Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Ku>u>: Gebaren der Jungen. Gefangenleben. Feinde. 95

Junge, dem Neſte entnommene Kucku>ke laſſen ſih leiht auffüttern, nehmen auh mit jeder geeigneten Nahrung vorlieb und verlangen davon nur eine genügende Menge. Angenehme Stubenvögel aber ſind ſie niht. FJhre Gefräßigkeit verleidet dem Pfleger alle Freude an ihnen. Jn früheſter Jugend dem Neſte entnommene Vögel werden ſehr bald zahm, ältere wehren ſi<h aus Angſt gegen den ihnen nahenden Menſchen, erheben die Flügel wie Raubvögel und ſhnappen auch wohl mit dem Schnabel nah der Nahrung ſpendenden Hand. Bechſtein und nach ihm andere Beobachter bezeichnen deshalb den jungen Ku>ku> als einen ſehr boshaften Vogel, thun ihm hierin jedo< entſchiedenes Unrecht an. „Er ſperrt freilich den Schnabel auf“, ſagt mein Vater ſehr rihtig, „und ſchnellt den Kopf vor, dies thut er aber nur, um den Feind zurützuſcheuchen oder au<, wenn er hungrig iſt, und das iſt er immer.“ Jh darf behaupten, daß diejenigen Ku>ku>ke, welche ih gefangen hielt, niht im geringſten boshaft waren; ja, i< muß hier ausdrü>lih wiederholen, daß ih au< von der Unverträglichkeit anderen Vögeln gegenüber, von welcher Naumann ſpricht, nihts beobach: ten tonnte. Meine Gefangenen lebten mit Papageien, Kernbeißern, Kardinälen, Alpen- und Kalanderlerchen, Wiedehopfen, verſchiedenen Sängern, Helmvögeln, Flaumfußtauben 2c. zuſammen, waren auch eine Zeitlang in demſelben Käfige mit kleinen weſtafrikaniſchen Finken, haben aber, ſoweit wir erfahren konnten, niht einen einzigen von ihnen behelligt. Selbſt alt eingefangene Ku>uce werden zuweilen ſehr raſh zahm. Ein Weibchen, das Dehne ſing, fam ſhon am dritten Tage ſeinem Pfleger entgegen, wenn dieſer ihm Nahrung reichte. Bemerkenswert iſt, daß der gefangene Kuckuk im Käfige ſelten ſchreit. Von allen, welche ih pflegte, und es waren derer eine feineswegs unbeträchtlihe Anzahl, ließ nicht ein einziger einen Laut vernehmen; dagegen bemerkt Bru>lacher, daß ſein zahmer Kucku>, freilich immer nur einmal, alſo niht wiederholt nacheinander, den bezeihnenden Ruf habe erſchallen laſſen. Einen deutlichen Ruf ſtößt aber nah Haa>e ſehr fleißig ein im Frankfurter Tiergarten gepflegter Ku>u> aus, wie S. 83 bereits angeführt wurde.

Der erwachſene Ku>u> hat wenige Feinde. Seine Fluggewandtheit ſichert ihn vor der Nachſtellung der meiſten Falken, und den fkletternden Raubtieren entgeht ex wahrſcheinlich immer. Zu leiden hat er von den Ne>ereien des Kleingeflügels, und nicht allein von jenen Arten, denen er regelmäßig ſeine Brut anvertraut, ſondern auch von anderen. Jn erſter Reihe machen ſih hier, wie zu erwarten, die mutigen Bachſtelzen mit ihm zu ſchaffen. Alle drei bei uns einheimiſchen Arten verfolgen ihn in der angegebenen Weiſe, ſowie er ſih ſehen läßt. Außer ihnen habe ih den Pirol, unſere Würger, den großen Fliegenfänger, Laubſänger, die Baſtardnachtigall und endlih Grasmücken auf ihn ſtoßen ſehen. Nah Ad. Walters Beobachtungen behelligt ihn ſelbſt der Grünſpecht und jedenfalls viel ernſtlicher als die vorher genannten Vögel. Der ſtürmiſche Flieger holt den flüchtenden Ku>u> bald ein und ängſtigt ihn ſo, daß er zulegt vor Angſt kaum weiß, was er beginnen ſoll. Ein von dem Grünſpechte gejagter Ku>ku>, den Walter beobachtete, benußte den einzigen auf ſeinem Wege ſich findenden Baum, um ſich in den dünnen Zweigen der Krone zu de>en. Aber auch der Specht kletterte ihm hier nah und trieb den Kucku> von neuem in die Flucht, dem höchſtens no< 50 Schritt von jenem Baume entfernten Walde zu. Schon nachdem er eine Entfernung von etwa 20 Schritt zurügelegt hatte, wurde er wieder eingeholt und ſo ſcarf gedrängt und geſtoßen, daß er ſeiner Gewohnheit zuwider auf das kahle Feld niederflog. Aber auch hierhin folgte der Grünſpecht, und Walter, der leider dur<h Dorngebüſch verhindert wurde, genau beobachten zu können, ſah jeßt nur noc einen Ballen an der Erde. Als er den Dornbuſch umlaufen hatte, waren beide Vögel verſhwunden. Abgeſehen von jolchen Gegnern und verſchiedenen ihn plagenden Schmaroßern hat der ausgewachſene Ku>kuc> von den fluggewandteſten Raubvögeln zu leiden, jedo<h weniger, als man von vornherein annehmen möchte. Dagegen iſt er, ſolange er ſi< no< im Neſte befindet, vielen Feinden