Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Bienenfreſſer: Lebensweiſe. Nahrung. Fortpflanzung. 43

Horniſſen. Man hat beobachtet, daß er ſi möglichſt nahe bei einem Weſpenneſte niederläßt und im Verlaufe weniger Stunden nah und nach alle fliegenden Bewohner dieſes Neſtes wegſhnappt, Doch verſhmäht er auh Heuſchre>en, Cikaden, Libellen, Bremſen, Mücken, Fliegen und Käfer nicht, lieſt leßtere ſogar von den Gebüſchen und von Blumen ab, obwohl er in der Regel nur auf fliegende Beute jagt und jedes vorüberſummende Kerbtier, deſſen ex anſihtig wird, aufnimmt, vorausgeſeßt, daß er es verſhlingen kann. Die unverdaulihhen Flügelde>en und andere harte Teile der Beute werden, zu Gewöllen geformt, wieder ausgeworfen.

Ende Mai beginnt das Brutgeſchäft. Zur Anlage ſeines Neſtes wählt ſih der Bienenfreſſer am liebſten das ſandige oder lehmige Ufer eines Fluſſes. Hier beginnt er ein rundes Loh von 5—6 cm im Durchmeſſer auszuhöhlen. Dieſes Loh führt wagerecht oder in wenig aufſteigender Rihhtung weiter und bildet ſomit eine Höhle, die 1—2 m tief ſein fann. Das Ende des Ganges wird zu einer Kammer von 20—25 em Länge, 10—15 em Breite und 8—10 ecm Höhe erweitert, auf deren Boden dann das Weibchen im Juni ſeine 5—8 runden, glänzend weißen Eier niederlegt. Zuweilen wird, laut Salvin, noch eine zweite Niſtkammer hinter der erſten ausgewölbt und mit dieſer durch einen etwa 30 cm langen Gang verbunden. Fehlt es einer Gegend an ſenkre<ht abfallenden Crdwänden, ſo entſchließt ſih der Bienenfreſſer wohl oder übel, ſhräge Gänge in den flachen Boden einzugraben. Solche fanden von Heuglin im Steinigen Arabien und mittleren Ägypten, Triſtram in Paläſtina und Saunders im ſüdlihen Spanien. Alte, vorjährige Niſthöhlen ſcheinen niht wieder benußt zu werden, vielleicht, weil ſie ſpäter Eidehſen und anderen den Vögeln unliebſamen Eindringlingen zur Behauſung dienen.

Das Ausgraben der Niſtlöcher geſchieht höchſt wahrſcheinlih, ebenſo wie beim Eisvogel, ausſ<ließli< mittels des Schnabels, und die kleinen hwächlihen Füßchen dienen höchſtens dazu, losgearbeitete Erde herauszuſchaffen. Dieſer Auffaſſung widerſpriht Lindermayer, der aus Betrachtung der Füße folgern zu dürfen glaubt, daß der Vogel ſie auf gleiche Weiſe wie eine Mauerkelle verwende, um den leicht abzukraßenden Sand immerfort hinter ſi unter dem Bauche hin und ſo allmählih aus der Höhle herauszuſchaffen. Soviel mir befannt, hat bis jezt no< fein Beobachter den Bienenfreſſer beim Graben überraſcht, und es handelt fi<h daher um Anſicht gegen Anſicht; das Beiſpiel des Eisvogels aber dürfte mehr für meine Anſchauung als für die Lindermayers ſprechen. Einige Beobachter wollen eine Unterlage von Moos und Geniſt gefunden haben; ih meinesteils fann verſichern, daß ih in allen Bienenfreſſerneſtern, welche ih unterſuchte, niemals eine Spur von Niſtſtoffen bemerktte. Aus den Flügelde>en, Beinen 2c., die von den Jungen nicht mitgefreſſen werden, ſowie aus den von ihnen oder von den brütenden Alten ausgeſpieenen Gewöllen bildet ſich na< und nah ein förmliches Sigpolſter im Fnneren der Niſtkammer, ſo daß die Zungen einer Unterlage wenigſtens niht gänzlih entbehren. Ob das Weibchen allein brütet, oder ob es vom Männchen abgelöſt wird, konnte bisher noh nicht feſtgeſtellt werden; man weiß bloß, daß beide Eltern ſi< in das Geſchäft der Aufzucht teilen und fleißig Nahrung zutragen. Schon Ende Juni ſieht man Junge mit den Alten umherfliegen und lebtere jene füttern. Anfangs kehrt die Familie höchſt wahrſcheinlih zur Niſthöhle zurü>k (wenigſtens beobachtete Powys mehrmals daß drei und vier Bienenfreſſer derſelben Höhle entflogen), wenige Wochen ſpäter benehmen ſi<h die Jungen ganz wie die Alten, und zur Zeit der Abreiſe unterſcheiden ſie ſich, ſoweit es das Betragen angeht, niht im geringſten von dieſen.

Die Alten wußten über das Brutgeſchäft no< ganz andere Dinge zu berichten als wir. „Der Vogel iſt alſo liſtig“, ſchreibt Ges ner, jenen na< erzählend, „daß er ſeine jungen, damit ſie nit gefangen werden, von einem ort an das andere trägt. Er fleucht