Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Pottwal: Gefährlichkeit. Angriffe auf Schiffe. 639

verkürzten Segeln na<folgte. Da tauchte unweit von dieſem ein rieſiger Bulle auf, welcher, gemächlih quer zur Richtung des Schiffes {<wimmend, wie es ſchien zunächſt rein zufällig, gegen den Rumpf ſtieß. Dieſer wurde ſ<hwer erſchüttert, und auh der Wal ſchien ſtark verlegt zu ſein, denn er wälzte ſi< raſend im Waſſer umher; bald aber erholte er ſich und ſuchte das Weite — ſo glaubte wenigſtens die Bemannung des Schiffes, welche an den Pumpen arbeitete, weil infolge des Zuſammenſtoßes ein bedeutender Le entſtanden war. Plöhtlih ſah man den Wal in einer Entfernung von 100 Faden anhalten, umkehren und wütend auf das Schiff losſtürmen: er traf es am Vorderteile und zertrümmerte es-dermaßen daß es ſofort zu ſinken begann. Die Mannſchaft war inmitten des Ozeans auf ihre Boote angewieſen; von dieſen wurden zwei nah 93 und 97 Tagen mit je 2 und 3 überlebenden Männern, die ſi vom Fleiſche ihrer Unglü>sgefährten ernährt hatten, von anderen Schiffen aufgenommen, die übrigen blieben verſchollen. Ein anderer amerikaniſcher Walfänger, das Schiff „Ann Alexander“, wurde im Fahre 1851 unfern der peruaniſchen Küſte von einem Pottwale in den Grund gebohrt; im ſelben Fahre entging ein anderer Walfänger, das Schiff „Citizen“, dem gleichen Schi>ſale nur dadurt, daß es bei friſcher Briſe eine glüliche Wendung rechtzeitig ausführen konnte, ſo daß der Wal es nur gerade noch ſtreifte. Vier Monate na< dem Untergange des Schiffes „Ann Alexander“ fing die Mannſchaft der „Rebecca“ einen ungeheuern Pottwal, welcher ſih ohne jeden Widerſtand einbringen ließ. Man fand zwei Harpunen in ſeinem Körper, gezeihnet „Ann Alexander“; der Kopf war ſtark beſchädigt, und aus der fürchterlihen Wunde ragten große Stücke von Schiffsplanken hervor.

Man weiß übrigens ſelbſt von Fällen zu berichten, daß Pottwale Schiffe ohne allen Grund angriffen und zerſtörten. So geſhah es mit dem „Waterloo“ einem mit Früchten beladenen britiſchen Fahrzeuge. Wie viele andere Schiffe noh durch das gewaltige Tier vernichtet worden ſind, iſt ſhwer zu ſagen. „Am 16. Dezember 1867“, berihtet Pehuel-Loe\ch e, „machte der zweite Offizier von der Bark „Osceola‘ einen Pottwal feſt, aber ſein Boot wurde ſogleich zerſchlagen; der dritte Offizier eilte ihm zu Hilfe, erlitt aber dasſelbe Schi>ſal. Während nun der erſte Offizier die umherſhwimmenden Mannſchaften auffiſchte, griff das wütende Tier das Boot des ebenfalls herankommenden vierten Offiziers an und zermalmte es vollſtändig zwiſchen ſeinen Kinnladen. Nun wurden zwei Ergänzungsboote ausgerüſtet und abgeſendet, vom Wale aber ſo geſchi>t angenommen, daß ſie ſih zum Schiffe retten mußten; darauf ging das Ungetüm auf dieſes ſelbſt los, traf es aber bloß ſchräg von vorn, ſo daß es ¿war ſhwer erſchüttert wurde und auch einige Planken verlor, aber ſcefähig blieb. Der Wal hatte ſi ebenfalls beſchädigt, hatte außerdem noh einige Sprenggeſchoſſe in den Leib exrhalten und war infolgedeſſen etwas weniger kampfluſtig geſtimmt. Da der Abend anbrach, hielten die Parteien Frieden, blieben aber auf dem Kampfplaze. Am Morgen griff die Mannſchaft den Wal wiederum an; dieſer war nun doh etwas matt geworden, ſchleppte auch noh Leinen ſowie das Wra> eines Bootes mit ſi<, und wurde nah einem abermaligen furzen Kampfe erlegt. Nicht immer enden übrigens derartige Abenteuer in ſo befriedigender Weiſe. Schon manches gute Schiff, welches als „vermißt“ aufgeführt wird, mag durh einen wütenden Pottwal zerſtört worden ſein, und niemand wurde gerettet, der Kunde von dem Unglüsfalle geben konnte. Manche alte Burſchen ſind den Walfängern wohlbekannt und haben es als „kämpfende Wale‘ oder „beißende Wale“ zu einer Art Berühmtheit gebracht, wie z. B. Neuſeeland-Tom“, ein rieſiger Burſche, der ſo nach ſeinen Lieblingsgewäſſern benannt worden iſt. Er ſoll derartig gewitzt ſein, daß er jedem Angriffe zuvorkommt und die Boote zerſchlägt und zerbeißt, die ſi nicht rechtzeitig retten. Die Schiffe ſelbſt läßt er aber in Ruhe. Er wird in Geſängen und Sagen gefeiert; ſein Nücken ſoll voller Harpunen ſte>en und dem eines Stachelſhweines ähneln. Verbürgt iſt folgendes Stückhen von ihm: Dem Schiffe „Adonis“ und mehreren anderen Fahrzeugen, welche ihn vor drei