Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Ku>u>: Gebaren an den Neſtern der Zieheltern. 91

Auge behielt und ſah zu ſeiner Freude ſchon nah wenigen Minuten den Ku>u> zurükehren, das Ei mit dem Schnabel aus dem Neſte nehmen und es auf das rete Ufer hinübertragen. Nicht minder beweiſend für die Sorge der Ku>ku>smütter zu gunſten ihrer Nachkommenſchaft iſt nachſtehende Thatſache. Jm Jahre 1867 befand ſi< Baldamus ſchon Ende Mai im Oberengadin, um neue Beobachtungen zu ſammeln. Am 6. Juni ſagte ihm ein Forſtaufſeher in Silvaplana, daß er in einem Pieperneſte einen eben ausgeſhlüpften Ku>u> gefunden habe, und daß das Neſt einige Schritte von einer Steinhütte am Fuße des Felskegels des Piz Monteratſ<h auf einer kleinen, ſcneefreien, mit langem, vorjährigem Graſe beſtandenen Fläche ſi befinde. Baldamus begab ſich nach der bezeihneten Stelle, ſuchte vergeblih und ging nunmehr in beſagte Hütte. Bald darauf aber flog, von einer tiefer ſtehenden Wettertanne kommend, ein Ku>ku> herbei und ließ ſih auf der bezeihneten Grasſtelle nieder. Mit Hilfe ſeines ſcharfen Fernglaſes ſah unſer Forſcher nunmehr ſehr deutlich, wie der Kuckuk fi mit dem Kopfe wiederholt niederbeugte und ſehr eifrig zu ſchaffen machte. Dann flog der Vogel wiederum nah der Wettertanne hinab zu dem Männchen, das dort inzwiſchen unabläſſig gerufen hatte. Als Baldamus zu dem nunmehr verratenen Neſte ging, fand er einen höchſtens 24 Stunden alten Ku>u> darin, drei Eier des Alpenpiepers aber unverlegt in der Nähe des Neſtes und ein viertes darunter im Graſe liegen. Alle Eier, aus welchen die dem Ausſchlüpfen ſehr nahen Jungen geſchnitten wurden, befinden ſih als Belegſtü>e in Baldamus Sammlung.

Nath ſolchen, jeden Zweifel ausſ{hließenden Beobachtungen läßt ſih die beregte Fürſorge der Ku>ucsmütter kaum noch beſtreiten. Ob ſie von dieſer in allen Fällen geübt wird, iſt eine andere Frage. So ſpricht es nicht für unbedingte Fürſorge des Vogels, daß er ſein Ei in Neſter legt, die gar nicht zum Brüten beſtimmt oder bereits verlaſſen worden ſind. Faſt alle mit Aufmerkſamkeit beobachtenden Vogelkundigen haben Ku>kuseier in verlaſſenen oder unfertigen Neſtern gefunden, ſo außer Liebe unter anderen auh Päßler in einem Neſte des Steinſhmägers, das von den Brutvögeln verlaſſen worden war, ſo Walter in den ganz unbrauchbaren, nur zum Schlafen beſtimmten Neſtern, die ſi<h der Zaunkönig außer ſeinen Brutneſtern errichtet. Die Angaben eines ſo erfahrenen Beobachters wie Adolf Müller, der den Kucu> auf dem Neſte ſogar ſelbſt brütend beobachtet hat, haben viel Widerſpruch gefunden.

Die Fortpflanzungszeit des Ku>ku>s währt ſolange er ſchreit, iſt alſo nicht allein nach der in dem Jahre herrſhenden Witterung, ſondern auh na<h Lage des Ortes verſchieden, beginnt beiſpielweiſe im Norden oder im Hochgebirge ſpäter, dauert dafür aber auch länger als im Süden oder in der Ebene. Auch die Fortpflanzung des Ku>u>s richtet ſich wie das ganze Leben des Vogels nach dem Brutgeſchäfte der kleinen Vögel. Mit einiger Überraſhung vernahm ih auf der Höhe des Rieſengebirges no< Ende Juli den Ku>ku>8ruf, der doch 600 oder 800 m tiefer ſchon längſt verklungen war. Aber oben auf der kahlen, nur mit Knieholz bede>ten Höhe beſchäftigten ſi<h die Waſſerpieper noh mit ihrer zweiten Brut, und dies war Grund und Urſache genug für den Ku>ku>, ſih der Höhe zuzuwenden, die er in den Monaten vorher zwar niht gänzlih gemieden, aber doch weit ſeltener beſucht hatte als jezt. Aus dieſer Beobachtung wage ih zu folgern, daß der Ku>ku erforderlichen Falles während ſeiner Legezeit wandert, um neue, für ihn no< brauhbare Neſter aufzuſuchen.

Über die Zeitdauer, in welcher die aufeinander folgenden Eier des Ku>ku>ks reifen, herrſchen verſchiedene Anſichten. Während die meiſten dieſe Zeit auf 6—8 Tage ſchäßen, verſichert Ad. Walter, von zwei Ku>ku>en auf das beſtimmteſte erfahren zu haben, daß ſie wenigſtens zwei Eier in einer Woche lieferten, und belegt dieſe Behauptung durch Beobachtungen, die beweiskräftig zu ſein ſcheinen. Ebenſo erfuhr derſelbe Berichterſtatter aber auch, daß ein Weibchen ſechs Tage Zeit brauchte, um ein zweites Ei dem erſten folgen