Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

440 Erſte Ordnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Raben.

einigen Bezirken eine ganz wichtige Nolle im Haushalte der Bewohner. Über Jagd, Fang und Nußung der Krähen auf der Kuriſchen Nehrung hat E. Doberleit in der Jagdzeitung „Der Weidmann“ jüngſt ausführlich berichtet. Unſerem Gewährsmanne war es zunächſt au< ganz unglaubhaft erſchienen, daß man Krähen maſſenweiſe in Negzen fangen und zum Winter einſalzen könne; er konnte ſih aber perſönlich von der vollſtändigen Richtigkeit ſolcher Mitteilungen überzeugen. „Jh muß hier erläuternd bemerken“, ſ<reibt Doberleit, „daß der Fang in der Zugzeit von den Eingeborenen erwerbsmäßig betrieben wird oder vielmehr betrieben werden muß. Die armen Fiſcher der Kuriſchen Nehrung, die tage- und wochenlang, wie es im vergangenen Winter geſchehen, ohne Verbindung mit dem Feſtlande leben, können troß ungeheurer Anſtrengungen auf dem Haffe wenig oder gar ni<hts fangen, da furchtbare Schneeverwehungen und die außerordentliche Stärke des Eiſes das Fiſchen von ſelbſt verbieten, ſo daß ſie andere Nahrungsquellen ſuchen müſſen, um das bißchen Daſein zu friſten. Jn früherer Zeit gehörte ſogar zur Kalende eine beſtimmte Anzahl Krähen, wie mix Herr Pfarrer E. in N. verſicherte.

„Es ſind zum Fange auf der ganzen Nehrung ſogenannte Krähenhütten aus Fichtenäſten zu Tauſenden aufgeführt; ih ſelbſt habe bei meinem Jagdzuge von Cranz bis Roſitten 245 Stück gezählt. Vor dieſen liegen ziemlih große Nee, mit kleinen Fiſchen als Köder beſeßt, außerdem Neße mit Lockkrähen, die mittels Schnuren an Vfählen befeſtigt ſind. Das Net wird mit loſem Sande beſtreut, um es unſichtbar zu machen. Da nun die Krähen längs der Nehrung zu Tauſenden und aber Tauſenden aus Schweden, Norwegen und beſonders aus Rußland herüberziehen, ſo gelingt es, ſie maſſenhaft mit nicht zu großer Mühe zu erbeuten. Als wir nah kurzer Wanderung auf dem Fangplate anlangten, ſtanden die Netze ſchon bereit, die Bügel wurden im Sande befeſtigt und der Köder verteilt. Wir verſhwanden in unſeren Hütten, und es dauerte gar nict lange, als einige der ſauberen Geſellſchaft zu ſchreien anfingen und ſih, ins Nes fliegend, auf die Locfſpeiſe warfen. Es folgten immer mehr, und ſobald das Nes ziemlich voll war, zog der betreffende Fänger die Schnux an, und Dußende von Shwarzrö>en ſaßen feſt. Darauf ſtürzte der Mann raſh hervor und ſ{<hlug mit einem Sto>e unbarmherzig dem Geſindel die Schädel ein. Dies muß ſo ſhnell wie möglih geſchehen, da die Krähen einen ungeheuern Lärm erheben und ihre Brüder zu Hunderten heraneilen, um den Gefallenen ein Grablied zu ſingen oder ſie zu räten.

„Die Krähenfänger haben eine ſolche Fertigkeit im Beſeitigen der getöteten Krähen und im Jnſtandſezen der Netze, daß die Geſchichte, ehe man ſih's verſieht, von neuem beginnt, was um ſo mehr zu bewundern iſt, als es äußerſt ſ{hwer fällt, in dem loſen Sande raſh zu handeln. So geht es den ganzen Tag, und wenn nun der Abend heranrüdt , finden ſi die Träger ein, um die Beute nah Hauſe zu ſchaffen, wo ſie in heißem Waſſer gebrüht, gerupft, ausgenommen, eingeſalzen und in Fäſſern für die Zeit der Not aufbewahrt wird. Sie bildet den Wintervorrat der Bewohner dieſer unwirtlichen Sanddünen.“

Südlich des 18. Grades nördlicher Breite begegnet man zuerſt einem dur< ſein Gefieder ſehr ausgezeihneten, kleinen, ſhwachſhnäbeligen Raben, der über Afrika und Madagasfar verbreitet iſt: dem Schildraben (Corvus scapulatus, scapularis, daurieus, curvirostris, leuconotus, phaeocephalus und madagascariensis, Corax und Pterocorax scapulatus). Er iſt glänzend ſhwarz, auf Bruſt und Bauch ſowie am unteren Nacen aber breit bandförmig gezeichnet, blendend weiß. Das dunkle Gefieder ſchillert, das lichte glänzt wie Atlas. Das Auge iſ lihtbraun, der Schnabel und die Füße ſind ſ<hwarz. Die Länge beträgt 45—50, die Fittichlänge 35, die Schwanzlänge 16 em.

Das Wohngebiet des Schildraben erſtre>t ſih vom Meeresgeſtade bis zu 4000 m Höhe. Jm ganzen Sudan und auch in den Tiefebenen Abeſſiniens iſt er eine regelmäßig