Wurzel etwas verengerte, gegen die Mitte hin und vorn etwas verſhmälerte, ſtumpf abgerundete Bruſtfinne im vorderen Drittel des Leibes eingelenft, die Éleine, niedere, am vorderen Rande gewölbte am hinteren etwas ausgeſcweiſte, alſo {<wach ſichelförmig gebogene Rückenfloſſe im leßten Körperdrittel aufgeſeßt, die große Schwanzfloſſe am hinteren Rande hwah eingebuchtet und in zwei ziemli ſpivige Lappen getrennt. Die ſ{<nabelförmig ausgezogene Shnauze ragt 30—60 cm hervor; von der Mitte des Unterkiefers verläuft jederſeits der Kieferäſte eine kurze, aber tieſe Hautfalte nah rü>wärt3; eine ähnliche Furche befindet ſi weiter hinten an der Kehle; die übrige Haut iſt eben, glatt und glänzend, mehr oder minder gleihmäßig ſ{<warz, auf der Oberſeite in der Regel aber dunkler als auf der Unterſeite gefärbt.

Das Verbreitungsgebiet des Döglinges ſcheint auf das Nördliche Eismeer und den Norden des Atlantiſchen Meeres beſchränkt zu ſein; von hier aus unternimmt ex jedoch regelz mäßige Wanderungen, welche ihn in mehr oder minder ſüdlih gelegene Gebiete führen, erſcheint alljährlich in der Nähe der Faröer, nicht ſelten auh an den großbritanniſchen Küſten und ſteigt hier ſogar dann und wann in einigen für ihn günſtig gelegenen Flüſſen aufwärts. An der grönländiſchen Küſte bemerkt man ihn nicht oft, im Eingange der Davisſtraße dagegen ziemli< häufig, meiſt in kleinen Geſellſchaften von 3 oder 4 Stüc dahin{<wimmend. Über ſeine Lebensweiſe fehlen eingehende Berichte, vielleicht aus dem Grunde, weil er ſih von anderen Zahnmwalen, insbeſondere den bekannteren Delphinen, wenig unterſcheidet. Nach Angabe Pechuel-Loeſ\<hes bläſt er kurz und puffend einen niedrigen, ſehr dünnen Strahl vier- bis ſe<smal hintereinander, bleibt dabei aber nicht an der Oberfläche, ſondern „rundet“ nach jedem Blaſen. Doch kann man ihn unter Waſſer deutli ſehen, bis er endlich in die Tiefe hinabtaucht. Kopffüßler, ſchalenloſe Weichtiere und im günſtigſten Falle kleine Fiſche bilden ſeine Nahrung. Von erſteren verzehrt ex unglaubliche Mengen: man fand in dem Magen eines getöteten die Überreſte von mehr als 10/000 Tieren. Seine für einen verhältnismäßig ſo kleinen Wal außerordentlich bedeutende Tauchſähigkeit wird dur eine Beobachtung Kükenthals beſtätigt: ein harpunierter Dögling nahm 300 Faden Leine und blieb volle 45 Minuten unter Waſſer. i

Der Dögling iſt wiederholt an den Küſten Englands, Frankreichs, Hollands, Deutſchlands, Schwedens, Rußlands und Sibiriens geſtrandet. Fm September des Jahres 1788