Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Doppelhornvogel: Fortpflanzung, Bruthöhlen. 19

und war in einem ſehr ſ{<hlehten Zuſtande. Glücklicher als bisher ſollte ih zu Ende desſelben Monats ſein. Auf einer Blöße, ſehr nahe bei meiner Veranda, ſtand, umgeben von anderen Bäumen, ein ſtolzer Siſubaum mit einer Höhle in der erſten Gabelung, um deren Beſiß Papageien und Raken langwierige Streitigkeiten ausfochten. Jch hatte oft gewünſcht, daß dieſe Höhle von Doppelhornvögeln auserſehen werden möge, und war höchſt erfreut, wahrzunehmen, daß nach langer Beratung und wiederholter Beſichtigung, nach endloſem Schreien der Raken und Kreiſchen der Papageien ein Pärchen jener Vögel am 28. April Anſtalten traf, ſi in ihren Beſig zu ſeen. Die Höhlung hatte ungefähr 30 cm Tiefe und innen genügenden Raum. Am 29. April begab ſi< das Weibchen in das Fnnere und erſchien fortan niht wieder vor der Höhle. Es hatte gerade Plas, um auh ſeinen Kopf zu verſte>en, wenn es verborgen zu ſein wünſchte oder Unrat von unten nach oben bringen wollte. Die Höhle befand ſi< etwa 3 m über dem Boden und meiner Veranda gerade gegenüber, ſo daß ih jeden Vorgang mit Hilfe eines Fernglaſes vollkommen genau beobachten fonnte. Nachdem das Weibchen ſih in das Fnnere zurü>gezogen hatte, zeigte ſich das Männchen ſehr geſchäftig, es zu aßen, und brate ihm gewöhnlich eine kleine Frucht der heiligen Feige. Am 30. April begann jenes eifrig an dem Verſchluſſe zu arbeiten Und benugte hierzu vornehmlich ſeinen eignen Unrat, den es vom Boden der Höhle heraufholte, re<ts und links anklebte und mit der flahen Seite ſeines Schnabels wie mit einer Mauerkelle bearbeitete. Das Männchen ſah ih niemals etwas Anderes thun als Futter zutragen, niemals auh fand ih eine ausgeworfene Frucht unter dem Baume und immer nur ſehr wenig Unrat, wel leßterer dem Anſchein na<h von dem Weibchen ſelbſt ausgeworfen wurde, nachdem der Verſchluß hergeſtellt worden war. Das Männchen erſchien in der Nähe des Baumes, flog zu der Höhlung, klammerte ſi< mit den Krallen an der Rinde feſt und klopfte mit dem Schnabel an. Auf dieſes Zeichen hin erſchien das Weib: <en und empfing die Frucht, worauf das Männchen wieder davonflog. Die Öffnung, die anfänglich bei 15 ecm Höhe noc 3 oder 4 cm Breite hatte, wurde zuleßt ſo eng geſchloſſen, daß man an der weiteſten Stelle eben den kleinen Finger durhſte>en konnte. Doch iſt hierbei niht zu vergeſſen, daß der Schnabel beim Öffnen immerhin no< einen Spielraum von 8—10 ecm hatte, da die Öffnung eine ſhlißförmige war. Das Zukleben des äußeren Loches nahm 2 oder 3 Tage in Anſpruch. Von dieſer Zeit an wurde der Unrat des Weibchens, den es bisher hauptſähli<h zum Verkleben verwendet hatte, ausgeworſen. Ein dritter Nashornvogel, der ſi in der Gegend umhertrieb, ſah dem Hergange aufmerkſam zu, ſtritt ſi< dann und wann mit dem erwählten Männchen, trug dem Weibchen aber niemals Futter zu. Am 7. Mai, nachdem ih meiner Meinung nach dem Weibchen genug Zeit zum Legen gegönnt hatte, beſtieg ih mit Hilfe einer Leiter den Baum, öffnete das Neſt und zog das Weibchen, das ſich in ſehr gutem Zuſtande befand, mit einiger Schwierigkeit aus Der Höhlung heraus, um die von mir gewünſchten drei Eier zu erhalten. Anfänglich vermochte es faum zu fliegen, war dies jedoch nah geraumer Zeit wieder im ſtande. Die Eingeborenen, welche die Gewohnheiten dieſer Vögel ſehr gut kennen, erzählten mir, daß das Weibchen die Wand durchbreche, ſobald ſeine dem Ei entſhlüpften Jungen na< Futter begehren, und dieſe Angabe dürfte in der That richtig ſein.“

Au<h Wallace konnte über das Brutgeſchäfſt des Homraïi Beobachtungen ſammeln. Seine Jäger brachten ihm ein großes, ſhönes Männchen, das einer von ihnen geſchoſſen zu haben verſicherte, während es das Weibchen fſütterte. „Jh hatte“, ſo erzählt der Reiſende, „oft von der ſonderbaren Gewohnheit dieſer Vögel geleſen, und ging ſofort, von mehreren Eingeborenen begleitet, an den Ort. Jenſeits eines Fluſſes und eines Sumpfes fanden wir einen großen, über das Waſſer geneigten Baum, und an ſeiner unteren Seite, etwa in Höhe von 6 m, bemerkten wir ein kleines Loh inmitten einer ſ{hlammähnlichen

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