Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

480 Erſie Drdnung: Baumvögel; ſiebzehnte Familie: Raben.

„Jhre oft gemeinſamen Neſter ſind in den Spalten und Höhlen der unzugänglichſten Kuppen angelegt. Das einzelne Neſt iſt fla, groß, beſteht aus Grashalmen und enthält in der Brütezeit fünf kräheneigroße, etwa 26 mm lange, 38 mm die Eier mit dunkelgrauen Fle>en auf hell aſ<grauem Grunde. Die Schneekrähen bewohnen gewiſſe Felſengrotten ganze Geſchlechter hindur< und bede>en dort den Boden oft di> mit ihrem Kote.“

Über das Gefangenleben gilt genau dasſelbe, was von der Alpenkrähe geſagt werden fann; ih wenigſtens habe an meinen Pfleglingen der einen wie der anderen Art irgendwie erhebliche Unterſchiede niht beobachten können. „Dieſer Vogel iſt einer von denjenigen“, ſagt Savi, „die ſih am leichteſten zähmen laſſen und die innigſte Anhänglichkeit an ihren Pfleger zeigen. Man kann ihn jahrelang halten, frei herumlaufen und fliegen laſſen. Er ſpringt auf den Tiſh und ißt Fleiſh, Früchte, beſonders Trauben, Feigen, Kirſchen, Schwarzbrot, tro>enen Käſe und Dotter. Er liebt die Milch und zieht bi8weilen Wein dem Waſſer vor. Wie die Naben hält er die Speiſen, die er zerreißen will, mit den Klauen, verſte>t das übrige und de>t es mit Papier Splittern und dergleichen zu, ſeßt ſi<h au wohl daneben und verteidigt den Vorrat gegen Hunde und Menſchen. Ex hat ein ſeltſames Gelüſte zum Feuer, zieht oft den brennenden Docht aus den Lampen und verſ<hlu>t ihn, holt ebenſo des Winters kleine Kohlen aus dem Kamine, ohne daß es ihm im geringſten ſchadet. Er hat eine beſondere Freude, den Rauch aufſteigen zu ſehen, und ſo oft er ein Kohlenbe>en wahrnimmt, ſucht er ein Stü> Papier, einen Lumpen oder einen Splitter, wirft es hinein und ſtellt ſi< dann davor, um den Rauch anzuſehen. Sollte man daher niht vermuten daß dieſer der „brandſtiftende Vogel“ (Avis incendiaria) der Alten ſei?

„Vor einer Schlange oder einem Krebſe und dergleichen ſhlägt er die Flügel und den Schwanz und krächzt ganz wie die Raben; kommt ein Fremder ins Zimmer, ſo ſchreit er, daß man faſt taub wird; ruft ihn aber ein Bekannter, ſo ga>ert er ganz ſreundlih. Fn der Ruhe ſingt er bisweilen, und iſt er ausgeſhhloſſen, ſo pſeift er faſt wie eine Amſel; er lernt ſelbſt einen kleinen Marſh pfeifen. War jemand lange abweſend und kommt zurü>, ſo geht er ihm mit halb geöffneten Flügeln entgegen, begrüßt ihn mit der Stimme, fliegt ihm auf den Arm und beſieht ihn von allen Seiten. Findet er nah Sonnenaufgang die Thür geſchloſſen, ſo läuft er in ein Schlafzimmer, ruft einige Male, ſeßt ſi unbeweglich aufs Kopfkiſſen und wartet, bis ſein Freund aufwacht. Dann hat er keine Ruhe mehx, ſchreit aus allen Kräften, läuft von einem Orte zum anderen und bezeugt auf alle Art ſein Vergnügen an der Geſellſchaft ſeines Herrn. Seine Zuneigung ſeßt wirklich in Erſtaunen; abex denno<h macht ex ſi< niht zum Sklaven, läßt ſih nicht gern in die Hand nehmen und hat immer einige Perſonen, die er niht leiden mag, und nah denen er pit.“

Jn den Wüſten, die im Jnneren Aſiens, zwiſchen dem Aralſee und Tibet, ſi erſtre>en, hauſen abſonderliche Rabenvögel, die Sharpe in der Unterfamilie der Felſenraben unterbringt. Der Schnabel dex vier bekannten Arten, welche die Gattung der Wüſtenhäher (Podoces) bilden, iſt ziemli lang und im ganzen, oben von der Wurzel bis zur Spibe gleihmäßig und ſanft, unten ſehr ſchwach gebogen, oberſeits kaum über den Unterſhnabel verlängert, der Fuß ſ{<hlank, ſein Laufteil doppelt ſo hoh wie die Mittelzehe lang, mit fräftigen, ſtark gebogenen Nägeln bewehrt, der Flügel mittellang, in ihm die vierte Shwinge die längſte, der Shwanz mäßig lang, am Ende ſanft abgerundet, das Gefieder reih und weih, nah Geſhle<t und Atler wenig oder niht verſchieden gefärbt.

Das Urbild der Gattung iſt der Saxaulhäher (Podoces panderi, Corvus, Pica und Garrulus panderi). Seine Länge beträgt ungefähr 25, die Fittihlänge 12, die