Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Hornvabe: Gebaren. Nahrung. Stimme. Weſen. DIT

ziehe, ſondern auh Jagd auf die verſchiedenartigſten Tiere betreibe. So entnahm unſer Gewährsmann dem Magen eines von ihm erlegten Männchens ein Erdeichhörnchen mit Haut und Haaren und in ſo gutem Zuſtande, daß ſhon der Augenſchein lehrte, der Vogel müſſe es lebend ergriffen haben. Wer die Biſſigkeit dieſer unſere Eichhörn<hen an Größe übertreffenden Nager kennt, muß ſagen, daß ſolhe Jagd dem Mute unſeres Vogels zur Ehre gereiht. Nach den Beobachtungen von Heuglins erſcheint der Hornrabe bei Steppenbränden, um hier alles dur<h das Feuer beſchädigte Kleingetier zuſammenzuleſen.

Die Stimme iſt ein dumpfer Laut, der wie „bu“ oder „hu“ klingt. „Loken ſi<h Männhen und Weibchen“, ſagt von Heuglin, „ſo ſtößt der eine, wahrſcheinlih das Männchen, dieſen dumpfen, weit hörbaren Laut aus, und auf ihn antwortet der andere ebenfo, aber um eine Oktave höher. Dieſe Unterhaltung der Gatten, die faſt unzertrennlich ſind, dauert oft wohl eine Viertelſtunde lang ununterbrochen fort, bis irgend eine äußere Störung ſie beendet.“ Gourney berichtet genau dasſelbe, bemerkt aber noh, daß das Männchen unabänderlih zuerſt zu ſchreien beginne, und verſichert, daß man den Ruf faſt zwei engliſche Meilen weit vernehmen könne. Gegen die Paarungszeit hin, die im Sudan in die Monate unſeres Herbſtes fällt, rufen die Hornvögel öfter und erregter als ſonſt, bewegen ſih auch in ſo eigentümlicher Weiſe, daß von Heuglin von ihrer Balze ſprehen kann. „Beide Gatten treiben ſih merflih aufgeregt und in erhabener Stellung, die Kehlhaut aufgeblaſen, fauchend auf Lichtungen umher und ſtoßen Töne aus, die aus einer großen hohlen Tonne zu kommen ſcheinen.“

Aus eigner Erfahrung weiß ih, daß der Hornrabe in hohlen Bäumen brütet, und dur von Heuglin, daß er kleine, runde, rauhſchalige, weiße Eier legt. Ob das Gelege aus mehr als einem einzigen Eie beſteht, und ob das Weibchen eingemauert wird, iſt, ſoviel mir befannt, no< nicht entſchieden. Die Baumhöhlung, die ih auffand, zeigte keine Spur von einer derartigen Arbeit und enthielt nur ein einziges Junges. Dieſes war ziemlich flügge und bis auf den Mittelteil der Shwungfedern rein ſhwarz. Von einem Horne auf der Shnabelwurzel war noh keine Spur zu ſehen. Wir verſuchten, die Alten beim Neſte zu ſchießen und brachten das ſchon ausgehobene Junge deshalb wieder in die Niſt: höhle zurüd>; feines der ſcheuen Eltern aber ließ ſih erbliden. Das Funge wurde mit rohem Fleiſche ernährt und zeigte ſi bald ſehr zutraulih. Es war auf unſerer Barke nicht gefeſſelt, ſondern konnte ſich nah Belieben bewegen, hatte ſi<h aber bald einen beſtimmten Plaz ausgewählt und kehrte zu dieſem unter allen Umſtänden zurü>. Des ſonderbaren Freundſchaftzverhältniſſes, das es mit einer Meerkate ſ{loß, habe ih ſhon im erſten Bande dieſes Werkes (S. 136) Erwähnung gethan, und ih will hier nur noh hinzufügen, daß es der Nashornvogel war, der ſpäter den Freundſchaftsbund aufrecht erhielt. Jn Chartum durfte der Hornrabe im Hofe umherſpazieren und treiben, was er wollte, machte auh von der ihm geſchenkten Freiheit umfaſſenden Gebrauch, unterließ aber nie, von Zeit zu Zeit zu ſeinem Freunde zurüczukehren. An manchen Tagen verbrachte er Stunden in deſſen Geſellſchaft, obgleich er vollſtändig gemißhandelt wurde. Es waren mehrere Affen im Hofe angebunden; der Hornrabe kannte aber ſeinen Freund ſehr wohl und ging immer zu dieſem, nie zu einem anderen hin. Übrigens wußte er ſih auch ſonſt zu unterhalten. Er verfolgte unſere zahmen Jbiſſe, jagte nah Sperlingen oder trabte in lächerlicher Weiſe ſcheinbar nuglos im Hofe auf und nieder, ſprang zuweilen vom Boden auf, führte die wunderliſten Bewegungen aus u. ſt. f. Nicht ſelten beſtieg er eine unſerer Lagerſtätten, legle ſich hier gemütlih nieder, breitete die Shwingen aus und ſte>te ſeinen Kopf bald unter den Bauch, bald unter die Flügel. Gegen uns war er durchaus nicht bösartig: er ließ ſich ſtreicheln, aufheben, forttragen, beſehen und unterſuchen, ohne jemals in Zorn zu geraten, gebrauchte überhaupt ſeinen fur<htbaren Schnabel niemals.