Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

442 Erſte Ordnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Naben.

Jungen zeigt ſih das Elternpaar außerordentlich zärtlih, und mutvoll ſtößt es falkenartig auf den ſi<h nahenden Menſchen herab.

Im ganzen Oſtſudan wie in Abeſſinien wird der Schildrabe von dem Menſchen geduldet oder, wenn man will, niht beachtet. Als eigentli<h unreinen Vogel betrachtet man ihn niht; doch fällt es niemand ein, ſi ſeiner zu bemächtigen und ſein Fleiſh zu benuzen. Jn Gefangenſchaft benimmt er ſi< ganz ähnli<h wie der Kolkrabe.

Als ein anderer würdiger afrikaniſcher Vertreter der Gattung darf der Erzrabe (Coryus crassirostris, Corvultur und Archicorax crassïrostris) gelten. Sein rieſiger, mehx als kopflanger, ungewöhnlich di>er, ober- und unterſeits ſtark gekrümmter, ſeitlich zuſammengedrü>ter, an den Wuxzelſeiten mit einer breiten, abgeflahten Furche verſehener, an der Wurzel niht mit Borſten bekleideter Schnabel, lange Flügel, in denen die 4. und 5. Schwinge die längſten ſind, und der ziemlich bedeutend abgeſtuſte Shwanz ſind ſeine wichtigſten Kennzeichen. Ex erreicht eine Länge von 70 ecm, bei 47 cm Flügel- und 24 ecm Schwanzlänge. Das fkohlſ<hwarze Gefieder der Halsſeiten ſcillert dunkel purpurfarbig, das übrige blauſchwarz; die kleinen De>federn des Flügelbugs ſind dunkel kaſtanienbraun und ſchwarz gemiſcht; ein weißer birnförmiger Fle>en bede>t Hinterkopf und Na>en. Das Auge iſt kaſtanienbraun, der Schnabel wie der Fuß ſ<hwarz, an der Spiße weiß.

Über die Lebensweiſe dieſes rieſigen Raben berichtet von Heuglin in eingehender Weiſe. Der Vogel iſ Bewohner der Gebirge im nördlichen Oſtafrika, insbeſondere Abeſfiniens und der Somalhochländex, weſtlih wahrſcheinlich bis tief ins Jnnere Afrikas verbreitet, aber nux in Höhen von 1200 m aufwärts bis zur Schneegrenze anſäſſig. Hier, auf Hochebenen und mit Vorliebe in der Nähe von Viehgehegen oder Shlachtpläßen, lebt er paarweiſe oder in kleinen Geſellſchaften, den Menſchen weder ſcheuend no< fürchtend. Man ſieht ihn nah Art ſeiner Verwandtſchaft viel auf dem Boden umherlaufen oder über Triften, Feldern und Niederlaſſungen dahinſchweben, ſelten bäumen, öfter auf einzeln ſtehenden Felſen oder Hausdächern ruhen und ſcharfen Auges ſein Gebiet durſpähen, vernimmt auch nict ſelten ſeinen rauhen, folfkrabenartigen Ruf oder ſeinen verhältnismäßig ſ{<wachen, rätſchenden Locfton. Geſellig und verträglih wie die meiſten anderen Naben, lebt er mit den Aasvögeln in gutem Einvernehmen, läßt ſih durch ſie jedo<h niht vom Aaje vertreiben. Jm Notfalle frißt er Käfer und andere Kerbtiere, wahrſcheinlih au< Fruchtſtoffe mancherlei Art; ſeine Hauptnahrung beſteht jedoh in Fleiſchabfällen und Knochen. Jhnen zu Gefallen beſucht er die Ortſchaften, folgt er den Herden oder ebenſo den Heeren. Während der Kriegszüge gegen die Galla, an welhen von Heuglin halb gezwungen teilnehmen mußte, war er in Gemeinſchaft des Geieradlers, Aasgeiers, Shmaroßermilans und eines anderen Raben ſteter Begleiter der Krieger, und nicht ſelten ſah ihn der Reiſende auh auf menſchlichen Leichen ſißen, dieſen zuerſt die Augen ausha>en und dann den Leib zerreißen. Unſer Gewährsmann hat zwar nie beobachten können, daß er lebende Tiere angreift, zweifelt jedo< niht im geringſten, daß er dies thue. Wahrſcheinlich ähnelt er in jeder Beziehung und ſo auch hinſichtlich ſeiner räuberiſchen Thätigkeit ſeinem Verwandten, dem ſüdafrikaniſchen Geierraben (Corvus albicollis), deſſen Betragen Levaillant gezeichnet hat. Dieſer Nabe frißt zwar ebenfalls vorzugsweiſe Aas, greift aber auch lebende Tiere, namentlih Schafe und junge Gazellen an, hat ihnen die Augen und die Zunge aus und tötet und zerreißt ſie. Nicht minder folgt er den Herden der Büffel, Rinder und Pferde, ſelbſt dem Nashorne und dem Elefanten, die ihm ebenfalls Nahrung zollen müſſen. Hätte er die nötige Kraft, er würde dieſen Tieren gefährlih werden, ſo aber muß er ſih begnügen, mit ſeinem Schnabel die wunden Stellen zu bearbeiten, die dur< Ze>en und Maden verurſa<ht werden. Dieſe Quälgeiſter der Säugetiere finden ſi bei vielen von ihnen ſo