Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

20 Erſte Drdnung: Baumvögel; ſe<Ssunddreißigſte Familie: Hornvögel.

Maſſe, die, wie man mix ſagte, dazu gedient hatte, die weite Eingangsöffnung der Höhle auszufſüttern. Nach einiger Zeit hörten wir das rauhe Geſchrei eines Vogels im Jnneren und konnten ſehen, wie er das weiße Ende ſeines Schnabels herausſte>te. Jh bot eine Nupie, wenn jemand hinaufſteigen und den Vogel mit den Eiern oder den Jungen herausnehmen wolle. Aber alle erklärten, es ſei zu ſ{<hwierig, und fürchteten ſih. Sehr ärgerlih ging i< weg. Etwa eine Stunde ſpäter aber hörte ih zu meiner Überraſchung lautes, heiſeres Gekrächze in meiner Nähe. Man brachte mir das Weibchen mit feinem Jungen, das man in dem Loche gefunden hatte. Dieſes leßtere war ein höchſt ſeltſamer Gegenſtand, ſo groß wie eine Taube, aber ohne ein Federchen an irgend einer Stelle, dabei außerordentlich fleiſchig, weih und die Haut halb dur<ſcheinend, ſo daß das Tier eher einem Klumpen Gallerte mit angeſeßtem Kopfe und Füßen ähnelte als einem wirklichen Vogel. Die außerordentliche Gewohnheit des Männchens, ſein Weibchen einzumauern und es während der Brutzeit und bis zum Flüggewerden der Jungen zu füttern, iſt eine jener Thatſachen in der Naturgeſchichte, die wunderbarer ſind, als man ſih träumen läßt.“

Auch- die fernere Entwickelung des jungen Doppelhornvogels ſcheint langſam zu verlaufen; wenigſtens verſichert Hodgſon, daß er erſt im vierten oder fünften Fahre zu voller Ausbildung gelange. Blyth hingegen behauptet nah Beobachtungen an gefangenen Doppelhornvögeln, daß drei Fahre zur Entwicelung genügen.

Über das Gefangenleben des Vogels teilt Ti>ell Nachſtehendes mit: „Der Homraï wird, wenn ex jung aufgezogen iſt, ſehr zahm, bleibt aber immer kühn und bedroht diejenigen, welche er niht fennt, mit ſeinem gewaltigen und gefährlihen Schnabel. Einer ließ ſi< feine Liebkoſungen gefallen, wie es kleinere Arten der Familie thun. Er flog im Garten umhex, hielt ſih hier auf großen Bäumen oder auh auf dem Hausdache auf, kam zuweilen zum Boden herab, hüpfte hier mit ſchiefen Sprüngen umher, fiel dabei gelegentlih auh auf die Handwurzel nieder und ſuchte ſi<h im Graſe Futter zuſammen. Einmal ſah man ihn einen Froſh fangen, aber wieder wegwerfen, nachdem er ihn unterſucht hatte. Bei ſeinen morgentlichen Spaziergängen näßte er ſih oft das Gefieder ein, dann pflegte er ſih, wenn die Sonne kam, mit ausgeſpannten Flügeln ruhig hinzuſeßen, um die Federn wieder zu tro>nen. Übrigens ſchienen zwei andere gefangene zu beweiſen, daß ihnen die Näſſe durhaus niht unangenehm war; denn ſie ſezten ſih oft ſtundenlang den heftigſten Regengüſſen aus und ließen ſi vollſtändig einnäſſen. Die laute Stimme vernahm man niemals, ſondern bloß ein ſ{<waches, murmelndes Grunzen. Seine Gefräßigkeit war großartig; er konnte eine Paradiesfeige ohne Mühe hinabwürgen.“ Auch ih habe den Homraï in geräumigen Käfigen nicht ſelten zum Boden herabkommen ſehen. Hier bewegt er \i< höchſt ungeſchi>t. Ex ſizt auf den Fußwurzeln, nicht aber auf den Zehen, muß ſih dabei noch auf den Schwanz ſtüßen, um ſi< im Gleichgewichte zu erhalten, und vermag ſich nur dur täppiſche Sprünge, bei welchen beide Beine gleichzeitig bewegt werden, zu fördern. Gleihwohl dur<mißt er in dieſer Weiſe niht ſelten weitere Stre>ken. Jm Gezweige iſt ſeine Stel: lung ſehr verſchieden. Gewöhnlich hält er ſih faſt wagereht, wie Hodgſon geſchildert, im Zuſtande großer Ruhe aber läßt er den Schwanz ſenkre<ht hängen. Hat er lange des Sonnenſcheins entbehrt, und leuchtet ihm der erſte Sonnenbli> wieder, ſo richtet er ſich in ungewöhnlicher Weiſe auf, ſtre>t und dehnt ſih, breitet einen Flügel um den anderen, hebt ihn langſam empor, ſoweit er kann, und dreht und wendet ſi< nun na allen Richtungen, um abwechſelnd dieſe, dann jene Seite der Sonne auszuſeßen. Wird es ihm zu warm, ſo ſtre>t ex den Hals lang aus und ſperrt gleichzeitig den Schnabel auf, ſo wie es Naben und andere Vögel unſeres Vaterlandes bei großer Hite zu thun pflegen.

Von Zeit zu Zeit gelangen Homrais in unſere Tiergärten. Bei geeigneter Pflege ertragen ſie jahrelang die Gefangenſchaſt und ſcheinen ſih im Käfige ve<ht wohl zu fühlen.