Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

652 Vierzehnte Ordnung: Beuteltiere; erſte Familie: Svringbeutler.

ſih umſehend, weiter, ſolange ſie können; ſie geben das Junge alſo gern zu ihren eigenen gunſten preis, erreichen aber nur ſelten ihren Zwe>, indem die hißig gewordenen Verfolger ihr Augenmerk vorwiegend auf die Alte rihten und an dem Jungen vorbeiſtürmen.

Die Nahrung iſt gemiſchter Art. Gras und Baumblätter bleiben die bevorzugteſte Speiſe, außerdem verzehren die Tiere aber au< Wurzeln, Baumrinden und Baumknoſpen, Früchte und mancherlei Kräuter. Fhre Lieblingsnahrung iſ ein gewiſſes Gras, welches geradezu Känguruhgras genannt wird und ihren Aufenthalt bedingt; außerdem äſen ſie ſi von den Spißen, Blättern und Knoſpen gewiſſer Geſträuche. Einzelne Naturforſcher haben geglaubt daß die Känguruhs wiederkäueten; ih habe jedoch troß ſorgfältiger Beobachtung das Wiederkäuen noh bei keinem Känguruh bemerken können. Sie kauen allerdings oft lange an gewiſſen Pflanzenſtoffen, ſtoßen den bereits hinabgewürgten Biſſen aber niht wieder nah dem Munde herauf.

Die Känguruhs ſind in ihrer Heimat das wichtigſte Wild und werden auch wie dieſes leidenſchaftlich gejagt, von den Raubtieren wie von den Menſchen, von den Eingeborenen wie von den Weißen. Die Schwaxzen ſuchen ſi<h ſo unbemerkt wie mögli<h an eine Geſellſchaft weidender Känguruhs heranzuſchleihen und verſtehen es meiſterhaft, ſie derart zu umſtellen, daß wenigſtens einige des Trupps ihnen zum Opfer fallen. Bei Hauptjagden legen ſih die einen in den Hinterhalt, und die anderen treiben jenen das Wild zu, indem ſie erſt ſo nahe wie mögli an die weidenden Herden herankriehen, dann aber plößli<h mit Geſchrei aufſpringen. Schre>erfüllt wenden ſih die Tiere nach der ihnen offen erſheinenden Seite hin und fallen ſomit ziemlich ſicher in die Gewalt der verſte>ten Jäger. Außerdem verſtehen es die Auſtralier, S<hlingen aller Art und Fangneße anzufertigen und geſchi>t zu ſtellen. Weit größere Verluſte als die eingeborenen Auſtralier fügen die Weißen den Känguruhs zu. Man gebraucht alle denkbaren Mittel, um ſie auszurotten, fängt fie in Schlingen, erlegt ſie mit dem Feuergewehre, jagt ſie mit Hunden zu Tode und zwar aus reinem Übermute, nur um ſie zu töten; denn die erlegten läßt man im Walde verfaulen. „Dies iſt der Grund“, ſchreibt ein Ungenannter, „weshalb die Känguruhs in der Umgebung aller größeren Städte und Anſiedelungen bereits ausgerottet ſind. Und wenn dieſe wüſte Jagd ſo fortdauert, wird es niht lange währen, bis ſie auh im Fnneren zu den ſelteneren Säugetieren zählen. F< kann den Schaden, welchen ſie auf den weiten, grasbewachſenen Ebenen anrichten ſollen, niht einſehen. Fn der Nähe von Anſiedelungen werden ſie allerdings läſtiger als unſere Haſen und Kaninchen; dies aber berechtigt wahrlich niht zu unvernünftigen Verfolgungen. Sie kommen nachts über die Umzäunungen herein und freſſen einfa<h Pflanzen ab; aber ſhon ein paar Scheuchen genügen, um ſie abzuhalten. Mich will es bedünken, daß diejenigen, welche die Känguruhs in ſolcher rü>ſihtsloſen Weiſe verfolgen, gar nicht im ſtande ſind, die Tiere zu würdigen. Fh will niht in Abrede ſtellen, daß Fell und Fleiſch weniger Wert haben als die De>e und das Wildbret unſeres Hirſches: ſo wertlos aber, wie beides den Auſtraliern erſcheint, iſt es denn doh niht. Viele erachten das Fleiſh für niht viel beſſer als Aas, wollen es kaum umſonſt, ſelbſt an Pläßen, wo das Ochſen- und Hammelfleiſch verhältnismäßig teuer bezahlt wird, und für das Fell mögen die Händler auh nicht mehr geben als 1,5 Schilling oder Mark. Jh aber kann aus eigener Erfahrung verſichern, daß das Fleiſch durchaus nicht ſhle<t und das Fell wenigſtens ebenfo gut, ja feiner als Kalbleder iſt. Die Leute behaupten zwar, das Fleiſh ſei nicht nahrhaft; ih aber muß dieſe Angabe für einen entſchiedenen Frrtum halten. Mein alter Zeltgenoſſe und ih lebten von Känguruhfleiſh, ſolange wir im Walde waren, und thaten unſere Arbeit ſo gut wie irgend ein anderer. „Spart das Mehl, aber fallt über die Känguruhs her‘, pflegten die Buſhmänner zu ſagen, wenn das Mehl zur Neige geht. Zwar will ih nicht beſtreiten, daß das beſagte Fleiſ<h nur ein untergeordnetes Wildbret, weil