Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

92 Erſte Dronung: Baumvögel; zweiundvierzigſte Familie: Ku>uce.

zu laſſen, und ſchließt daraus, daß die Eierkundigen re<t beobachtet haben, welche die Zwiſchenzeit auf 6—8 Tage angeben. Doch glaubt er, daß ein ſo langer Zeitraum von 8 Tagen auf Erſchöpfung deuten könnte, wie wir ſolche bei allen legenden Vögeln wahrnehmen. Ließe ſich der Beweis führen, daß das Ku>ucksweibchen wirklich in je $—4 Tagen ein Ei lege, ſo würde ſi ergeben, daß der Ku>u> im Laufe ſeiner Fortpflanzungszeit eine außerordentli< erhebliche Anzahl von Eiern, 20—24 etwa, zur Welt bringe.

„ZU bewundern iſt“, ſagt Bechſtein, „mit welchem großen Vergnügen die Vögel eine Ku>u>smutter ſi ihrem Neſte nahen ſehen. Anſtatt daß ſie dort ihre Eier verlaſſen, wenn ein Menſch oder ſonſtiges Geſchöpf ihrem Neſte zu nahe kommt, oder vor Betrübnis wie tot zur Erde niederfallen, ſo ſind ſie hier im Gegenteile ganz außer ſi<h vor Freude. Das kleine Zaunkönigsmütterhen z. B., das über ſeinen eignen Eiern brütet, fliegt ſogleich von ihnen herunter, wenn der Ku>ku> bei ſeinem Neſte ankommt, und macht ihm Plas, damit er ſein Ei um ſo bequemer einſchieben könne. Es hüpft unterdeſſen um ihn herum und bewirkt durch ſein frohes Lo>en, daß das Männchen auch herbeikommt und teil an der Ehre und Freude nimmt, die ihm dieſer große Vogel macht.“ An einer anderen Stelle fügt Bechſtein dem Vorſtehenden no< Folgendes hinzu: „Man könnte das Geſchrei der kleinen Vögel das ſie hören laſſen, wenn ſie einen Ku>u> gewahr werden, nah dem, was ih alles von dem zwiſchen den eigentlichen Eltern, Pflegeeltern und ihm zur Erhaltung ſeiner Nachkommenſchaft ſo unentbehrlichen Vögeln obwaltenden guten Einvernehmen gehört habe, vielmehr als ein Freudengeſchrei betraten, das dieſe Vögel von ſi geben. Vielleiht wollen ſie ihn gar herbeilo>en, um auch ihnen ein Junges zur Erziehung anzuvertrauen. Wer die Sprache der Vögel verſteht, wird vielleicht dieſe Anmerkung begründeter und richtiger finden, als wenn man dieſe Töne für ein Angſtgeſchrei ausgeben wollte, das die Täuſchung hervorbrächte, weil ſie den Ku>u> wegen ſeiner Sperberſhwingen und ſeines Sperberfluges beim erſten Anbli> für einen Sperber hielten, der dieſen kleinen Vögeln ſo fürchterlich iſt.“

Das klingt wunderſchön, iſt aber leider nicht rihtig. Alle Vögel, welchen die zweifelhaſte Chre zugedacht wird, Ku>u>ke großzuziehen, bekunden im Gegenteile in niht mißzudeutender Weiſe ihre Angſt vor dem ihnen drohenden Unheile und bemühen ſi< nach allen Kräften, den Ku>u> abzuwehren. Sie kennen den Gauch ſehr wohl und irren ſich in ihrem Urteile durchaus niht. Kein einziger von ihnen verwechſelt ihn mit dem Sperber. Dies wird bei einigermaßen eingehender und vorurteilsfreier Beobachtung au< dem blöderen und ungeübteren Auge erſichtli<h. So gern kleine Vögel Falken ne>en, mit ſo deutlichen Angſt- und Lärmrufen einzelne von ihnen ſelbſt den Sperber verfolgen, ſo verſchieden benehmen ſie ſih hierbei im Vergleiche zu ihren Angriffen auf den Ku>u>. Wie ih unzähligemal beobachtet habe, verfolgen ſie den leßteren keine8wegs bloß, wenn er fliegt, ſondern auch dann, wenn er ruhig auf ſeinem Baume ſißt und ruft. Sie érſcheinen, unzweifelhaft herbeigezogen durch den ihnen wohlbekannten Ruf, und ſtoßen fliegend auf den Sißenden herab, halten ſi< ſogar, wie ſie wohl Eulen, niemals aber Falken gegenüber thun, mit ſchwirrenden Flügelſhlägen oder rüttelnd neben ihm in der Luft und führen ſo ihre Angriffe aus. Dies geſchieht, im Vollbewußtſein der Sicherheit, mit ſo viel Ke>heit und Ausdauer, daß der Ku>u> nicht allein dur<h ſie im Schreien geſtört und gezwungen wird, ſeinen Ruf abzubrechen, ſondern ſi förmlich verteidigen muß. Ex thut dies, indem ex unter Ausſtoßung des beſchriebenen heiſeren, wie „ſärr“ klingenden Lautes nah ihnen beißt; jeine Abwehr wird aber ſelten dur< den erwünſchten Erfolg gekrönt. Denn immer von neuem ſtoßen die kleinen Vögel auf den unwillkommenen Geſellen hinab, und zuleßt zwingen ſie ihn doh, ſeinen Standort zu verlaſſen, worauf dann die Jagd erſt ret beginnt. Nähert ſih- der Ku>ku> aber einem Neſte, ſo bekunden deſſen Beſißer dur<h Geſchrei und Gebärden, die von niemand mißverſtanden werden können, wie ſehr beſorgt ſie ſind um ihre gefährdete