Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
42 Erſte Drdnung: Baumvögel; ahtunddreißigſte Familie: Bienenfreſſer.
Ausdrüklih bemerken will ih, daß der Bienenfreſſer, wenn auch vielleicht niht immer, jo doch ſehr häufig, in Geſellſchaft des oben beſchriebenen Blauwangenſpintes wandert, und zwar mit ihm gemeinſchaftlih in einem Fluge reiſt. Dieſe Angabe hat von Heuglin beſtritten; ih aber halte ſie mit dem Bemerken aufre<t, daß ih beide Arten aus dem nämlichen Fluge herabgeſchoſſen habe.
Auf ſeinem Brutplaze erſcheint der Bienenfreſſer flugweiſe Ende April oder Anfang Mai, in Griechenland, na<h Lindermayers mir kaum glaubliher Angabe, bereits Ende März. Krüper gibt nah mehrjährigen Beobachtungen für Griechenland als früheſte Antunſtszeit den 2.,, Drumm für Korfu den 5. April an, und erſterer bemerkt ausdrü>li<, daß die Legezeit Ende Mai und Anfang Juni beginnt. Jn der Gegend von Piſa ſah Giglioni in den erſten Tagen des Mai große Shwärme von Bienenfreſſern nah Norden fliegen; auf Sardinien bemerkte ſie Brooke zuerſt vom 17. April ab. Die früheſten Ankömmlinge aber zogen alle weiter nah Norden, und erſt eine volle Woche ſpäter ſiedelten \i< andere auf den Fnſeln an, um hier zu brüten. Mitte Mai haben ſi< die Flüge einigermaßen zerteilt; doh kommt es ebenſo oft vor, daß mehrere ſih vereinigen und gemeinſchaftlih eine Siedelung bilden, die 50, 60 und mehr Paare zählen kann. Das eine wie das andere hängt von der Örtlichkeit ab. Findet ſi eine höhere, ſenkre<ht abfallende Erdwand, die Naum zur Anlage für viele Neſter bietet, ſo vereinigen ſich die Bienenfreſſer; iſt dies niht der Fall, ſo ſucht ſi< jeder einzelne ſo gut zu behelfen, wie es eben geht.
In der Nähe der Siedelung zeigt ſich nun das gewöhnlihe Sommexrleben unſeres Vogels. Während alle kleineren Arten der Familie nux ausnahmsweiſe ihre Warten auf längere Zeit verlaſſen, ſicht man bei gutem Wetter, insbeſondere in den Morgen- und Abendſtunden, alle Mitglieder cines Verbandes dieſer Art in hoher Luft ſtundenlang umherſhwärmen. Der Flug bleibt in Verbindung, kann aber nicht als ein geſchloſſener bezeichnet werden; denn die einzelnen Vögel verteilen ſh über einen weiten Raum, halten nur auf: merkſam dieſelbe Richtung ein und rufen ſi< beſtändig zu. Jn dieſer Weiſe durhmeſſen ſie mehrere Geviertkilometer immer gemeinſchaftlih. Sie rufen ſi< au< während der ganzen Fagd durch ihren beſtändig wiederholten Lo>kton, das hell klingende „Schürr ſhürr“ oder „Guep guep“/ zuſammen. Gegen Sonnenuntergang erſcheinen alle in der Nähe der Siedelung, verteilen ſih hier in Paare und fangen nun bis zum Eintritt der Dämmerung no< Kerbtiere von den Äſten aus. Jhre Nachtruhe verbringen ſie, ſobald die Niſthöhlen fertig ſind, wohl ausſ<hließli< in dieſen, bis dahin aber dicht gedrängt auf den Äſten niedriger Gebüſche, die ſie zuweilen in ſo namhafter Menge anfüllen, daß man Dußende von ihnen mit einem einzigen Schuſſe erlegen kann. Nachdem die Jungen ausgeflogen ſind, vereinen ſih noch viel bedeutendere Scharen, und wenn ſich ſolche, wie zuweilen geſchieht, auf ſandigem Boden niederlaſſen, verwandeln ſie dieſe Stre>e gleichſam in eine blühende Wieſe. Jhre Jagd betreiben ſie auf Heiden oder ähnlichen Örtlichkeiten lieber als irgend wo anders und zwar aus dem ganz einfahen Grunde, weil dieſe die meiſten Fmmen herbeiziehen und ſie dort die ineiſte Beute gewinnen. Jn die Nähe der Ortſchaften kommen ſie, ſolange die Witterung gut iſt, ſelten oder nie. Verändert ſih das Wetter, ſo verändern auch ſie die Art und Weiſe ihrer Jagd. Sobald der Himmel umzogen iſt, oder wenn Regen fällt, erheben ſie ſi< niht in die höheren Luftſchichten, wie Shwalben und noh mehr die Segler zu thun pflegen, ſondern jagen von den Äſten aus, erſcheinen auch gern in unmittelbarer Nähe menſhliher Wohnungen und brandſchaßen die Bienenkörbe in empfindliher Weiſe. Man ſieht ſie unter ſolchen Umſtänden auf einem paſſenden Zweige des nächſten Baumes oder auf dem Flugbretthen des Stokes ſelbſt ſißen und die ausgehenden Bienen wegſhnappen.
Stechende Kerbtiere ſcheinen das Lieblingsfutter des Bienenfreſſers zu ſein; denn ebenſo wie er die Bienenſtö>e brandſchaßt, plündert er die Neſter der Weſpen, Hummeln und