Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

38 Erſte Ordnung: Baumvögel; achtunddreißigſte Familie: Bienenfreſſer.

erwählt und hier ihre Höhlen eingegraben. Die Anſiedelung nahm höchſtens einen Raum von 3—4 Geviertmeter ein; auf dieſer Fläche aber befand ſi eine Niſthöhle an der anderen, ſo dicht nebeneinander, daß der Abſtand höchſtens 10—15 cm betrug. Dieſe Eingänge hielten 3 em im Durchmeſſer und führten 1—1/,5 m in wagere<hter Richtung nach innen; dann erweiterten ſie ſih zu der Niſtkammer, einem Raume von 15—20 em Länge, 10—15 cm Breite und 6—s8 cm Höhe. Jn keinem der Neſter, die wir unterſuchten, fanden wir Bauſtoffe, auh in keinem einzigen Eier oder Junge; demungeactet ſhlüpften die Tierchen fortwährend aus und ein.

Ihr geſchäſtiges Treiben gewährte ein überaus anziehendes Schauſpiel. Die nächſten Bäume waren geziert mit den prächtigen Vögeln; auf jedem paſſenden Zweige ſaß ein Pärchen einträchtig bei einander, und einer der Gatten um den anderen erhob ſi<h, Beute verfolgend, kehrte nah einigen Shwenkungen zurü> oder flog auh wohl in eine der Höhlen, verſhwand in ihr und kam erſt nah geraumer Zeit wieder aus ihr hervor, ohne daß wir einſehen konnten, was er im Fnneren treiben möge. Ganz unbegreiflih erſchien es uns, wie es dem einzelnen mögli< war, ſein Haus von dem eines anderen Pärchens zu unterſcheiden. Vor den Niſthöhlen ging es oft zu wie vor einem Bienenſto>ke. Man ſah zeitweilig eine Menge von Zaumſpinten unmittelbar vor den Neſtern auf und nieder ſ{hweben: wollten ſie aber in das Fnnere ſ{<lüpfen, ſo brauchten ſie niemals erſt nac ihrer Höhlung zu ſuchen: ſie verweilten nur einen Augenbli> und krochen dann ſo raſ< ins Junere, daß man wohl überzeugt ſein durfte, die betreffende Höhle müſſe die ihrige ſein. Gegen Abend wurde es ſtiller, und mit Einbruch der Nacht war die lebendige Schar verſtummt und verſ{<wunden: alle oder wenigſtens der größere Teil der Pärchen hatten im Jnneren ihrer Höhlungen Herberge genommen. Dieſe Wahrnehmung erregte den Eifer des Sammlers. Jh beſchloß, einen Fangverſuch auf die damals noch ſehr ſeltenen Vögel zu mahen. Das Klebeneß wurde herbeigeholt und von oben ſo weit herabgelaſſen, daß es gerade vor die Höhlen zu hängen kam. Als ih am nächſten Morgen nah dem erſten Fagdausfluge wieder zurü>kam, waren 50 der harmloſen Geſchöpfe, die ſh beim Ausſchlüpfen in dem feinen Gemaſche verſtri>t hatten, meiner Tücke zum Opfer gefallen. Jh bekam auf dieſe Art eine genügende Menge der Prachttiere; aber es iſt mir noh heute, als müſſe ih mir Vorwürfe machen über dieſe Fagdweiſe.

Alte Bienenfreſſer in Gefangenſchaft zu halten, iſt überaus ſhwierig; jung eingefangene dagegen gewöhnen ſich leiter, als man annehmen möchte, an den Verluſt ihrer Freiheit, das enge Gebauer und ein Erfaßfutter, verlangen aber freilih anfänglih größere Sorgfalt als andere Neſtvögel, auh ſpäter eine ausgewähltere Nahrung als die meiſten der gefiederten Hausgenoſſen, die wir uns erwerben können.

Jn Europa lebt als regelmäßiger Sommergaſt nur eine Art der Familie, der Bienenoder Fmmenſfreſſer, Bienenfraß, Bienenfänger, Bienenwolf, Bienen- oder Heuvogel, Seeſhwalbe oder Seeſhwalm, Spint 2c. (Zlerops apiaster). Er gehört zu den größeren Arten ſeiner Familie. Die Länge beträgt 26, die Breite 45, die Fittichlänge 14, die Shwanzlänge 10—11 cm. Das Gefieder iſt auf der Stirn weiß, auf dem Vorderkopfe und einem Streifen dur<h das Auge meerblau mit grünem Schein, ein Strich über dem Zügel dur< das Auge bis auf die ODhrgegend, die unterſeits von einem ſ{hmalen weißen, blau verwaſchenen beſäumt wird, ſhwarz; Kinn und Kehle bilden ein hochgelbes, unterſeits von einer ſ{malen, ſ{<hwarzen Querbinde begrenztes Feld; Ober- und Hinterkopf ſind dunkel kaſtanienbraun, Hinterhals und Flügelde>en heller; Schultern und vordere