Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
Erſte Ordnung. Die Baumvögel (Coracornithes). (Fortſeßung.)
Arge Träumer, bei welchen aber das prachtvolle Gefieder einigermaßen mit dem ſtillen und langweiligen Weſen ausſöhnt, ſind die Nageſhnäbler oder Surukus (Trogonidae), eine in etwa 60 Arten über die Wendekreisländer der Alten und Neuen Welt verbreitete Familie, auf welche ein gleihnamiges Geſchlecht (Trogones) und eine gleihnamige Unterordnung (Trogoniformes) begründet werden darf. Sie kennzeihnen ſich durch geſtre>ten, aber reich befiederten Leib, ſehr kurzen, breiten, dreie>igen, ſtark gewölbten Shnabel mit hakiger Spize und bauchig nah hinten vortretenden Kieferrändern, die oft gezähnelt ſind, ſehr kleine und ſhwache, kurzläufige, faſt ganz vom Schenkelgefieder verde>te, dünn- und kurzzehige Füße, deren innere Zehe neben der hinteren ſih na< rü: wärts wendet, kurze, ſtark abgerundete Flügel, deren Shwingen ſ<hmal, ſpigig, ſteiſſchaftig und ſichelförmig gekrümmt ſind, langen, zwölſfederigen Schwanz, deſſen drei äußere Federn jeder Seite ſi< verkürzen, wogegen die ſehs mittleren, breiteren annähernd gleihe Länge haben, und durch ein ſehr weiches, ſtark dauniges, prachtvoll metalliſ<h glänzendes Gefieder, das ſich am Schnabelgrunde ebenfalls in Borſten umwandelt. Der innere Bau ſtellt die Nageſchnäbler zwiſchen Klein- und Rakenvögel.
Von jeher hat die wundervolle Pracht de Gefieders die Aufmerkſamkeit der Forſcher und Laien auf dieſe merkwürdigen Vögel gelenkt, deren Leben im Übrigen wenig Beachtenswertes bietet. Die Nageſchnäbler erinnern niht bloß durch den weit geſpaltenen Schnabel und die auffallend kleinen Füße, ſondern auh dur< die Weichheit ihrer Haut und ihres Gefieders an die Nahtſhwalben. Beſonders bemerklih wird die Ähnlichkeit beider Gruppen bei jungen Vögeln. Auch ſie ſind, obwohl ſie während des Tages ihren Geſchäften nachgehen, als Dämmerungsvögel anzuſehen; denn nur wenige verlaſſen die ſchattigen, düſteren Wälder, die ſelbſt der ſcheitelreht ſtehenden Sonne verwehren, ihre Strahlen in das Blätterdunkel hinabzuſenden. Hier, in den unteren Teilen der Baumkronen, ſieht man ſie einzeln oder paarweiſe ihr Weſen treiben. Je reicher, je üppiger der Wald, um ſo häufiger finden ſie ſih. Aber ſie beſchränken ſih keine8wegs auf die Niederungen, ſondern ſteigen auh zu ſehr bedeutenden Höhen in den Gebirgen empor.
Träge und träumeriſch ſigen ſie auf einem Aſte und ſpähen von hier aus in die Runde. Ein fliegendes Kerbtier reizt ſie zu kurzem Fluge an; ſie verfolgen die Beute mit großer Gewandtheit, fangen ſie ſehr geſchi>t und kehren dann wieder zu einem Ruhepunkte zurück.
Aber nicht bloß Kerbtiere, ſondern au<h Früchte dienen ihnen zur Nahrung; Ane Arten Brehm, Tierleben. 8. Auflage. Y.