Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

S4 Erſte Drdnung: Baumvögel; zweiundvierzigſte Familie: Ku>u>e.

unmittelbar nacheinander; denn in jedem längeren Sagte treten kurze Stillſtände ein, die 1—1%/2 Sefunde länger währen, als der gewöhnliche Zeitraum zwiſchen dem Verklingen des einen und dem Anheben des anderen Rufes beträgt. Nach dem erſten einleitenden Teile des ganzen Saßtßes tritt ſolche, dem unachtſamen Hörer vielleicht kaum merftliche Pauſe ein, wahrſcheinli<h nux, um einen Augenbli> lang zu lauſchen, ob ein anderer Gauch dem Rufe antwortet; hierauf folgt oft ein von dem nächſten ebenſoweit geſchiedener Ruf, manchmal au< no< einer; und nunmehr erſt beginnt der zweite Teil des Saßes, der in der angegebenen Weiſe mehrmals unterbrochen werden fann, bis endlich der ſtattgefundene Aufwand an Kraft längere Nuhe erheiſcht. '

Man hat den Ku>u> als einen höchſt unfriedfertigen Vogel verſhhrieen: ih kann dieſer Anſicht jedo<h nicht beiſtimmen. Jn Kampf und Streit liegt er nur mit anderen ſeiner Art: die ganze übrige Vogelwelt läßt ihn gleichgültig, inſofern es ſi<h niht darum handelt, ihrer Angriffe ſih zu erwehren oder einem Ziehvogel ſein Ei aufzubürden, Gefangene, die man unter Kleingeflügel hält, vertragen ſi<h mit allen Genoſſen vortrefflih und denken niht daran, mit ihnen zu ſtreiten oder zu hadern. Aber freilih ein männlicher Kudu iſt dem anderen ein Dorn im Auge. So brutfaul der Vogel, ſo verliebt iſt er. Obgleich er Entgegenkommen findet, ſcheint ihn die Liebe doh geradezu von Sinnen zu bringen. Ex iſt buſtäbli< toll, ſolange die Paarungszeit währt, ſchreit unabläſſig fo, daß die Stimme überſ<hnappt, durhjagt unaufhörlich ſein Gebiet und ſieht in jedem anderen einen Nebenbuhler, den haſſenswerteſten aller Gegner.

Demjenigen, welcher den Gauch wirklih beobachtet hat, wird kein Zweifel auſſtoßen, daß zwiſchen zwei männlichen Ku>u>en, die ſi gegenſeitig hören, die ausgeſprochenſte Nebenbuhlerſchaft beſteht und bei jeder Gelegenheit zur Äußerung gelangt. Jeder Ku>u> welcher bis dahin harmlos ſeinen wohltönenden Namen in die Welt ſchrie, gerät in Aufregung, ſobald er einen wirklihen oder vermeintlichen Nebenbuhler rufen hört. Lebhafter werden in ſolchem Augenbli>e ſeine Bewegungen; ununterbrochen folgen ſich die einzelnen Rufe eines Sages; ſpähenden Auges und lauſchenden Ohres beugt der Vogel ſih weiter vor als gewöhnlich, und bei jedem einzelnen Rufe wendet er ſi<h zur Rehten und zur Linken, um ſich über die Richtung, aus welcher der unwillkommene Laut ihm entgegenſchallt, auf das genaueſte zu vergewiſſern. Zunächſt verläßt er ſeinen Plaß noh niht, ſcheint im Gegenteile abwarten zu wollen, ob jenes Herz von demſelben Mute beſeelt ſei wie das feinige, ruft noh einigemal in langer Folge und ſpäht und lauſcht von neuem. Erſcheint der Nebenbuhlex niht, ſo entſchließt er ſi, ihn zu ſuchen. Geradezu bewunderungswürdig iſt die Sicherheit, mit welcher er Richtung und Entfernung zu beſtimmen vermag. Wenn ich bei meinen Ne>ereien den Plaß verändere, erſcheint der Ku>Eu>, deſſen Eiferſucht ih erregte, mit aller Beſtimmtheit auf derſelben Stelle, von welcher ihm der erſte Ruf entgegentönte, und dennoch kommt er faſt niemals in gerader Richtung, ſondern regelmäßig in einem weiten Bogen an, den er offenbar zu dem Zwe>e unternimmt, um des vermeintlichen Nebenbuhlers anſichtig zu werden. Hier nun ſeßt er ſih von neuem nieder und ruft lauter und eifriger als zuvor. Gewahrt ex keinen anderen Ku>u>, ſo folgen auf die klangvollen Laute die einzelnen heiſeren, ein untrügliches Zeichen ſeines Ärgers. Einmal erregt, folgt er dem vermeintlichen Nebenbuhler 1—2 km weit nah oder verweilt halbe Stunden lang in ſeiner Nähe. Naht ſi, durch dieſelbe Täuſchung betrogen, ein zweiter Ku>u>, fo beginnt augenbli>li<h der Kampf. Mit vollſtem Rechte ſagt Naumaun, daß der Ku>u> kein anderes Männchen in ſeinem Bezirke oder in der Nähe ſeines Weibchens dulde und mit grimmigen Biſſen fortzujagen ſuche. Leßteres habe ih allerdings niht geſehen, ſondern immer nuv bemerkt, daß die beiden Nebenbuhler einander in raſchem Fluge verfolgen und dabei ab und zu aufeinander ſtoßen, ſi hierauf wiederum niederlaſſen, von neuem zu rufen beginnen