Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

470 __Evſte Ordnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Naben.

und Parrox in Dſtſibirien dasſelbe zu hören bekamen, ihnen ſogar eine Kiefer, in deren Höhlung ein Paar „ebrütet haben ſollte, gezeigt wurde: indeſſen ſtimmen alle Beobachter, die in Deutſchland, Öſterreich, Dänemark, Simao und der Schweiz Neſter unterſuchten, darin überein, daß lettere im Die Geäſte verſchiedener Nadelbäume, insbeſondere den Fichten, außerdem in Tannen, Arven, Lärchen, in einer Höhe von 4—10 m über ‘dem Boden angelegt werden. Laut Vogel wählt das Paar zum Standorte ſeines Neſtes am liebſten einen freien und ſonnigen, alſo nah Süden oder Südoſten gelegenen Berghang und hier auf dem erkforenen Baume Äſte nahe am Stamme. Die Bauſtoffe trägt es oft von weither zuſammen. Unter hörbarem Knacken bricht es dünne und dürre, mit Bartflehten behangene Reiſer von allen Nadelbaumarten ſeines Brutgebietes, auh wohl von Eſchen und Buchen ab, legt dieſe lo>erer oder dichter zum Unterbaue zuſammen, ſchichtet darauf eine Lage Holzmoder, baut nunmehr die Mulde vollends auf, dur<fliht auh wohl die Außenwände, vielleicht der Ausſchmüctung halber, mit grünen Zweigen und kleidet endlih das Jnnere mit Bartflehten, Moos, dürren Halmen und Baumbaſt aus. Unter regelreten Verhältniſſen findet man das volle Gelege um die Mitte des März, im Norden vielleicht erſt im Anfange des April. Es beſteht aus 3—4 länglih-eirunden, durhſhnittlih 34 mm langen, 25 mm dien Eiern, die auf blaß blaugrünem Grunde mit veilchenfarbenen, grün- und lederbraunen, über die ganze Fläche gleihmäßig verteilten, am ſtumpfen Ende zuweilen zu einem Kranze zuſammenfließenden Fle>en gezeichnet ſind. Das Weibchen brütet, der frühen Fahreszeit entſprechend, ſehr feſt und hingebend; das Männchen ſorgt [ür Sierunc g und Ernährung der Gattin, welche die ihr gebrachte Aßung, mit den Flügeln freudig zitternd, begierig empfängt. Nach 17—19 Tagen ſind die Fungen gezeitigt, werden von beiden Eltern mit tieriſchen und pflanzlihen Stoffen ernährt und mutig beſhüßt, verlaſſen etwa 25 Tage nach ihrem Ausſhlüpfen das Neſt und treiben ſih, zunächſt no< von den Eltern geführt und geleitet, im dichteſten Walde umher, bis ſie ſelbſtändig geworden ſind und nunmehr die Lebensweiſe ihrer Eltern führen können.

Sie ſind, na<h Girtanners Beobachtungen, „ſchon im Neſte ganz die Alten in verjüngtem Maßſtabe, aber gedrungene, unſchöne Geſtalten von ſteifer Haltung. Jn ihren linkiſchen , e>igen Bewegungen, beſonders aber in ihrem eigentümlihen Zu>ken mit dem Oberkörper nah hinten erinnern ſie am eheſten an junge Spechte. Mit dem Schwanze wippen ſie wie Würger. Als Nahrungsruf laſſen ſie eintöniges Gegilfe hören, zwiſchen welches ſih jedo<h bald das verfeinerte Gerätſche der Alten miſcht.“ Solange das Weibchen brütet, verhält es ſi<h mögli<ſt lautlos, um das Neſt nicht zu verraten, fliegt, geſtört und vertrieben, lautlos ab und kehrt ebenſo zum Neſte zurü>, ſieht ſogar von einem naheſtehenden Baume ſtumm dem Raube ſeiner Brut zu, vereinigt ſih auh niht mit ſeinem Männchen, deſſen Wandel, Thun und Treiben ebenſo heimlich, verborgen, laut- und geräuſchlos iſt; wenn jedo< die Jungen heranwachſen, geht es lebhafter am Neſte her, weil deren Begehrlichkeit dur<h das auf weithin vernehmliche Geſchrei ſih äußert und auch die Alten, wenigſtens bei herannahender Gefahr, ihrer Sorge dur ängſtlihes Schnarren Ausdrud> verleihen oder durch heftige Verfolgung aller vorüberfliegenden Raubvögel ſich bemerklih machen. Nachdem die Jungen ausgeflogen ſind, vereinigen ſih mehrere Familien und ſtreifen geſellig umher. Dies geſchieht faſt immer haſtig, unruhig, aber doh mit einer gewiſſen Regelmäßigkeit. Der ganze Flug zerſtreut ſih raſh im Walde, durchfliegt ihn in gerader Richtung, ſammelt ſich von Zeit zu Zeit auf hohen Bäumen, in Sibirien namentlich auf abgeſtorbenen Lärchen, und fliegt dann weiter, dur< we<ſelndes Erſcheinen und Verſ{hwinden dem Auge eine größere Menge vortäuſchend, als wirklih vorhanden iſt.

Während ſeiner winterlichen Streifereien wird der Tannenhäher ohne ſonderlihe Mühe auf dem Vogelherde oder unter geköderten Neßen gefangen. Er gewöhnt ſih bald an Käfig