Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Doppelhornvogel. Jahrvogel. 21

Unter ſi zeigen ſie ſih ebenſo verträglih wie anderen kleineren Vögeln gegenüber feindſelig. Während einer der von mir beobachteten gefangenen einen vertrauensvoll an ihm vorüberfliegenden Tukan aus der Luſt griff, abwürgte und auffraß, kamen unter verſchiedenartigen Hornvögeln, wenigſtens ſolchen gleicher Größe, ernſtere Zänkereien und Streitigfeiten nicht vor, höchſtens ſpielende Zweikämpfe, die ſih ſehr hübſch ausnehmen. Beide ho>en einer dem anderen gegenüber nieder, ſpringen plößlih vorwärts, ſ{<lagen unter hörbarem Klappen die Schnäbel zuſammen und ringen nun förmlih miteinander. Zumweilen ſcheint aus ſolchen Spielen Ernſt werden zu wollen; immer aber bemerkt man, daß es nihts anderes ſein ſoll als eben nur ein Spiel. Verſchiedenartige Hornvögel bekunden gegenſeitiges Einverſtändnis wenigſtens dadurh, daß ſie ihre Rufe beantworten.

Es dient zur Vervollſtändigung, wenn ih Vorſtehendem die ausgezeihnete Schilderung folgen laſſe, die Bernſtein von der Lebensweiſe der Jahrvögel gegeben hat. Der Fahrvogel (Buceros plicatnus) fennzeinet ſi hauptſächlich dadurch, daß ein faltiger Wulſt auf dem Oberſchnabel die Stelle des Hornes vertritt. Die Swingen ſind mittellang; der Schwanz iſt ziemlich ſtark abgerundet, der Fuß kurz und kräftig. Das Geſieder iſt mit Ausnahme des o>ergelben Kopfes und Halſes ſhwarz, der Schwanz aber weiß, der Shnabel lit hornfarben, die na>te Kehle und Augengegend hellblau. Dem jungen Vogel fehlt der Wulſt: denn dieſer entwi>elt ſi erſt mit vollendetem Wachstum. Da die tiefen Querfurchen niht immer in gleicher Anzahl vorhanden ſind, glaubte man früher, daß mit jedem Jahre ein neuer Querwulſt ſih bilde und man alſo aus ihrer Anzahl das Alter des Vogels berehnen fönne. Dieſer Umſtand gab Veranlaſſung zu dem bei den Europäern jener Gegenden üblichen Namen. Bei den Sundaneſen heißt er Djulan, Goge und Boboſan.

Der Jahrvogel bewohnt Neuguinea und bena<hbarte Fnſelgruppen, der verwandte, ſi dur faſtanienbraunen Ober- und Hinterkopf auszeihnende Fndiſhe Fahrvogel (Buceros subruficollis) Hinterindien. „Sein eigentlicher Aufenthaltsort“, ſagt Bernſtein, „ſind ſtille, ausgedehnte Waldungen des heißen Tieflandes und die Vorberge bis in Höhen von etwa 1000 m. Jn höher gelegenen Waldungen kommt er ſelten oder gar nicht oor, wahrſcheinlih weil gewiſſe Bäume, von deren Früchten er ſih nährt, hier nicht mehr angetroffen werden. Nach dieſen Früchten ſtreift er oft weit umher, und man ſieht ihn niht ſelten paarweiſe, beſonders am frühen Morgen in bedeutender Höhe über den rieſigen Bäumen des Waldes dahineilen und in gerader Linie Gegenden zuſtreben, wo fruchttragende Bäume ihm reichliche Mahlzeit verſprechen. Während des Fluges ſtre>t er Hals und Kopf mit dem gewaltigen Schnabel weit aus. Merkwürdig iſt das eigentümlich ſauſende Geräuſch, das in abwe<ſelnder Stärke den Flug dieſes Vogels, ja vielleicht aller Hornvögel begleitet und in ziemlicher Entfernung hörbar iſt. Die Urſache dieſes Sauſens, das, wie ih bemerkt zu haben glaube, beſonders während des Senkens der Fittiche bei jedem Flügelſhlage hervorgebracht wird, iſt, ſoviel ih weiß, no< niht bekannt. Schwingt man einen Fittih unſeres Vogels durch die Luft, ſo wird dadur< zwar ebenfalls ein gewiſſes Sauſen hervorgebracht, doh läßt ſich dieſes keineswegs mit dem, das der fliegende Vogel hervorbringt, vergleichen. Einige Jahrvögel, die in einem geräumigen Behälter lebend unterhalten wurden, machten zuweilen, auf den Sprunghölzern ſizend, mit den Flügeln Bewegungen, ohne daß ſih das in Rede ſtehende Sauſen hätte vernehmen taſſen. Allein derartige Schwingungen der Flügel ſind lange niht ſo kräftig wie die während des Fluges ausgeführten. Jch bin geneigt, zu glauben, daß die ungeheure Ausdehnung der Luftſäce, die ſich befanntlih zwiſchen Haut und Muskeln bis in die Schenkel, die Spive der Flügel und die Kehlgegend erſtre>en, und die damit verbundene Fähigkeit, größere Luſtmaſſen aufzunehmen, hierbei eine Hauptrolle ſpielten. Ohne Zweifel iſt dieſer Fähigkeit wenigſtens der